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Amnesty beim Global Media Forum in Bonn
Digitale Menschenrechte gehen jeden etwas an
© Amnesty International
"Media and Foreign Policy in the Digital Age" war das Thema des diesjährigen Global Media Forums der Deutschen Welle, das vom 22. bis 24. Juni 2015 in Bonn stattfand. Auch die Amnesty-Bezirksgruppe Bonn-Koblenz nahm an der Konferenz teil und veranstaltete eine partizipative World-Café-Diskussion zum Thema "My human rights in the digital age".
Katrin Dauenhauer ist Amnesty-Mitglied des Bezirks Bonn-Koblenz. Sie engagiert sich in der Flüchtlingsberatung der Bonner Asylgruppe. Linda del Savio ist Studentin der Universität Bonn und seit 2014 Mitglied bei der Amnesty-Hochschulgruppe in Bonn.
© Privat
Trotz schwieriger Wetter- und Standortbedingungen kamen Dutzende von Interessenten zu unserem Workshop im alten Wasserwerk, um gemeinsam über Menschenrechte im digitalen Zeitalter zu diskutieren. Zusammen mit den Teilnehmern haben wir über die Bedeutung digitaler Rechte für den Einzelnen gesprochen und Erfahrungen zum Thema geteilt.
Welche Menschenrechte in welcher Weise durch den digitalen Wandel betroffen sind, wurde erläutert durch einen Kurzvortrag der guatemaltekischen Menschenrechtsanwältin und Internetaktivistin Renata Avila. Avilas Vortrag verdeutlichte, dass moderne Technologien nicht per se gut oder schlecht sind, sondern die konkrete Ausformung ihres Einsatzes entscheidet, ob sie einen Nutzen oder Schaden für die Gesellschaft darstellen. Umso wichtiger – das verdeutlichen die Ausführungen von Renata Avila – ist es, den Einsatz digitaler Technologien gesellschaftlich zu thematisieren und sich über digitale Rechte im digitalen Zeitalter auszutauschen. Nach einer Einführung, wie sich eine Dorfgemeinschaft für ihre Rechte einsetzt, war es an den Teilnehmern – Journalisten, NGO-Mitarbeiter, Studenten – ihre Erfahrungen auszutauschen.
Der Schutz der Privatsphäre
In mehreren Gesprächsrunden diskutierten die Teilnehmer unter anderem den Einsatz von Überwachungsprogrammen und den Schutz der Privatsphäre sowie das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit und verschiedene Arten von Zensur im Internet. Außerdem lieferten sie konkrete Vorschläge, wie der Schutz der Privatsphäre sowie das Recht auf Meinungsfreiheit auch im digitalen Zeitalter sichergestellt werden können.
Einige Teilnehmer verdeutlichten anhand ihrer Beschreibungen die Überwachungslage in den jeweiligen Ländern. So erzählte eine Armenierin aus dem Non-Profit Sektor von ihrer Sorge, regierungs- oder wertekirtische Äußerungen zu veröffentlichen. Laut ihrer Aussage schützen nur wenige Armenier im Alltag ihre Privatsphäre, sondern geben gerade in sozialen Netzwerken viele Informationen preis, ohne darüber nachzudenken, wer alles Zugang zu diesen Informationen hat. Ihrer Meinung nach werden Printmedien strikter überwacht als Onlinemedien, da die Regierung bei letzteren nicht die Mittel habe, direkt einzugreifen und diese zu zensieren.
Eine weitere Teilnehmerin aus Kolumbien beschrieb wie sie selbst Opfer der Überwachung wurde, als jemand die Frontkamera ihres Computers manipulierte und sie die illegalen Aufnahmen von sich im Internet wiederfand.
Die Gefahren sozialer Netzwerke
Beim Thema soziale Netzwerke waren die Teilnehmer bezüglich des Nutzens solcher Plattformen zwiegespalten. Zum einen können sie der sozialen Mobilisierung dienen, doch es besteht gleichzeitig die Gefahr, dass soziale Netzwerke politisch instrumentalisiert werden. Drei Aspekte wurden besonders hervorgehoben:
1. Soziale Medien sind nicht die Lösung, sondern ein Mittel, um auf soziale Missstände aufmerksam zu machen.
2. Hinter sozialen Medien wie Facebook oder Twitter stehen Unternehmen, die geschäftliche und nicht etwa soziale Interessen verfolgen.
3. In den sozialen Netzwerken gilt Quantität vor Qualität: die Anzahl der erhaltenen "Likes" erscheint wichtiger als der Inhalt einer Nachricht.
Daran anknüpfend stellte sich den Teilnehmern die Frage, welche Informationen frei zugänglich sein sollten und welche nicht. Dies warf die Frage auf, wer überhaupt die Macht haben sollte, genau diese Frage verbindlich zu beantworten. Wer kontrolliert die Informationen, die über soziale Netzwerke geteilt werden? Kann diese Vielzahl an Informationen überhaupt kontrolliert werden? Gerade diese Fragen, so waren sich die Diskussionsteilnehmer einig, zeigten auch die Grenzen der aktuellen Gesetzeslage auf, die hinter den technologischen Entwicklungen hinterherhinke.
Rechtsschutz von Journalisten und Bloggern
Und auch der Rechtsschutz von Journalisten und insbesondere Bloggern müsse an das digitale Zeitalter angepasst werden. Gerade die Rechtslage bezüglich Blogger wurde viel diskutiert. Da diese ein etwas neueres Phänomen bilden, kam die Frage auf, ob auch sie rechtlich geschützt seien, da sie nicht die Möglichkeit haben ihre Quellen zu schützen, wie etwa Journalisten. Ein Vorschlag war daher die Gründung einer Organisation, die den Schutz der Quellen sicherstellt und eine Vereinigung von oder ein Ministerium für Blogger(n) zu errichten.
Schließlich sammelten die Teilnehmer Ideen, wie die Rechte des Einzelnen im digitalen Zeitalter besser gewahrt werden können. Unter anderem wurde genannt:
1. eine bessere Medienausbildung, nicht nur in der Schule, sondern auch im Beruf (insbesondere für Richter, die genau solche Fälle entscheiden müssen);
2. das Thema Datenschutz im digitalen Zeitalter sollte in einem internationalen Vertrag geregelt werden, da sich das Internet nicht an nationale Grenzen hält. Dies setze allerdings auch ein weltweit geteiltes Verständnis von Privatheit voraus, so die Teilnehmer;
3. der Zugang von Regierungen zu Daten muss beschränkt werden;
4. Daten sollten dezentralisiert werden;
5. Domainnamen sollten öffentliches Gut sein;
6. bei der Anmeldung in sozialen Netzwerken sollten die höchsten Sicherheitseinstellungen Standardeinstellung sein;
7. Verschlüsselung von Nachrichten sollte Pflicht sein;
8. jeder sollte das Recht haben, bestimmte Informationen über sich löschen zu lassen.
Zudem teilten viele die Ansicht, dass gerade Journalisten verstärkter Überwachung ausgesetzt seien. Folgende Vorschläge wurden daher genannt:
1. Eine Art Bewusstseinskampagne oder ein Programm, das darüber aufklärt, woher die Bedrohung kommt und
2. die Einrichtung autonomer Server wie in Mexiko, auf denen man anonym und umsonst surfen kann.
Ein globales Thema
Zum Ende der Diskussion betonten die Teilnehmer, dass die diskutierten Themen nicht nur diejenigen betreffen, die aktiv das Internet und soziale Netzwerke nutzen. Es geht nicht nur darum, was ich selbst über mich im Internet preisgeben, sondern auch was andere über mich veröffentlichen. Darüber hinaus handelt es sich um ein globales Thema: obwohl die Überwachung des Internets je nach Land oder Region unterschiedlich stark ist, ist jeder zu einem gewissen Grad davon betroffen. Das zeigt, dass das Thema digitale Rechte eine globale Relevanz hat, die weltweit diskutiert werden sollte.