Besuchsrecht verweigert

Der kubanische Menschenrechtsaktivist Eduardo Cardet

Der kubanische Menschenrechtsaktivist Eduardo Cardet

Die kubanischen Behörden haben dem inhaftierten Menschenrechtler Dr. Eduardo Cardet für sechs Monate die Berechtigung entzogen, Besuche von seinen Familienangehörigen zu erhalten. Angaben seiner Frau zufolge ist das eine Strafe dafür, dass seine Familie sich für seine Freilassung einsetzt. Dr. Eduardo Cardet ist ein gewaltloser politischer Gefangener und muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Appell an

Präsident



Miguel Mario Díaz-Canel Bermúdez



Presidente de la República de Cuba



La Habana, KUBA

Sende eine Kopie an

Christliche Befreiungsbewegung (MCL)

E-Mail: info@oswaldopaya.org

Twitter: @oswaldopaya

Botschaft der Republik Kuba

S.E. Herr Ramon Ignacio Ripoll Diaz

Stavanger Str. 20, 10439 Berlin

Fax: (030) 447 930 91


E-Mail: recepcion@botschaft-kuba.de

oder recepcion-consulado@botschaft-kuba.de

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie Dr. Eduardo Cardet sofort und bedingungslos frei, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der sich nur deshalb in Haft befindet, weil er sein Recht auf Meinungsfreiheit friedlich ausgeübt hat.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass der Zugang zu seinen Familienangehörigen unverzüglich wiederhergestellt wird und er regelmäßigen Zugang zu seiner Familie und der Außenwelt sowie Rechtsbeiständen seiner Wahl und medizinischer Versorgung erhält.

Sachlage

Am 26. Mai 2018 informierte der Leiter des "Cuba Si"-Gefängnisses in Holguín die Familie von Dr. Eduardo Cardet Concepción, dass sein Besuchsrecht für sechs Monate ausgesetzt worden sei. Grund dafür seien die Beschwerden, die die Familie gegenüber der internationalen Presse und Menschenrechtsgremien angebracht hatten.

Seine Frau Yaimaris Vecino berichtete Amnesty International, dass weder sie noch ihre Kinder oder seine Mutter den Inhaftierten Eduardo Cardet bei ihrem letzten Besuch sehen konnten. Die Behörden teilten der Familie wörtlich mit, dass die Berechtigung von Eduardo Cardet, Besuch zu empfangen, ausgesetzt worden sei. Seiner Ehefrau zufolge ist es Eduardo Cardet normalerweise außerdem erlaubt, jeden Dienstag mit seiner Familie zu telefonieren. Am vergangenen Dienstag, den 5. Juni, rief er nicht an. Sie vermutet deshalb, dass ihm auch die regelmäßigen Telefongespräche verweigert werden.

Eduardo Cardet ist Leiter der Christlichen Befreiungsbewegung (Movimiento Cristiano Liberación – MCL), die sich für Demokratie einsetzt. Er wird seit seiner Festnahme am 30. November 2016 – fünf Tage nach dem Tod des ehemaligen Staatschefs Fidel Castro – im Gefängnis in Holguín festgehalten. Vor seiner Festnahme hatte Eduardo Cardet internationalen Medien Interviews gegeben, in denen er sich kritisch über die kubanische Regierung äußerte.

Gemäß dem Völkerrecht haben alle Gefangenen das Recht, mit der Außenwelt zu kommunizieren, und insbesondere Besuch von Familienangehörigen und Rechtsbeiständen sowie Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung zu erhalten. Jede Einschränkung dieses Rechts muss begründet sein und in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen, da dies ansonsten einem Verstoß gegen die Rechte auf Privatsphäre und Familienleben gleichkommt. Solche Rechte stellen grundlegende Schutzmechanismen gegen weitere Menschenrechtsverletzungen dar, darunter Folter und andere Formen der Misshandlung.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Nach Aussagen von fünf Zeug_innen, die mit Amnesty International unter der Voraussetzung telefoniert haben, dass sie anonym bleiben, wurde Eduardo Cardet am frühen Abend des 30. November 2016 von mindestens vier Polizist_innen in Zivil und einem Beamten in Uniform von seinem Fahrrad gestoßen und gewaltsam festgenommen, als er von einem Besuch bei seiner Mutter nach Hause fuhr. Laut Aussagen seiner Ehefrau, die die Festnahme zusammen mit ihren beiden Kindern auch beobachtete, wird Eduardo Cardet vorgeworfen, einen Staatsbediensteten angegriffen zu haben (atentado). Dieser Straftatbestand ist in Paragraf 142.1 des Strafgesetzbuchs geregelt. Ein Polizist behauptet, Eduardo Cardet habe ihn während der Festnahme geschubst. Alle Zeug_innen, mit denen Amnesty International gesprochen hat, widersprechen dieser Behauptung und geben an, dass Eduardo Cardet schnell und gewaltsam von den Beamt_innen in Zivil fixiert wurde, sie ihm Handschellen anlegten und ihn schlugen und er keine Gelegenheit gehabt habe, sich zu verteidigen. Die Zeug_innen sind der Ansicht, dass Eduardo Cardet wegen seiner Weltanschauung und seiner Überzeugungen festgenommen wurde. Amnesty International konnte eine Kopie des vom Provinzgericht Holguín erlassenen Berufungsurteils einsehen. Das Urteil macht keine Angaben über die ursprünglichen Gründe für die Festnahme, was vermuten lässt, dass es sich um eine willkürliche Festnahme handelt. Am 17. Mai 2017 bestätigte das Provinzgericht Holguín (Tribunal Provincial Popular de Holguín) im Rechtsmittelverfahren die am 20. März 2017 gegen Eduardo Cardet verhängte dreijährige Haftstrafe.

Die Christliche Befreiungsbewegung (Movimiento Cristiano Liberación – MCL) ist in der Demokratiebewegung Kubas sehr bekannt. Laut der MCL-Website ist sie eine Bewegung für den friedlichen und demokratischen Wandel und für die Achtung der Menschenwürde. Sie wurde 1988 von Oswaldo Payá Sardiñas, der eine bekannte Figur der kubanischen Opposition wurde, und vier weiteren Aktivist_innen gegründet. Amnesty International dokumentiert bereits seit Jahrzehnten Schikanen und Einschüchterungen gegen Mitglieder der MCL. 1991 zerstörten mehr als 200 Menschen das Haus von Oswaldo Payá Sardiñas, nachdem er eine Petition eingereicht hatte, um ein nationales Referendum zur Verfassungsreform durchzuführen. Die Verantwortlichen sollen zur "Schnellen Einsatztruppe" gehört haben. Als Oswaldo Payá Sardiñas seine Absicht verkündete, als Abgeordneter der Gemeinde Cerro in Havanna für die Nationalversammlung zu kandidieren, wurden Mitglieder seiner Organisation Berichten zufolge mehrfach verhört und für kurze Zeit inhaftiert.

Amnesty International darf, wie fast alle unabhängigen internationalen Menschenrechtsbeobachter_innen, nicht auf Kuba tätig sein.

In einem am 16. September 2016 bei ABC International veröffentlichten Interview sagte Eduardo Cardet: "Politische Aktivitäten werden als kriminelle Straftaten hingestellt, um Dissident_innen z.B. wegen 'Anstachelung zu öffentlicher Unruhe' oder 'Missachtung der Behörden' oder anderen mutmaßlichen Ordnungswidrigkeiten einzusperren." (Se disfraza la actividad política con hechos delictivos comunes, por ejemplo, escándalo público, desacato, atentado, figuras que utiliza la policía política para encarcelar a los disidentes).