China: Uigurischer Schriftsteller im Gefängnis gestorben

Wie erst jetzt bekannt wurde, starb der uigurische Schriftsteller Nurmemet Yasin bereits 2011 in einem chinesischen Gefängnis
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"Durch das Einsperren meines Körpers hoffen sie, meine Seele zu versklaven..."
Auszug aus Nurmemet Yasins 2004 veröffentlichter Erzählung "Die Wilde Taube"
02. Januar 2013 - Der gefeierte uigurische Schriftsteller Nurmemet Yasin starb Berichten zufolge in einem chinesischen Gefängnis. Sein Tod ist ein schwerer Rückschlag für die ohnehin schon eingeschränkte Meinungsfreiheit in China, und lässt erkennen, wie schlecht die Haftbedingungen in chinesischen Gefängnissen sind, so Amnesty International.
Wie erst vor wenigen Tagen bekannt wurde, starb Nurmemet Yasin offenbar bereits 2011 im Shaya-Gefängnis im Westen Chinas in der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang, der Heimat der muslimischen Minderheit der Uiguren.
"Nurmemet Yasin hätte gar nicht erst inhaftiert werden dürfen. Sollten sich die Berichte bestätigen, ist der Tod dieses jungen Schriftstellers eine beschämende Anklage gegen die chinesische Regierung und deren Vorstellung von Gerechtigkeit", sagte Catherine Baber, stellvertretende Leiterin der Asien- und Pazifikabteilung von Amnesty International.
Amnesty International fordert die chinesischen Behörden auf, offziell zu den Berichten über Yasins Tod Stellung zu nehmen und sie entweder zu bestätigen oder zu dementieren.
Nurmemet Yasin war inhaftiert gewesen, weil ihm vorgeworfen wurde, den "Separatismus in der Region anzuheizen".
Der Vorwurf basierte auf seiner Geschichte "Die Wilde Taube". Die Ich-Erzählung handelt von einer jungen Taube, Sohn eines Taubenkönigs, die von Menschen gefangen genommen wird und daraufhin Selbstmord begeht – weil sie es nicht erträgt, in Gefangenschaft zu leben.
"Endlich, ich kann frei sterben", sagt der Ich-Erzähler in der Geschichte, "Ich fühle mich, als stünde meine Seele in Flammen – sich erhebend und frei."
Über den Tod des Schriftstellers ist wenig bekannt. Es wird jedoch angenommen, dass er sich im Gefängnis bei schlechter Gesundheit befand. Zudem ist bekannt, dass die Haftbedingungen im Shaya-Gefängnis schlecht sind. Der bekannte Dissident Gao Zhisheng, ein Rechtsanwalt, der sich für die Menschenrechte einsetzt, sitzt im selben Gefängnis.
Nurmemet Yasin wurde 2004 verhaftet, nachdem er seine Erzählung "Die Wilde Taube" in einer Literaturfachzeitschrift veröffentlicht hatte. In einem unfairen Gerichtsverfahren wurde er zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.
Er war einer der wenigen Gefangenen in China, die 2005 vom UN-Sonderberichterstatter für Folter besucht wurden.
Nurmemet Yasin, ein ungemein produktiver Schriftsteller und Dichter, war Ehrenmitglied des englischen, des amerikanischen und des unabhängigen chinesischen PEN-Clubs. Er veröffentlichte drei Gedichtbände: "Erste Liebe", "Weinendes Herz" und "Kommt, Kinder". Seine Werke wurden in uigurischsprachigen Schulbüchern aufgenommen.
"Die chinesischen Behörden sollten einsehen, dass es weder die Werke der Schriftsteller jemals zerstören, noch das Drängen nach Freiheit, das diese Werke auslösen, jemals bändigen wird, wenn sie Schriftsteller einem langsamen Tod im Gefängnis ausliefern", sagte Baber.
Hier finden Sie eine deutsche Übersetzung der Erzählung "Die Wilde Taube".