Journalist muss freigelassen werden

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 7. Mai wurde der usbekische Journalist Bobomurod Abdullayev von einem Gericht zu einer nicht-freiheitsentziehenden Strafe verurteilt. Er durfte daraufhin den Gerichtssaal verlassen und konnte wieder mit seiner Familie, seinen Freund_innen und Unterstützer_innen zusammenkommen.

Schriftzug "Stop Folter", Folter dabei durchgestrichen

Am 8. Februar berichteten Menschenrechtsaktivist_innen, dass die beiden leitenden Ermittler_innen des usbekischen Geheimdienstes im Fall des inhaftierten Journalisten Bobomurod Abdullayev vom Dienst suspendiert worden seien. Sie berichteten weiter, dass die Generalstaatsanwaltschaft Untersuchungen über Foltervorwürfe und die Vermutung aufgenommen habe, der Fall sei konstruiert worden. Bobomurod Abdullayev ist jedoch weiterhin beim Nationalen Sicherheitsdienst inhaftiert.

Appell an

GENERALSTAATSANWALT

Otabek Murodov

Prosecutor General’s Office

ul. Gulyamova 66

Tashkent 100047

USBEKISTAN

Sende eine Kopie an

Leiter des Nationalen Menschenrechtszentrums

Akmal Saidov

The National Human Rights Centre

Ul. Mustakillik maidoni 5/3

Tashkent 100029, USBEKISTAN


Fax: (00 998) 71 239 13 56

E-Mail: info@nhrc.uz


 

Botschaft der Republik Usbekistan

S.E. Herrn Nabijon Kasimov

Perleberger Str. 62, 10559 Berlin

Fax: 030-3940 9862

E-Mail:
botschaft@uzbekistan.de

Amnesty fordert:

  • Lassen Sie Bobomurod Abdullayev bitte umgehend und bedingungslos frei.
  • Ich begrüße die Berichte, dass die Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen zu den Foltervorwürfen eingeleitet hat und möchte Sie dringend bitten sicherzustellen, dass diese Ermittlungen umfassend, unabhängig und unparteiisch verlaufen und dass die mutmaßlich Verantwortlichen in fairen Gerichtsverfahren und gemäß internationale Menschenrechtsstandards zur Rechenschaft gezogen werden.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass Bobomurod Abdullayev bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderweitiger Misshandlung geschützt wird und garantieren Sie, dass er ungehinderten Zugang zu allen rechtlichen Schutzmaßnahmen in Haft hat. Dazu gehört auch der regelmäßige Zugang zu seiner Familie und zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl, mit dem er vertrauliche Gespräche unter vier Augen führen kann.

Sachlage

Am 10. Januar durften die Mutter, die Ehefrau und die Kinder von Bobomurod Abdullayev ihn kurz — für 25 Minuten — in der Untersuchungshafteinrichtung SIZO besuchen, in der er sich seit Ende September 2017 befindet. Es war der erste Besuch von Familienangehörigen und er fand in Gegenwart eines Angehörigen des usbekischen Geheimdienstes, dem Nationalen Sicherheitsdienst, statt. Nach dem Besuch hatte die Familie erst angegeben, weder Folterspuren auf Bobomurod Abdullayevs Körper gesehen zu haben, noch Klagen über die Haftbedingungen von ihm gehört zu haben, da sie möglicher Konsequenzen für ihn befürchteten. Doch am 2. Februar schrieb die Mutter des Journalisten einen Brief an den Präsidenten und bestätigte darin, dass Angehörige des Nationalen Sicherheitsdienstes den Journalisten vom Moment seiner Festnahme auf offener Straße am 27. September 2017 in Taschkent gefoltert haben. Bobomurod Abdullayev habe ihr berichtet, dass Angehörige des Geheimdienstes ihn jedes Mal bestraft hätten, wenn Menschenrechtsaktivist_innen oder die Medien Vorwürfe erhoben und dass er mit Hilfe von Folter gezwungen werden sollte, ein "Geständnis" abzulegen oder seinem Rechtsbeistand das Mandat zu entziehen. Sie hätten ihn geschlagen, er habe sich nackt ausziehen und stundenlang stehend in einer eiskalten Zelle verbringen müssen. Sie hätten zudem gedroht, ihn zu töten, ihn nie wieder aus der Haft im SIZO herauszulassen und seiner Familie etwas anzutun. Unter dem Druck des Geheimdienstes und aus Angst um sein Leben erzählte er seinem Rechtsbeistand, dass er die Vorwürfe "zugegeben" habe und sich über die Behandlung in Haft nicht beschweren könne. Als ihn der Rechtsbeistand im Dezember 2017 besuchte, weigerte sich Bobomurod Abdullayev ihm seinen Rücken zu zeigen, der – wie sich später herausstellte – schwere Hämatome und etliche Narben aufwies. Zudem gab er der Forderung des Nationalen Sicherheitsdienstes nach und entzog seinem Rechtsbeistand das Mandat.

Am 8. Februar gab der Vorsitzende der NGO Initiativgruppe Unabhängiger Menschenrechtsverteidiger Usbekistans (IGUMRU) bekannt, dass zwei Angehörige des Nationalen Sicherheitsdienstes aufgrund von Foltervorwürfen mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert worden seien; dass die Strafverfolgung von Bobomurod Abdullayev eingestellt worden sei und dass die Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Folter und konstruiertem Strafverfahren gegen die beiden Angehörigen des Geheimdienstes aufgenommen habe. Bobomurod Abdullayev ist jedoch weiterhin inhaftiert.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Bobomurod Abdullayev ist ein unabhängiger Journalist und Sportreporter. Am 27. September inhaftierten ihn Angehörige des usbekischen Geheimdienstes in Taschkent mit der Begründung, er habe versucht, die verfassungsmäßige Ordnung der Republik Usbekistan zu stürzen. Seitdem wird er in einer der berüchtigtsten Haftanstalten des Landes, im SIZO, festgehalten, dort ist Folter an der Tagesordnung. Die Recherchen von Amnesty International zeigen, dass Gefangene in Geheimdiensthafteinrichtungen gefoltert werden. Dies geschieht in Verhörräumen, Bestrafungszellen, in Toiletten und Duschen und in Räumen, die zum Zwecke der Folter mit gummigepolsterten Wänden und Schalldämmung ausgestattet sind. Angehörige des Nationalen Sicherheitsdienstes haben seiner Familie untersagt, Menschenrechtsorganisationen oder die Medien zu kontaktieren und Bobomurod Abdullayev erst zehn Wochen nach seiner Inhaftierung eingeschränkten Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl und auch nur unter Beobachtung gestattet. Im November 2017 verlängerten die usbekischen Behörden seine Untersuchungshaft um weitere drei Monate. Am 26. Dezember 2017 beschuldigte der Nationale Sicherheitsdienst den Rechtsbeistand der Falschdarstellung des Strafverfahrens in der Öffentlichkeit und zwang Bobomurod Abdullayev dem Rechtsbeistand das Mandat zu entziehen und stattdessen einen Pflichtverteidiger zu aktzeptieren. Am 10. Januar erzählte Bobomurod Abdullayev seiner Familie während eines kurzen Besuchs, dass Geheimdienstangehörige in Zivil ihn am 27. September 2017 auf der Straße angegriffen hätten. Sie hätten ihm eine Kapuze über den Kopf gezogen, seine Hände auf dem Rücken gefesselt, ihn geschlagen und getreten und ihn in einen wartenden Wagen gezerrt.

2017 wurden zwar einige rechtswidrige Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung gelockert, doch den Zugang zu Informationen hat die Regierung weiterhin entschieden unter Kontrolle. Unabhängige und internationale Medienportale, die als regierungskritisch angesehen werden, sind in Usbekistan nicht zugänglich. Die Behörden haben hier und da kritische Medienberichterstattung zugelassen und einige aus politischen Gründen verurteilte Häftlinge freigelassen. Prominente Menschenrechtsverteidiger_innen, Regierungskritiker_innen und unabhängig Journalist_innen sind jedoch fortwährender Drangsalierung und Einschüchterung ausgesetzt. Sie stehen regelmäßig unter Beobachtung, werden festgenommen, verprügelt und es werden Verleumdungskampagnen gegen sie gestartet. Viele sehen sich gezwungen, ins Exil zu gehen, während andere daran gehindert werden, das Land zu verlassen. Menschenrechtsverteidiger_innen und unabhängige Journalist_innen, die in Usbekistan oder im Ausland leben, werden immer wieder in umfassenden und sich wiederholenden Medienkampagnen auf regierungseigenen oder von ihr kontrollierten Webseiten sowohl des staatlichen Fernsehens als auch der offiziellen Printmedien zur Zielscheibe.

Trotz bedeutender rechtlicher und juristischer Reforminitiativen im Jahr 2017, zur Bekämpfung der andauernden Menschenrechtsverletzungen bei der Justiz und den Strafverfolgungsbehörden, erhält Amnesty International häufig glaubwürdige Berichte über regelmäßige und um sich greifende Folter und andere Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte bei Festnahmen und Transporten, in Polizeigewahrsam und in Untersuchungshaft sowie durch Sicherheitskräfte und Gefängnispersonal in Hafteinrichtungen für verurteilte Gefangene. Die Folter wird eingesetzt, um Verdächtige, Inhaftierte und Gefangene aller Geschlechter, denen Straftaten wie Diebstahl, Betrug oder ein Tötungsdelikt zur Last gelegt werden, dazu zu bringen, vermeintlich von ihnen begangene Straftaten zu gestehen oder andere zu belasten. Personen, die wegen staatsfeindlicher oder terroristischer Straftaten angeklagt oder verurteilt sind, darunter auch diejenigen, die nach Usbekistan abgeschoben wurden, sind sowohl in Untersuchungshaft als auch nach einer Verurteilung im Gefängnis besonders von Folter bedroht.