Aktuell Deutschland 16. Mai 2023

Für das Recht auf Selbstbestimmung für trans Menschen

Das Bild zeigt mehrere Menschen, die eine Transparent in der Hand halten

Kundgebung im Berliner Regierungsviertel für die Rechte von trans Menschen, nachdem in der Bundespressekonferenz ein Eckpunktepapier zum Selbstbestimmungsgesetz vorgestellt wurde (30. Juni 2022).

Am 17. Mai ist der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT). Aus diesem Anlass betonen wir unsere Forderung: Die institutionelle Gewalt und Diskriminierung gegenüber trans Menschen in Deutschland muss endlich ein Ende finden. Es braucht ein menschenrechtskonformes Verfahren für alle trans, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen in Deutschland, damit ihr Vornamen und Geschlecht rechtlich anerkannt wird. Dafür muss das sogenannte Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1980 schnellstmöglich durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Homosexualität am 17. Mai 1990 aus dem internationalen Krankheitskatalog gestrichen. Seitdem gilt gleichgeschlechtliche Liebe also nicht mehr als Krankheit. Daran erinnern wir uns am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit.

Erst im Jahr 2018 nahm die WHO dann auch Transgeschlechtlichkeit aus dem Krankheitskatalog – die Änderung trat nochmals vier Jahre später, also 2022, in Kraft. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat die EU-Mitgliedsstaaten jedoch schon im Jahr 2015 dazu aufgefordert, einfache Verfahren zur Änderung von Vorname und Geschlechtseintrag für trans Personen zu schaffen, die ohne Zwangsbegutachtungen auskommen. Viele europäische Länder sind dem bereits nachgekommen. In Deutschland wird es dieses Jahr nun wohl endlich so weit sein, nachdem das Bundesverfassungsgericht das sogenannte Transsexuellengesetz bereits mehrfach in Teilen für verfassungswidrig erklärt hat.

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Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Selbstbestimmungsgesetz soll genauso ein einfaches, unbürokratisches Verfahren für die Änderung des Personenstands schaffen und im Gegensatz zum sogenannten Transsexuellengesetz ohne diskriminierende Begutachtungen und Fremdbestimmung auskommen. Trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen könnten demnach ihren Namen und Geschlechtseintrag beim Standesamt ändern lassen.

Im Gegensatz dazu steht das noch aktuelle sogenannte Transsexuellengesetz, wonach trans Personen Gutachten von zwei verschiedenen Sachverständigen vorlegen müssen. Um diese Gutachten zu bekommen, müssen oft demütigende Fragen beantwortet werden. Nur mit diesen zwei Gutachten entscheidet dann ein Gericht über den Geschlechtseintrag der Person. Diese Prozedur widerspricht menschenrechtlichen Standards der Vereinten Nationen. Gleichzeitig ist das Verfahren auch teuer und langwierig. Diese Langwierigkeit erschwert das Leben von trans Menschen im Alltag, da sie sich in eigentlichen Alltagssituationen oft erklären und rechtfertigen müssen: beim Abschließen von Verträgen, einer Fahrschein- oder Verkehrskontrolle – eben überall dort, wo das Vorzeigen eines Ausweisdokuments verlangt wird.

Neben dieser strukturellen Diskriminierung, die mit einer Gesetzesänderung beendet werden könnte, erleben trans Personen oft noch weitere Diskriminierungen. Das zeigt eine Datenerhebung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte aus dem Jahr 2020. Demnach erleben zwei Drittel aller befragten trans Personen (66 Prozent) Diskriminierungen oder Belästigungen u.a. im Bildungswesen, Arbeitsmarkt und im Gesundheitswesen, weil sie als trans wahrgenommen wurden. Besonders beunruhigend war dabei das hohe Maß an wiederholten Gewalterfahrungen und vorurteilsmotivierter Kriminalität. So gaben 35 Prozent der befragten trans Personen an, zwischen 2014 und 2019 Erfahrungen von physischer oder sexueller Gewalt erlebt zu haben.

Am 9. Mai 2023 wurde ein Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes von Bundesfamilien- und Bundesjustizministerium veröffentlicht und an verschiedene zivilgesellschaftliche Verbände geschickt. Diese können nun bis zum 30. Mai Kommentare und Stellungnahmen zum Gesetztesentwurf abgeben. Auch Amnesty International in Deutschland arbeitet derzeit an einer Stellungnahme zu dem Entwurf.

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