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Litauen 2023
© Amnesty International
Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023
Die Behörden setzten ihre Praxis der summarischen Abschiebung von Flüchtlingen und Migrant*innen nach Belarus auch 2023 fort und verabschiedeten entsprechende Gesetze. Das Verfassungsgericht kippte ein Gesetz über die Inhaftierung von Asylsuchenden und Migrant*innen. Belarussische und russische Staatsangehörige waren mit zunehmenden Hindernissen konfrontiert, wenn sie ihre Aufenthaltserlaubnis und andere Dokumente verlängern wollten. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften waren nach wie vor nicht legalisiert.
Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen
Litauen gewährte nach wie vor mindestens 52.262 Personen Zuflucht, die nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine von dort geflohen waren. Andere Asylsuchende und Migrant*innen, vor allem aus dem Nahen Osten und aus Afrika, wurden an der Grenze nach Belarus zurückgeschoben (Pushbacks). Trotz der Gefahr von Folterungen und anderen Misshandlungen durch die belarussischen Behörden kam es zu mindestens 2.599 summarischen Abschiebungen. Auf Vorschlag der Regierung verabschiedete das Parlament im Mai 2023 Gesetzesänderungen, die die Befugnis von Grenzschützer*innen zementierten, Pushbacks durchzuführen, was einen Verstoß gegen internationales Recht bedeutete. Die litauischen Behörden vollendeten den Bau einer physischen Barriere entlang der Landgrenze zu Belarus und forderten, dass Asylsuchende an offiziellen Grenzübergängen Schutz beantragten. Im August 2023 schloss die Regierung allerdings zwei der sechs Grenzübergänge und kündigte die baldige Schließung zweier weiterer an.
Im Juni 2023 stellte das Verfassungsgericht fest, dass im Jahr 2021 sowie im April 2023 eingeführte Klauseln des Gesetzes über den rechtlichen Status ausländischer Staatsangehöriger, welche die automatische Festnahme von Asylsuchenden sowie von Personen vorsehen, die als Migrant*innen ohne regulären Aufenthaltsstatus gelten, gegen Artikel 20 der Verfassung verstießen, der die Freiheit schützt. Im Dezember 2023 verabschiedete das Parlament Gesetzesänderungen, mit denen gewisse Garantien gegen willkürliche Inhaftierungen eingeführt wurden und die maximale Dauer der Inhaftierung von Asylsuchenden und Migrant*innen auf fünf Monate begrenzt wird. Diese Maßnahme enthielt jedoch keine Wiedergutmachung für die Tausenden, die zwischen 2021 und 2023 über längere Zeiträume hinweg in Haft gewesen waren. Ende 2023 waren in Litauen noch 38 Asylsuchende und Migrant*innen inhaftiert.
Im Juni 2023 bestätigte eine Erhebung der Litauischen Anwaltskammer gravierende Missstände hinsichtlich der Bereitstellung von Rechtsberatung für Flüchtlinge und Migrant*innen.
Im September 2023 meldete das Innenministerium eine Abnahme der versuchten Grenzübertritte von Belarus aus, jedoch zugleich eine Zunahme von Flüchtlingen und Migrant*innen, die aus Lettland nach Litauen kamen. Die litauischen Behörden nahmen an der lettischen Grenze Kontrollen vor und schoben 1.072 Asylsuchende und Migrant*innen – darunter unbegleitete Minderjährige – summarisch nach Lettland ab.
In der zweiten Jahreshälfte 2023 erklärte das Innenministerium insgesamt 1.654 in Litauen ansässige belarussische und russische Staatsangehörige zu einer Bedrohung für die nationale Sicherheit Litauens. Dies ging zum Teil auf einen Fragebogen zurück, in dem die Ansichten der Betroffenen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erfragt wurden. In der Folge wurde zahlreichen russischen und belarussischen Staatsangehörigen die Gewährung von Asyl, die Ausstellung von Visa, die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis oder der Fortbestand ihrer litauischen Staatsangehörigkeit verweigert. Im August 2023 wurde Olga Karach, eine in Litauen ansässige belarussische Aktivistin, zu einer Bedrohung für die nationale Sicherheit erklärt und ihr Asylantrag abgelehnt, sodass sie lediglich mit einer befristeten Aufenthaltserlaubnis in Litauen bleiben konnte.
Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)
Im Januar 2023 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass die litauischen Behörden widerrechtlich gehandelt hatten, als sie ein Märchenbuch zensierten, in dem u. a. gleichgeschlechtliche Beziehungen dargestellt waren. Eine Gesetzesvorlage, die das Verbot der Förderung nichttraditioneller Familienmodelle aufheben sollte, wurde vom Parlament im November abgelehnt, und eine zweite, die LGBTI-Paaren durch die Einführung geschlechtsneutraler eingetragener Lebenspartnerschaften gewisse begrenzte Rechte zugestehen sollte, war bis Ende 2023 noch nicht vom Parlament verabschiedet worden.
Recht auf eine gesunde Umwelt
Das Jahr 2023 war gekennzeichnet durch extreme, mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehende Wetterereignisse, darunter Dürre, Hitzewellen und heftige Stürme, die Schäden an den Lebensgrundlagen der Bevölkerung verursachten und die Gesundheit von Menschen in Mitleidenschaft zogen. Litauen hatte kein klares Konzept für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, und die langfristige Begrenzung von Emissionen schritt langsamer voran als im EU-Durchschnitt.