Ägypten: Menschenrechtsanwalt in Haft

Porträtfoto von Ibrahim Metwaly

Der ägyptische Anwalt und Menschenrechtsaktivist Ibrahim Metwaly (Archivaufnahme)

Der Menschenrechtsanwalt Ibrahim Metwaly, Mitbegründer der Organisation Families of the Disappeared in Egypt (Familien von Opfern des Verschwindenlassens in Ägypten), ist seit dem 10. September 2017 willkürlich inhaftiert. Die ägyptischen Behörden hatten ihn auf dem Weg nach Genf, wo er eine Rede vor den Vereinten Nationen halten sollte, festgenommen. Er wird im Badr-Gefängnis unter Bedingungen festgehalten, die gegen das absolute Verbot von Folter und anderen Formen der Misshandlung verstoßen. Ibrahim Metwaly muss unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden, da er allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Menschenrechte festgehalten wird, zu denen auch das Bemühen um Wahrheit und Gerechtigkeit für seinen verschwundenen Sohn gehört.

Appell an

Staatsanwalt

Hamada al-Sawi

Office of the Public Prosecutor

Madinat al-Rehab


Kairo

ÄGYPTEN


 

Sende eine Kopie an

Twitter: @EgyptianPPO

Botschaft der Arabischen Republik Ägypten

S. E. Herrn

Khaled Galal Abdelhamid

Stauffenbergstraße 6–7

10785 Berlin


Fax: 030-477 1049

E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie höflich dazu auf, Ibrahim Metwaly unverzüglich und bedingungslos freizulassen, da er nur aufgrund der friedlichen Wahrnehmung seiner Menschenrechte festgehalten wird.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass er bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderweitiger Misshandlung geschützt ist und Zugang zu seiner Familie und seinen Rechtsbeiständen erhält.

Sachlage

Der Menschenrechtsanwalt Ibrahim Metwaly ist seit dem 10. September 2017 willkürlich inhaftiert. Der Mitbegründer der Organisation Families of the Disappeared in Egypt wurde am Internationalen Flughafen Kairo von Sicherheitskräften festgenommen. Er war auf dem Weg nach Genf, um dort auf Einladung der UN-Arbeitsgruppe zur Frage des Verschwindenlassens über das Problem des Verschwindenlassens in Ägypten zu sprechen. Nach seiner Festnahme wurde er zwei Tage lang ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und dann der Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit (SSSP) vorgeführt. In dieser Zeit wurde er gefoltert oder anderweitig misshandelt. Seinen Rechtsbeiständen berichtete er, dass Beamt*innen der Nationalen Sicherheitsbehörde (NSA) ihn vollständig entkleidet, ihm an verschiedenen Stellen seines Körpers Elektroschocks versetzt, ihn mit Wasser übergossen und geschlagen hätten. Im Juni 2022 wurde Ibrahim Metwaly nach fünf Jahren im Tora-Gefängnis ins Badr-Gefängnis verlegt, wo er sich noch heute befindet. Recherchen von Amnesty International haben ergeben, dass Häftlinge in diesem Gefängnis häufig unter entsetzlichen Bedingungen und harten Strafmaßnahmen zu leiden haben und keinen Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung erhalten. Ibrahim Metwaly leidet unter chronischen Rückenschmerzen.

Er befindet sich seit 2017 in Untersuchungshaft und wartet auf sein Verfahren zu Anklagepunkten wie "Gründung und Führung einer illegalen Gruppierung", "Verschwörung mit ausländischen Gruppen, um der nationalen Sicherheit Ägyptens zu schaden" und "Verbreitung von Falschnachrichten". Obwohl die gesetzlich zulässige Höchstdauer für die Untersuchungshaft in Ägypten zwei Jahre beträgt, weigerten sich die Behörden, Ibrahim Metwaly freizulassen. Dies SSSP leitete zwei neue Verfahren wegen ähnlicher Vorwürfe gegen ihn ein, um ihn in verlängerter Untersuchungshaft halten zu können.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Ibrahim Metwaly ist Anwalt und Mitbegründer der Organisation Families of the Disappeared in Egypt (Familien von Opfern des Verschwindenlassens in Ägypten). Er hatte die Gruppe gegründet, weil sein Sohn Amr am 8. Juli 2013 Opfer des Verschwindenlassens wurde. Ibrahim Metwaly suchte in Polizeistationen, Gefängnissen, Krankenhäusern und Leichenhallen erfolglos nach seinem Sohn. Die ägyptischen Sicherheitskräfte leugneten jegliche Kenntnis über seinen Verbleib. Amr ist noch immer "verschwunden", aber seine Familie hat nach der Festnahme von Ibrahim Metwaly aus Angst vor weiteren Repressalien aufgehört, nach ihm zu suchen. Am 12. September 2017, nach seiner Festnahme, ordnete die Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit (SSSP) eine 15-tägige Untersuchungshaft für den Menschenrechtsanwalt an. Ihm wurde vorgeworfen, eine illegale Gruppierung gegründet zu haben, die sich "Organisation der Familien von Opfern des Verschwindenlassens" nennt. Zudem wurde ihm vorgeworfen, "Falschinformationen zu verbreiten" und "mit ausländischen Gruppen zu konspirieren, um der nationalen Sicherheit Ägyptens zu schaden".

Nach ägyptischem Recht ist die Untersuchungshaft auf eine Höchstdauer von zwei Jahren beschränkt, doch wird diese Frist im Fall von Kritiker*innen des Staates und Oppositionellen routinemäßig durch eine Strategie umgangen, die als "Rotation" bekannt ist. Dazu gehört, dass die SSSP neue (konstruierte) Verfahren auf der Grundlage ähnlicher Vorwürfe gegen Personen einleitet, deren Freilassung bevorsteht, um diese so länger in der Untersuchungshaft halten zu können. Die SSSP hat unter Fallnummer 1470 aus dem Jahr 2019 und Fallnummer 786 aus dem Jahr 2020 Ermittlungen zu neuen Fällen gegen Ibrahim Metwaly eingeleitet. Wie befürchtet wird, könnte die SSSP im September 2023, wenn die Höchstdauer von zwei Jahren Untersuchungshaft im dritten Verfahren gegen Ibrahim Metwaly abläuft, wiederum ein neues Verfahren einleiten. Trotz der Reaktivierung des Begnadigungsausschusses des Präsidenten im April 2022 und der Einrichtung eines Nationalen Dialogs im Mai 2023 werden Kritiker*innen von den ägyptischen Behörden nach wie vor allein wegen der Wahrnehmung ihrer Menschenrechte nach grob unfairen Gerichtsverfahren willkürlich inhaftiert.

Amnesty International hat in den vergangenen zehn Jahren in Ägypten zahlreiche Fälle von Verschwindenlassen dokumentiert. Personen, die der Beteiligung an terroristischen Aktivitäten oder an Protesten verdächtigt werden, werden von der Nationalen Sicherheitsbehörde (NSA) und anderen Sicherheitskräften regelmäßig über Zeiträume von einigen Tagen bis zu 23 Monaten ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten, ohne dass ihre Angehörigen und Rechtsbeistände etwas über ihr Schicksal und ihren Verbleib erfahren. Ägypten ist noch immer kein Vertragsstaat des Internationales Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen.