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Menschenrechte im digitalen Zeitalter

Überwachung kann überall stattfinden
© REUTERS/Zoran Milich
11. Juni 2015 - Digitale Medien sind Teil des Alltags. Dabei werden die Daten, die wir preisgeben, häufig gespeichert und weiterverarbeitet. Ein Eingriff in die Menschenrechte, denn Überwachung darf nur dann stattfinden, wenn ein konkreter Verdacht vorliegt.
Digitale Medien sind aus unserem Alltags- und Berufsleben nicht mehr wegzudenken. Wir schreiben kaum noch Briefe, sondern E-Mails oder SMS. Wir informieren uns nicht in der Zeitung, sondern im Internet über aktuelle Ereignisse. Wir bezahlen nicht mit Bargeld, sondern mit der Karte. Aber auch in anderen Bereichen übernehmen digitale Technologien wichtige Funktionen, etwa die Steuerung und Automatisierung im Postwesen oder bei der Stromversorgung.
Über das Internet kann man seine Meinung äußern, sich mit anderen organisieren und koordinieren. Weltweit führt es dazu, dass Menschen einfacher ihr Recht auf Meinungs- und auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen können. Außerdem erleichtert der Zugang zum Netz die Mitwirkung an öffentlichen Angelegenheiten, die Teilhabe am kulturellen Leben und am wissenschaftlichen Fortschritt und den Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheit. In abgelegenen Regionen beispielsweise ist so der Zugang zu medizinischer Beratung – und damit zu einer wenn auch eingeschränkten medizinischen Versorgung – oft erst möglich.
Andererseits sind die Menschenrechte durch die Digitalisierung zunehmend bedroht: Durch die unverhältnismäßige Sammlung personenbezogener Daten durch den Staat selbst oder durch Firmen, denen der Staat keine ausreichenden gesetzlichen Schranken auferlegt, sowie durch Zensurmaßnahmen und Beschränkungen des Internetzugangs.
DAS RECHT AUF PRIVATSPHÄRE
Wann immer wir selbst oder Behörden und Unternehmen digitale Technologien nutzen, entstehen Daten mit persönlichen Informationen: am Geldautomaten, beim Surfen im Internet, durch Überwachungskameras oder in der öffentlichen Verwaltung (z. B. Steuer-, Kranken-, Rentendaten). Für sich genommen mögen diese Informationsschnipsel wertlos erscheinen. Durch die zunehmende Vernetzung von Systemen lassen sie sich aber zu aussagekräftigen Persönlichkeitsprofilen zusammenfassen. Politische Gesinnung, sexuelle Präferenzen, Lebensstil, sozialer Umgang, Bildungsgrad oder die angebliche potenzielle Straffälligkeit eines Menschen werden ablesbar.
Die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden haben gezeigt, was viele bereits befürchteten: Regierungen speichern und analysieren heute unsere privaten Daten sowie unsere Kommunikation aus E-Mails, Telefonaten und SMS. So wurden unter anderem die umfangreichen Überwachungsprogramme der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste bekannt. In Deutschland untersucht der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages seit März 2014 die Überwachung durch die USA, Großbritannien und die deutschen Geheimdienste.
Die enthüllten Massenüberwachungsprogramme sind anlasslose Eingriffe in das Recht auf Privatsphäre, das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Artikel 12) verankert ist. Überwachung darf nur stattfinden, wenn ein konkreter Verdacht vorliegt und die Überwachungsmaßnahme gezielt, notwendig, verhältnismäßig und richterlich angeordnet ist.

Mit unserem Mobiltelefon senden wir unentwegt Daten
© iStock
MEINUNGS- UND INFORMATIONSFREIHEIT
Das Recht auf Privatsphäre ist eine wichtige Grundlage für zahlreiche andere Menschenrechte wie Meinungs- und Informationsfreiheit, das Recht auf friedliche Versammlung und das Recht auf Freiheit von Diskriminierung. Wer Angst hat, dabei überwacht zu werden, sagt weniger frei seine Meinung und traut sich seltener, im Internet zu Protest aufzurufen oder sich über sensible Themen zu informieren.
Online-Plattformen und Blogs werden zunehmend zur Mobilisierung bei Protesten genutzt, etwa im "Arabischen Frühling". Viele Regierungen weltweit beschneiden deshalb die neuen Ausdrucks- und Informationsmöglichkeiten oder nutzen sie für repressive Zwecke. Die Bedrohung der Meinungsfreiheit durch Zensur zeigt sich zum Beispiel an der Blockade von Twitter und YouTube durch die türkische Regierung oder an der umfangreichen Kontrolle des Internets in der Volksrepublik China. Und während der Maidan-Proteste in Kiew im Jahr 2014 erhielten Besitzer von Mobiltelefonen, die in der Nähe der Kundgebungen geortet wurden, eine einschüchternde SMS, in der es hieß: "Sehr geehrter Empfänger, Sie wurden als Teilnehmer einer Massenunruhe registriert".
IM NAMEN DER SICHERHEIT?
Eingriffe in Menschenrechte werden häufig mit dem Verweis auf die "nationale Sicherheit" gerechtfertigt. Doch es gibt bislang keine Beweise dafür, dass anlasslose Überwachungsmaßnahmen zusätzliche Sicherheit schaffen. Im Gegenteil:
Eine von Präsident Obama eingesetzte unabhängige Untersuchungskommission (PCLOB) kam im Januar 2015 zu dem Ergebnis, dass die Vorratsdatenspeicherung der NSA illegal sei und eine "ernsthafte Bedrohung" für die Bürgerrechte und die Demokratie darstelle. Im Kampf gegen den Terrorismus habe sie sich als nutzlos erwiesen: "Es gibt keinen einzigen Fall, in dem das Programm zur Aufdeckung eines zuvor unbekannten Terrorplans oder zur Verhinderung von terroristischen Angriffen beigetragen hätte", heißt es im Abschlussbricht der Kommission.
Amnesty International fordert Regierungen weltweit auf, ● alle Programme zur Massenüberwachung unverzüglich zu beenden und sicherzustellen, dass alle Überwachungsmaßnahmen internationale Menschenrechtsstandards einhalten; ● sicherzustellen, dass Kommunikationsüberwachung nur bei einem konkreten Verdacht und nur mit einer richterlichen Genehmigung stattfindet und dass dabei die Mittel gewählt werden, die so wenig wie möglich in die betroffenen Menschenrechte eingreifen. Die Überwachungsmaßnahme muss gezielt, notwendig und verhältnismäßig sein; ● sicherzustellen, dass die Meinungs- und Informationsfreiheit online geschützt ist und Menschen auch über das Internet ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedanken suchen, empfangen und verbreiten können.