Familienbesuche verwehrt

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 16. April ließen die De-facto-Behörden der Huthi vier zum Tode verurteilte jemenitische Journalisten frei. Die Freilassung erfolgte im Rahmen eines Gefangenenaustauschs zwischen den De-facto-Behörden der Huthi und der international anerkannten Regierung des Jemen. Akram al-Walidi, Abdelkhaleq Amran, Hareth Hamid und Tawfiq al-Mansouri waren im Juni 2015 in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa festgenommen und im April 2020 von einem Sonderstrafgericht in einem grob unfairen Verfahren zum Tode verurteilt worden. Darüber hinaus waren sie einer Fülle von Menschenrechtsverletzungen wie dem Verschwindenlassen, zeitweiser Einzelhaft ohne Kontakt zur Außenwelt, willkürlicher Inhaftierung, der Verweigerung medizinischer Versorgung, Isolationshaft sowie Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt.

Zhen Jianghua ist hinter Gittern, seine Hände an den Gitterstäben. An der Außenwand ein Schild: Polizeiwache.

Der chinesische Menschenrechtsverteidiger Zhen Jianghua hinter Gittern auf einer Polizeiwache

Zehn Journalisten, die in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa inhaftiert sind, werden nach einer Reihe von Verhören im Mai keine regelmäßigen Besuche ihrer Familien mehr gewährt. Die Männer waren von Angehörigen der Huthi-Gruppierung willkürlich festgenommen worden. Ihnen drohen Folter und andere Misshandlungen.

Appell an

Herrn

Mohamed Abdelsalam

c/o.


Botschaft der Republik Jemen

S. E. Herrn Yahia Mohammed Abdullah Al-Shaibi

Rheinbabenallee 12

14199 Berlin

Amnesty fordert:

  • Sorgen Sie bitte dringend dafür, dass die zehn Journalisten weder gefoltert noch anderweitig misshandelt werden, und dass sie umgehend regelmäßigen Zugang zu ihren Familien, Rechtsbeiständen und jeder nötigen medizinischen Versorgung erhalten.
  • Lassen Sie die zehn Männer frei, sofern sie nicht sofort an die zuständigen Justizbehörden überstellt und einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden.
  • Leiten Sie bitte eine wirksame, unabhängige und unparteiische Untersuchung der Folter- und Misshandlungsvorwürfe ein.

Sachlage

Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge sind die Journalisten Abdelkhaleq Amran, Hisham Tarmoom, Tawfiq al-Mansouri, Hareth Hamid, Hasan Annab, Akram al-Walidi, Haytham al-Shihab, Hisham al-Yousefi und Essam Balgheeth in einer Einrichtung des Politischen Sicherheitsdienstes (Political Security Office – PSO) in Sanaa verhört worden. Seither dürfen sie keine regelmäßigen Besuche mehr von ihren Familien erhalten. Es wird befürchtet, dass ihnen Folter und andere Misshandlungen drohen. Dem Journalisten Salah al-Qaedi, der seit August 2015 willkürlich festgehalten wird, werden ebenfalls regelmäßige Familienbesuche verwehrt.

Alle zehn Journalisten leiden unter einer Reihe gesundheitlicher Probleme, darunter Magen-, Darm- und Hörbeschwerden sowie Hämorrhoiden. Einige von ihnen leiden zudem aufgrund von Sehstörungen unter Kopfschmerzen. Den Männern wurde bisher keine angemessene medizinische Versorgung gewährt.

In den Nachbarzellen Inhaftierte hatten der Familie von Abdelkhaleq Amran erzählt, im November 2016 Schreie aus seiner Zelle gehört zu haben. Abdelkhaleq Amran wurde von Mai bis September 2016 in Einzelhaft gehalten, und alle zehn Journalisten befanden sich in diesem Zeitraum ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Im September 2016 durften die Journalisten erstmals seit ihrem "Verschwinden" im Mai 2016 Besuch von ihren Angehörigen erhalten. Damals waren sie ohne Wissen ihrer Familien von der Untersuchungshaftanstalt al-Habra in Sanaa ins PSO-Gefängnis gebracht worden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die inhaftierten Journalisten arbeiten jeweils für verschiedene Medien; einige dieser Medien wenden sich offen gegen die bewaffnete Gruppe der Huthi, während andere der sunnitisch-islamistischen Oppositionspartei al-Islah nahestehen.

Abdelkhaleq Amran, Hisham Tarmoom, Tawfiq al-Mansouri, Hareth Hamid, Hasan Annab, Akram al-Walidi, Haytham al-Shihab, Hisham al-Yousefi und Essam Balgheeth hatten von einem Hotelzimmer des Qasr-al-Ahlam-Hotels in der al-Sitten-Straße in Sanaa aus gearbeitet, als am 9. Juni 2015 um 4 Uhr morgens mehrere bewaffnete Männer das Zimmer stürmten. Die Männer trugen teilweise Zivil- und teilweise Militärkleidung. Auf den Waffen einiger von ihnen standen Slogans, die mit der bewaffneten Gruppe der Huthi und deren politischem Flügel Ansarullah in Verbindung gebracht werden.

Ein Teil der Journalisten wurde zur al-Ahmar-Polizeistation und der andere zur al-Hasaba-Polizeistation, beide in Sanaa, gebracht. Zum Teil durften sie von dort ihre Familien anrufen. Nach zwei Tagen brachte man einige der Journalisten zur Antiterrorabteilung der Kriminalpolizei, wo sie einen Monat lang festgehalten wurden. Von Mitte Juli 2015 bis Mitte September 2015 wurden alle neun Journalisten ohne Kontakt zur Außenwelt an unbekannten Orten festgehalten. Ihre Familien hatten lediglich von ehemaligen Häftlingen erfahren, dass man sie in die Untersuchungshafteinrichtung al-Thawra in Sanaa gebracht hatte. Die Hafteinrichtung untersteht dem Huthi-nahen Innenministerium.

Salah al-Qaedi wurde am späten Nachmittag des 28. August 2015 bei sich zuhause in Sanaa von Angehörigen der Huthi-Gruppierung festgenommen. Familienangehörige von Salah al-Qaedi sagten Amnesty International, dass er während seiner Haft gefoltert wurde. Er ist nicht angeklagt worden, doch seine Familie geht davon aus, dass er sich deshalb in Haft befindet, weil er für den Sender Suhayl gearbeitet hat. Dieser verurteilt die Gewalttaten der Huthi-Gruppierung, seit diese im September 2014 die Hauptstadt Sanaa eingenommen hat. Der Sender unterstützt der allgemeinen Auffassung zufolge auch die Luftangriffe der saudi-arabischen Koalition. Die Büros des Senders wurden im September 2014 von Angehörigen der bewaffneten Gruppe der Huthi durchsucht und schließlich im März 2015 geschlossen.

Am 16. März 2016 wurden bis auf Salah al-Qaedi alle Männer aus der Untersuchungshaftanstalt al-Thawra, wo sie seit Mitte September 2015 festgehalten worden waren, in die Hafteinrichtung al-Habra verlegt. Salah al-Qaedi wird seit Mitte Oktober 2015 in der Hafteinrichtung al-Habra festgehalten. Am 23. Mai 2016 wollten die Familienangehörigen der zehn Journalisten sie in der Haftanstalt al-Habra besuchen. Dort angekommen, teilten die Gefängniswärter_innen ihnen mit, dass die Männer sich nicht mehr in der Haftanstalt befänden, weigerten sich jedoch, über deren Verbleib Auskunft zu geben. Die Journalisten waren an diesem Tag "verschwunden", nachdem sie ohne Wissen ihrer Familien vom Untersuchungsgefängnis al-Habra in Sanaa ins PSO-Gefängnis gebracht worden waren.

Am 9. Mai traten die Journalisten in einen Hungerstreik, um gegen ihre anhaltende Inhaftierung ohne Anklage oder Gerichtsverfahren zu protestieren. Laut den Verwandten von Abdelkhaleq Amran und Hareth Hamid befanden sich die beiden Männer nach ihrem Hungerstreik in sehr schlechtem körperlichem Zustand, doch die Gefängnisbehörden weigerten sich offenbar, sie in ein Krankenhaus zu verlegen.

Seit Beginn der saudi-arabischen Luftangriffe im März 2015 ist die Zahl der willkürlichen Festnahmen, Inhaftierungen und Verschleppungen durch die bewaffnete Gruppe der Huthi und alliierte Truppen, die den ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh unterstützen, stark angestiegen. Hunderte Aktivist_innen, Menschenrechtler_innen und Personen unterschiedlicher politischer Orientierung, die von den Huthi als Gegner_innen angesehen werden, wurden willkürlich festgenommen und inhaftiert, und in manchen Fällen auch gefoltert oder anderweitig misshandelt. Auch gab es Fälle von Verschwindenlassen. Bei der Mehrheit handelt es sich um Sprecher_innen, Mitglieder oder Anhänger_innen der sunnitisch-islamistischen Partei al-Islah. Die meisten Festnahmen haben in den Städten Sanaa, Ibb, al-Hudaida und Taizz stattgefunden.