Nach wie vor in Haft

Ägypten - Streetart

Ägypten - Streetart

Die Menschenrechtsverteidigerin Yara Sallam und die bekannte Aktivistin Sanaa Ahmed Seif sowie 21 weitere Angeklagte, die wegen Verstößen gegen das repressive ägyptische Demonstrationsrecht unter Anklage stehen, bleiben nach wie vor in Haft. Ihre Gerichtsverhandlung wurde auf den 11. Oktober vertagt. Sollten sie für schuldig befunden werden, drohen ihnen bis zu fünf Jahre Haft.

Appell an

STAATSANWALT
Hesham Mohamed Zaki Barakat
Office of the Public Prosecutor
Supreme Court House, 1 "26 July" Road
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 202) 2 577 4716 oder
(00 202) 2 575 7165
(nur während der Bürozeiten, MEZ+1)

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President, Al Ittihadia Palace
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Multilateral Affairs and International Security Affairs Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Oktober 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Yara Sallam umgehend und bedingungslos frei, da sie eine gewaltlose politische Gefangene ist, die nur aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Haft ist.

  • Ich möchte Sie höflich auffordern, auch die übrigen Inhaftierten freizulassen, falls sie nicht umgehend einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt und in einem Verfahren vor Gericht gestellt werden, das den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren in vollem Umfang entspricht. Die Wahrnehmung des Rechts auf friedliche Versammlung darf keinesfalls als Straftat geahndet werden.

  • Lassen Sie bitte alle Gefangenen frei, die lediglich deshalb inhaftiert sind, weil sie ihr Recht auf friedliche Versammlung wahrgenommen haben.

Sachlage

An der Gerichtsverhandlung, die am 13. September im Polizeiinstitut Tora in Kairo stattfand, nahmen lediglich Rechtsbeistände der Angeklagten und Journalist_innen teil. Das weitere Verfahren ist nun auf den 11. Oktober vertagt worden. Ein Antrag der Verteidiger_innen auf vorläufige Freilassung der Angeklagten wurde abgelehnt. Damit wird ihre Haft ungerechtfertigt um einen weiteren Monat verlängert.

Zu den 23 Gefangenen gehören Yara Sallam, eine Menschenrechtsverteidigerin, die bei der Menschenrechtsgruppe Egyptian Initiative for Personal Rights arbeitet, und die in Ägypten bekannte Aktivistin Sanaa Ahmed Seif, deren Bruder Alaa Abdel Fattah am 15. September auf Kaution aus der Haft freikam (siehe UA-322/2013-6).

Die Aktivist_innen waren festgenommen worden, nachdem sie am 21. Juni im Kairoer Stadtteil Heliopolis gegen das neue restriktive Demonstrationsgesetz protestiert hatten. Laut Angaben ihrer Rechtsbeistände ist nicht bekannt, ob alle Festgenommenen tatsächlich an der Protestkundgebung teilgenommen hatten. Es liegen zudem keine Beweise vor, die belegen würden, dass Yara Sallam überhaupt anwesend war. Bei der Anhörung am 13. September zeigte die Staatsanwaltschaft eine Videoaufnahme, die als Beweis dienen sollte, dass sie an der Protestveranstaltung teilgenommen hatte. Ihre Rechtsbeistände wiesen die Anschuldigung jedoch zurück, weil die Videoaufnahmen von zu schlechter Qualität waren, um als Beweis zu dienen. Andere Videoaufzeichnungen, die während des Verfahrens präsentiert wurden, zeigen "ehrenhafte Bürger_innen", bei denen es sich um Personen in Zivilkleidung mit Verbindungen zu den Sicherheitskräften gehandelt haben soll, die Gewalt gegen Demonstrierende einsetzten. Damit sollte offenbar eine Rechtfertigung für die Sicherheitskräfte geschaffen werden, die Kundgebung aufzulösen. Auf einer der Videoaufnahmen waren einige dieser "ehrenhaften Bürger_innen" mit Waffen zu sehen, darunter mit einer Pistole und einer Eisenstange.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Einige der am 21. Juni Festgenommenen wurden freigelassen, aber die Staatsanwaltschaft ordnete gegen andere für die Dauer der Ermittlungen Untersuchungshaft an. Laut Angaben einiger Rechtsbeistände vernahmen die Sicherheitskräfte die Angeklagten, ohne dass die Anwält_innen anwesend sein durften. Am 23. Juni überstellte die Staatsanwaltschaft 23 Personen in Untersuchungshaft und ordnete die Freilassung des ebenfalls inhaftierten Amr Ahmed Mohamed Mahmoud an.

Am 25. Juni setzte die Staatsanwaltschaft einen Gerichtstermin für 22 der Inhaftierten und auch für Amr Ahmed Mohamed Mahmoud fest. Der ebenfalls am 21. Juni festgenommene Islam Tawfik Mohamed Hassan ist minderjährig und muss sich in einem anderen Fall vor einem Jugendgericht verantworten.

Yara Sallam arbeitet nicht nur für die Menschenrechtsgruppe Egyptian Initiative for Personal Rights. Sie engagiert sich außerdem für Frauenrechte, zuletzt als Mitarbeiterin der Organisation Nazra for Feminist Studies. Sie war am Tag der Demonstration in Begleitung ihrer Cousine in der Nähe unterwegs, um Wasser an einem Kiosk zu kaufen.

Plötzlich trat eine Gruppe Männer in Zivilkleidung auf die beiden Frauen zu und rief die Sicherheitskräfte, welche Yara Sallam und ihre Cousine festnahmen. Ihre Cousine wurde später freigelassen, Yara Sallam blieb jedoch in Haft, als bekannt wurde, dass sie für eine Menschenrechtsorganisation arbeitet. Die Egyptian Initiative for Personal Rights gab gegenüber Amnesty International an, dass Yara Sallam in ihrer Vernehmung hauptsächlich zu ihrer Arbeit für die Einrichtung und zur Struktur der Organisation befragt worden sei.

Yara Sallam und die anderen angeklagten Frauen sind im al-Qanater-Gefängnis inhaftiert. Die Männer befinden sich im Tora-Gefängnis.

Angaben der Menschenrechtsgruppe Egyptian Initiative for Personal Rights zufolge wollten die Protestierenden am frühen Abend des 21. Juni zum Präsidentenpalast in Kairo marschieren, wurden dabei jedoch mehrfach von Männern in Zivilkleidung angegriffen. Als die Demonstrierenden am Ismailia-Platz eintrafen, gingen die Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen sie vor. Daraufhin löste sich der Protest auf und die Sicherheitskräfte nahmen ungefähr 30 Personen fest. Einige dieser Personen wurden von sogenannten "ehrenhaften Bürger_innen" festgenommen, also von Personen, die die Behörden unterstützen.

Die Vorwürfe gegen die Angeklagten lauten auf: Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet hat; Sachbeschädigung; Gewalttätigkeiten zur Einschüchterung von Passant_innen und zur Bedrohung ihres Lebens; sowie Teilnahme an einer Versammlung von über fünf Personen mit dem Ziel, die öffentliche Ordnung zu stören und Straftaten zu begehen.

Gemäß dem ägyptischen Gesetz über das Recht auf öffentliche Versammlungen, Umzüge und friedliche Demonstrationen (Nr. 107 aus dem Jahr 2013) müssen die Veranstalter_innen von Protestkundgebungen den Behörden ihre Pläne vorlegen. Diese verfügen über umfangreiche Befugnisse, um die geplanten Demonstrationen abzusagen oder neue Strecken festzulegen. Der damalige Übergangspräsident Adly Mansour unterzeichnete das Gesetz am 24. November 2013.