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Singapur: drohende Hinrichtung am 20. Februar

Dem malaysischen Staatsbürger Pannir Selvam Pranthaman droht im Singapur die Todesstrafe (undatiertes Foto).
© privat
+++ Update 19.02.2025: Pannir Selvam Pranthaman wurde vom Berufungsgericht in Singapur ein Aufschub der Hinrichtung gewährt, um die Einlegung eines Rechtsmittels zu ermöglichen. +++ Pannir Selvam Pranthaman erhielt am 16. Februar die Mitteilung, dass er am 20. Februar in Singapur hingerichtet werden soll. Der malaysische Staatsangehörige war 2017 der Einfuhr von 51,84 g Diamorphin (Heroin) für schuldig befunden worden. Damit entspricht er der Definition eines "Kuriers" im Sinne des Gesetzes, was dem Gericht Handlungsspielraum eingeräumt hätte. Doch die Staatsanwaltschaft legte dem Gericht die dafür nötigen Bescheinigung nicht vor. So blieb dem Richter keine andere Wahl, als die obligatorische Todesstrafe zu verhängen.
Appell an
Premierminister
Lawrence Wong,
Prime Minister of Singapore
Office of the Prime Minister
Orchard Road, Istana, 238823
SINGAPUR
Sende eine Kopie an
Botschaft der Republik Singapur
S.E. Herrn Lee Chong Hock
Voßstr. 17
10117 Berlin
Fax: 030-2263 4375
E-Mail: singemb_ber@mfa.sg
Amnesty fordert:
- Ich bitte Sie eindringlich, das Todesurteil gegen Pannir Selvam Pranthaman umzuwandeln und ein offizielles Moratorium für alle Hinrichtungen als ersten Schritt zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe zu erlassen.
Sachlage
Dem malaysischen Staatsbürger Pannir Selvam Pranthaman droht unmittelbar die Hinrichtung. Die Todesstrafe in seinem Fall wurde, wie bei mehreren anderen zum Tode Verurteilten in Singapur, unter Verstoß gegen internationale Menschenrechtsstandards verhängt, was seine Hinrichtung rechtswidrig und willkürlich machen würde.
Das Völkerrecht und internationale Standards sehen Beschränkungen für die Anwendung der Todesstrafe vor, um einen willkürlichen Entzug des Lebens zu verhindern. Dazu gehört das Verbot, die Todesstrafe als obligatorische Strafe zu verhängen; das Verbot, sie für Straftaten zu verhängen, die nicht in die Kategorie der "schwersten Verbrechen" gehören, einschließlich Drogendelikte; und sie darf nicht in Prozessen verhängt werden, die nicht den höchsten Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen. Im vorliegenden Fall wurde gegen alle diese Schutzmaßnahmen verstoßen.
In höchstem Maße besorgniserregend ist die hohe Zahl der Hinrichtungen, die in den vergangenen Monaten in Singapur zu verzeichnen waren: Allein seit Anfang Oktober 2024 wurden neun Männer gehängt. Dies steht im Widerspruch zum weltweiten Trend weg von dieser grausamen Strafe und dem allgemeinen Rückgang der Hinrichtungen in Singapur in den Vorjahren. Singapur ist eines von nur fünf Ländern, in denen in den vergangenen Jahren Hinrichtungen wegen Drogendelikten vollstreckt wurden. Diese außerordentlich harte Drogenpolitik hat nicht dazu geführt, den Konsum und die Verfügbarkeit von Drogen im Land zu bekämpfen und bietet keinen wirksamen Schutz vor drogenbedingten Todesfällen oder anderen Suchtfolgen.
Hintergrundinformation
Pannir Selvam Pranthaman ist ein malaysischer Musiker. In seiner Zeit im Todestrakt schrieb er Gedichte und Lieder, davon einige in Zusammenarbeit mit anderen malaysischen Künstler*innen.
Er wurde am 2. Mai 2017 im Alter von 29 Jahren der Einfuhr von 51,84 g Diamorphin (Heroin) nach Singapur für schuldig befunden und zur obligatorischen Todesstrafe verurteilt. Das Berufungsgericht wies sein Rechtsmittel am 18. Oktober 2018 zurück. Das Gericht befand zwar, dass Pannir Selvam Pranthaman lediglich an der Beförderung von Drogen beteiligt war und somit die Definition eines "Kuriers" im Sinne des Gesetzes erfüllte. Da die Staatsanwaltschaft dem Gericht jedoch keine entsprechende Bescheinigung vorgelegt hatte, die dem Gericht Handlungsspielraum eingeräumt hätte, blieb dem Richter keine andere Wahl, als die obligatorische Todesstrafe zu verhängen.
Nach den 2013 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Drogenmissbrauch verfügen Richter*innen in Singapur über einen gewissen Ermessensspielraum bei der Strafzumessung in Fällen, in denen sich die Rolle des*der Angeklagten auf den Transport von Drogen ("Kurier*in") beschränkte. Dies greift aber nur, wenn die Staatsanwaltschaft der beschuldigten Person bescheinigt, dass sie sich intensiv für die Zerschlagung des Drogenhandels eingesetzt hat, oder bei Personen mit geistigen oder intellektuellen Einschränkungen, die keine Verantwortung für ihre Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der verhandelten Straftat übernehmen können. Dadurch wird in der Praxis die Entscheidung über die Verurteilung der Staatsanwaltschaft übertragen. Da diese im Fall von Pannir Selvam Pranthaman keine entsprechende Bescheinigung vorgelegt hat, hatte das Gericht bei seiner Verurteilung keinen Ermessensspielraum mehr. Diese Regelung stellt eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Gerichtsverfahren dar, da sie die Entscheidung über Leben oder Tod in die Hände einer Person legt, die keine neutrale Prozesspartei ist und keine derartigen Befugnisse haben sollte. Außerdem untergräbt dieses Verfahren die Unabhängigkeit der Justiz, indem es die Trennung zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht aufhebt. Es verstößt darüber hinaus gegen den Grundsatz der "Waffengleichheit", dem zufolge Staatsanwaltschaft und Verteidigung vor Gericht die gleichen Befugnisse haben sollten.
Der Schuldspruch gegen Pannir Selvam Pranthaman beruht auf der Vermutung, dass er von den Drogen gewusst hat. Das Gesetz über Drogenmissbrauch erlaubt es der Staatsanwaltschaft, auf solche Rechtsvermutungen zurückzugreifen. Damit wird die Beweislast auf die angeklagte Person übertragen, die die Schuldvermutung nach dem rechtlichen Standard der "Abwägung der Wahrscheinlichkeiten" widerlegen muss. Schuldvermutungen untergraben die Garantien für ein faires Gerichtsverfahren nach internationalen Menschenrechtsnormen und verletzen das Recht auf Unschuldsvermutung, das eine zwingende Norm des Völkergewohnheitsrechts ist.
Die Hinrichtung von Pannir Selvam Pranthaman war ursprünglich für den 24. Mai 2019 anberaumt. Die Vollstreckung wurde einen Tag davor gestoppt, nachdem das Berufungsgericht die Prüfung außerordentlicher Rechtsmittel zugelassen hatte. Doch diese weiteren Rechtsmittel im Fall von Pannir Selvam Pranthaman wurden kürzlich geprüft und abgelehnt. Am 16. Februar 2025 erhielt er nun die Mitteilung, dass er am 20. Februar hingerichtet werden soll.
Das Völkerrecht und internationale Standards verbieten die Verhängung von obligatorischen Todesurteilen, da diese den Richter*innen die Möglichkeit nehmen, mildernde Umstände zu berücksichtigen. Darüber hinaus verlangen das Völkerrecht und internationale Standards, dass die Todesstrafe nur für "schwerste Verbrechen" verhängt werden darf, z. B. bei vorsätzlicher Tötung. Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe. Bis heute haben 113 Länder die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft und 144 Länder die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft. Singapur gehört zu einer kleinen Gruppe von Ländern, die die Todesstrafe bei Drogendelikten anwenden.