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Bundestagswahl 2025: Rassistische Strukturen erkennen und bekämpfen
Demonstration in Berlin gegen Rassismus und Polizeigewalt im Juni 2020
© Amnesty International, Foto: Jarek Godlewski
Deutschland steht in der Verantwortung, eine gerechte und diskriminierungsfreie Gesellschaft zu schaffen – denn noch immer erfahren Menschen tagtäglich rassistische Diskriminierung. Rassismus lebt und wirkt auch in staatlichem Handeln fort, z. B. in der Arbeit der Sicherheitsbehörden oder in der fehlenden Anerkennung deutscher Kolonialverbrechen. Die Bundesregierung muss mehr tun, um historisches Unrecht anzuerkennen und aktuelle Diskriminierungen und rassistische Strukturen zu bekämpfen.
Eine gerechte Gesellschaft, frei von jeglicher Diskriminierung: Dafür hat Deutschland einen wichtigen Grundstein gelegt, als es im Jahr 1969 die UN-Antirassismuskonvention ratifizierte. In der Praxis unternehmen die politisch Verantwortlichen jedoch zu wenig gegen das strukturelle Problem der rassistischen Diskriminierung. Menschen werden weiterhin in verschiedene Bevölkerungsgruppen eingeteilt und willkürlich auf- bzw. abgewertet.
Auch ein deutscher Pass schützt nicht vor Rassismus, der viele Lebensbereiche betreffen und verschiedene Formen annehmen kann: Mal führt er dazu, dass der Zugang zu Bildung, Arbeit, Wohnen und Gesundheit verwehrt oder erschwert wird. Mal äußert er sich direkt und brutal in Form von Drohungen und Gewalt. Rassismus und andere Formen der Diskriminierung gehen oft Hand in Hand und verstärken sich gegenseitig. Auch wenn manche von diesen Machtstrukturen profitieren, schadet Rassismus doch der gesamten Gesellschaft – vor allem aber denjenigen, die darunter leiden.
Die Wurzeln der systematischen Entmenschlichung und Entrechtung liegen in der deutschen und europäischen (Gewalt-)Geschichte: Bis heute wirkt der Kolonialismus, der mit Ausbeutung, Versklavung und Menschenhandel einherging, in rassistischen Strukturen fort. Deutsche Kolonialverbrechen und die Vorstellung von der Überlegenheit weißer Menschen haben die Unterdrückung Schwarzer Menschen in der Gesellschaft verankert. Erst 100 Jahre nach dem Ende der deutschen Kolonialherrschaft im heutigen Namibia erkannte die damalige Bundesregierung die Massaker an den Ovaherero und Nama als Völkermord an. Eine vollständige rechtliche Anerkennung der Verbrechen hat jedoch bis heute nicht stattgefunden.
Der Prozess der Anerkennung und Wiedergutmachung muss auf mehreren Ebenen ansetzen: juristisch durch die Anerkennung historischen Unrechts, politisch durch Reparationen und echte Partizipation der Betroffenen, gesellschaftlich durch die Aufarbeitung und Beseitigung kolonialer Denkmuster und Strukturen.
Um den strukturellen Rassismus in staatlichen Institutionen und Behörden in Deutschland zu bekämpfen, sind tiefgreifende Reformen nötig. So müssen diskriminierende Polizeipraktiken abgeschafft werden wie das "Racial Profiling", bei dem Menschen aufgrund äußerer Merkmale oder vermuteter Religionszugehörigkeit verstärkt kontrolliert werden. Maßnahmen wie z. B. unabhängige Untersuchungsmechanismen, eine Kennzeichnungspflicht für Polizist*innen oder verpflichtende Antidiskriminierungstrainings können dazu beitragen, systematische Diskriminierung und Rassismus durch die Polizei zu vermindern. Sie werden jedoch von den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder nicht konsequent umgesetzt.
Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen: Die Bekämpfung von Rassismus in Deutschland muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden, die rechtliche, politische und soziale Dimensionen hat. Die Bundesregierung steht in der Verantwortung, rassistische Strukturen abzubauen, um Betroffene zu schützen und zu einer gerechten Gesellschaft beizutragen, die Diskriminierung entschlossen entgegentritt. Ein aktueller und systemischer Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus wäre ein wichtiger Schritt.
Unsere Forderungen:
- Die Bundesregierung muss deutschen Kolonialverbrechen vollständig juristisch anerkennen. Wiedergutmachungsmaßnahmen müssen historisches Unrecht und fortbestehende Strukturen rassistischer Ungleichheit, Diskriminierung und Unterordnung berücksichtigen. Um koloniales Unrecht durch andere europäische Staaten anzuerkennen, ist eine aktive diplomatische Initiative auf EU-Ebene notwendig.
- Die Bundesregierung muss die betroffenen Gemeinschaften und ihre Nachfahren in alle Wiedergutmachungsprozesse einbeziehen, ohne koloniale Dynamiken zu wiederholen. Anstatt sogenannter Entwicklungshilfegelder sind angemessene Reparationen für den Genozid an Ovaherero und Nama in Namibia notwendig.
- Die Bundesregierung muss einen neuen Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus beschließen, der auch strukturellen Rassismus einbezieht.
- Die Bundesregierung muss politische und institutionelle Maßnahmen gegen systemischen Rassismus in der Polizei ergreifen. Es reicht nicht, Einzelfälle zu erfassen. Fortschritte müssen anhand von Indikatoren gemessen werden, die sich an der Wirkung und nicht an der Absicht der Handelnden orientieren. Anlasslose Polizeikontrollen müssen abgeschafft werden, um "Racial Profiling" zu vermeiden. Erforderlich ist zudem die Einrichtung unabhängiger Kontrollinstanzen, die über echte Ermittlungsbefugnisse verfügen.