Inhaftiert

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 16. April ließen die De-facto-Behörden der Huthi vier zum Tode verurteilte jemenitische Journalisten frei. Die Freilassung erfolgte im Rahmen eines Gefangenenaustauschs zwischen den De-facto-Behörden der Huthi und der international anerkannten Regierung des Jemen. Akram al-Walidi, Abdelkhaleq Amran, Hareth Hamid und Tawfiq al-Mansouri waren im Juni 2015 in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa festgenommen und im April 2020 von einem Sonderstrafgericht in einem grob unfairen Verfahren zum Tode verurteilt worden. Darüber hinaus waren sie einer Fülle von Menschenrechtsverletzungen wie dem Verschwindenlassen, zeitweiser Einzelhaft ohne Kontakt zur Außenwelt, willkürlicher Inhaftierung, der Verweigerung medizinischer Versorgung, Isolationshaft sowie Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt.

Karte Jemen

Karte Jemen

Neun Journalisten werden seit Juni 2015 von der bewaffneten Huthi-Gruppe in willkürlicher Haft festgehalten. Grund für ihre Inhaftierung ist offenbar ihre journalistische Arbeit.

Appell an

VIZEMINISTER FÜR MENSCHENRECHTE
Ali Saleh Taisser
(Anrede: Dear Sir / Sehr geehrter Herr Ali Saleh Taisser)
E-Mail: a.taissir@yahoo.com

LEITER DER MENSCHENRECHTSABTEILUNG DER ANSARULLAH
Abdulmalik al-Ajari
(Anrede: Dear Sir / Sehr geehrter Herr Abdulmalik al-Ajari)
Facebook-Seite: http://on.fb.me/1n1y4Mn

Sende eine Kopie an

LEITER DES BÜROS DER PRÄSIDENTSCHAFT
Mahmod Abdulqader al-Jounid
Fax: (00 967) 1 274 147
E-Mail: mahmodaljounid@gmail.com

BOTSCHAFT DER REPUBLIK JEMEN
Herr Walid Abdulwahed Mohamed Alethary
Gesandter (Geschäftsträger a.i.)
Rheinbabenallee 12, 14199 Berlin
Fax: 030- 89 73 05 62
E-Mail: info@botschaft-jemen.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. März 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER FACEBOOK-NACHRICHTEN MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
(LUFTPOSTBRIEFE WERDEN DERZEIT LEIDER NICHT ZUGESTELLT)

  • Bitte lassen Sie Abdelkhaleq Amran, Hisham Tarmoom, Tawfiq al-Mansouri, Hareth Humid, Hasan Annab, Akram al-Walidi, Haytham al-Shihab, Hisham al-Yousefi und Essam Balgheeth bitte frei, sofern sie nicht sofort den zuständigen Justizbehörden überstellt und einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass die neun Journalisten vor Folter und anderweitigen Misshandlungen geschützt sind und regelmäßigen Zugang zu ihren Familie und Rechtsbeiständen erhalten.

  • Sorgen Sie bitte zudem dafür, dass die Journalisten jegliche erforderliche medizinische Behandlung erhalten.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Huthi armed group to release the nine journalists, unless they are to be promptly transferred to proper judicial authorities and charged with a recognizable criminal offence.

  • Urging them to ensure the nine journalists are protected from torture and other ill-treatment, and are allowed regular access to their families and lawyers.

  • Urging them to ensure the journalists receive any medical attention they require.

Sachlage

Am 9. Juni 2015 wurden neun Journalisten verschiedener Nachrichtenagenturen in einem Hotelzimmer in Sanaa willkürlich inhaftiert. Derzeit befinden sie sich in der Untersuchungshafteinrichtung al-Thawra in Sanaa.

Abdelkhaleq Amran, Hisham Tarmoom, Tawfiq al-Mansouri, Hareth Humid, Hasan Annab, Akram al-Walidi, Haytham al-Shihab, Hisham al-Yousefi und Essam Balgheeth hatten von einem Hotelzimmer des Qasr-al-Ahlam-Hotels in der al-Sitten-Straße in Sanaa aus gearbeitet, als um 4 Uhr morgens am 9. Juni 2014 mehrere bewaffnete Männer das Zimmer stürmten. Die Männer trugen eine Mischung aus Zivil- und Militärkleidung. Auf den Waffen einiger von ihnen standen Slogans, die mit der bewaffneten Huthi-Gruppe und deren politischem Flügel Ansarullah in Verbindung gebracht werden. Ein Teil der Journalisten wurde zur al-Ahmer-Polizeistation und der andere zur al-Hasaba-Polizeistation in Sanaa gebracht. Einige von ihnen durften dort ihre Familien anrufen. Nach zwei Tagen brachte man einige der Journalisten zur Antiterrorabteilung der Kriminalpolizei, wo sie einen Monat lang festgehalten wurden.

Von Mitte Juli 2015 bis Mitte September 2015 wurden alle neun Journalisten ohne Kontakt zur Außenwelt an unbekannten Orten festgehalten. Ihre Familien hatten lediglich von ehemaligen Häftlingen erfahren, dass man sie zur Untersuchungshafteinrichtung al-Thawra gebracht hatte. Die Hafteinrichtung untersteht dem Huthi-nahen Innenministerium. Bis vor Kurzem gewährte man den Gefangenen nur unregelmäßige Besuche von ihren Angehörigen. Nun dürfen ihre Familien sie zumindest jeden Donnerstag für kurze Zeit besuchen. Die Angehörigen von mindestens vier der Journalisten haben angegeben, dass diese während ihrer Zeit bei der Kriminalpolizei gefoltert oder anderweitig misshandelt wurden. Unter anderem soll man sie während ihrer Befragungen geschlagen haben. Angehörige von Akram al-Walidi haben angegeben, dass er an einer Erkrankung des Dickdarms leide und zunächst nicht die erforderliche medizinische Versorgung erhalten habe. Seitdem es ihnen möglich ist, ihn regelmäßig in Haft zu besuchen, können sie ihn mit den notwendigen Medikamenten versorgen.

Einige der neun Journalisten arbeiten für Medien, die sich der bewaffneten Huthi-Gruppe entgegenstellen. Andere arbeiten für Online-Medien, welche die oppositionelle Partei al-Islah unterstützen. Mindestens drei der Journalisten waren zuvor schon einmal von der bewaffneten Huthi-Gruppe inhaftiert worden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im September 2014 nahm die Huthi-Gruppierung, die größtenteils aus Angehörigen der zaiditisch-schiitischen Minderheit im Norden des Jemen besteht, einige Militär- und Sicherheitsposten in Sanaa, der jemenitischen Hauptstadt, ein. In der dritten Januarwoche 2015 griffen sie Militärposten, den Präsidentenpalast und Regierungsgebäude an. Dies führte zum Rücktritt von Präsident Abd Rabbu Mansour Hadi und seiner Regierung. Die Huthi wurden infolgedessen die faktischen Machthaber der Hauptstadt und anderer Teile des Landes.

Seit Januar 2015 weiten die Huthi zunehmend ihre Kontrolle über Sanaa und den Rest des Landes aus. Am 6. Februar 2015 lösten sie das Parlament auf und gaben eine verfassungsrechtliche Erklärung ab, in der die Gründung eines vorübergehenden Präsidialrats angeordnet wurde, der für eine Übergangszeit von zwei Jahren als Regierung fungieren soll. Am 23. März verstärkte sich im Süden Jemens, der bis dahin nicht unter Kontrolle der Huthi-Gruppierung stand, der Konflikt zwischen Huthi – unterstützt von Militäreinheiten sowie einigen Sicherheitskräften, die Anhänger des ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh sind – und Militäreinheiten unter Präsident Hadi, unterstützt von Volksstämmen und Milizen.

Eine von Saudi-Arabien geführte militärische Koalition aus zehn Ländern begann am 25. März 2015 eine Reihe von Luftangriffen gegen die Huthi-Gruppierung, um Präsident Hadi zu unterstützen. Die ersten Luftangriffe trafen Huthi-Ziele und Militäreinrichtungen überwiegend in Sanaa und Sa'da im Norden Jemens, später auch in der Stadt Aden und an anderen Orten. Beide Konfliktparteien haben unter anderem mit Kriegsverbrechen gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht verstoßen. Über 2.700 Zivilpersonen sind im Jemen seit Beginn des Konflikts getötet worden, viele von ihnen durch wahllose Bombenangriffe Saudi-Arabiens. Der Konflikt hat die bereits verheerende humanitäre Situation noch weiter verschärft. Über zweieinhalb Millionen Menschen wurden bereits vertrieben, und 82 % der Bevölkerung benötigt humanitäre Hilfe.

Seit Beginn der saudi-arabischen Luftangriffe ist die Zahl der willkürlichen Festnahmen, Inhaftierungen und Verschleppungen durch die bewaffnete Huthi-Gruppierung und alliierte Truppen, die den ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh unterstützen, gestiegen. Zahlreiche Aktivist_innen und Personen unterschiedlicher politischer Orientierung, die von den Huthi als Gegner_innen angesehen werden, wurden willkürlich festgenommen und inhaftiert, und in manchen Fällen auch gefoltert oder anderweitig misshandelt. Bei der Mehrheit handelt es sich um Sprecher_innen, Mitglieder oder Anhänger_innen der sunnitisch-islamistischen Partei al-Islah. Diese Partei verurteilt die Gewalttaten der Huthi-Gruppierung, seit diese im September 2014 die Hauptstadt Sanaa eingenommen hat, und unterstützt der allgemeinen Auffassung zufolge die Luftangriffe der saudi-arabischen Koalition. Die meisten Festnahmen haben in den Städten Sanaa, Ibb und al-Hudaida stattgefunden.

Der politische Aktivist Muhammad Qahtan, der eine Führungsposition in der sunnitisch-islamistischen Partei al-Islah innehat, befindet sich in der Gewalt der bewaffneten Huthi-Gruppe. Er wurde am 4. April 2015 aus seinem Zuhause in Sanaa verschleppt. Seit einem Besuch seiner Familie am 7. April 2015 wird er in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Muhammad Qahtan leidet an Diabetes Typ 2, konnte bei seiner Festnahme aber keine Medikamente mitnehmen. Am Tag vor seiner Verschleppung hatte die al-Islah in einer Stellungnahme ihre Unterstützung für das Militärbündnis unter saudi-arabischer Leitung bekundet und die Legitimität der Herrschaft von Abed Rabbo Mansur Hadi bestätigt. Auch Journalist_innen und Aktivist_innen, die Widerstand gegen die Übernahme der Regierungsinstitutionen durch die Huthi geleistet haben, wurden festgenommen oder drangsaliert.

Amnesty International hat Interviews mit zahlreichen ehemaligen Gefangenen und deren Familien geführt, die im Jahr 2015 in Sanaa, Ibb und al-Hudaida willkürlich festgenommen und ohne Kontakt zur Außenwelt an unbekannten Orten festgehalten wurden. Viele der Betroffenen wurden von Huthi oder Huthi-nahen Kräften, die keine Haftbefehle vorlegten und sich gewaltsam Zugang zu ihren Häusern verschafften, verschleppt. Sie wurden an vielen verschiedenen Orten festgehalten, unter anderem in inoffiziellen Hafteinrichtungen wie beispielsweise Privathäusern, ohne die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung anfechten zu können oder die Gründe für ihre Inhaftierung zu erfahren.