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Zwei Palästinenserinnen weiter in Haft
Diese Urgent Action ist beendet.

Der chinesische Menschenrechtsverteidiger Zhen Jianghua hinter Gittern auf einer Polizeiwache
© privat
Khitam Saafin, Präsidentin der Frauenorganisation Union of Palestinian Women’s Committees, ist am 1. Oktober aus dem HaSharon-Gefängnis in Israel entlassen worden, nachdem sie ohne vorherige Anklage oder Verfahren drei Monate Verwaltungshaft verbüßt hatte. Die Abgeordnete des palästinensischen Parlaments Khalida Jarrar wird im Rahmen einer sechsmonatigen Verwaltungshaftanordnung weiterhin im HaSharon-Gefängnis festgehalten.
Appell an
Verteidigungsminister
Avigdor Liberman
Ministry of Defence
37 Kaplan Street, Hakirya
Tel Aviv 61909, ISRAEL
Sende eine Kopie an
Minister für Öffentliche Sicherheit
Gilad Erdan
Kiryat Hamemshala
PO Box 18182
Jerusalem 91181
ISRAEL
Fax: (00 972) 2 584 7872
E-Mail: gerdan@knesset.gov.il
Botschaft des Staates Israel
S.E. Herrn Yacov-David Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74-76
14193 Berlin
Fax: 030 – 8904-5555
Amnesty fordert:
- Lassen Sie Khalida Jarrar und alle weiteren gewaltlosen politischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen bitte umgehend und bedingungslos frei, sofern sie nicht umgehend einer international anerkannten Straftat angeklagt werden und ihnen ein faires Gerichtsverfahren gewährt wird.
- Ergreifen Sie bitte sofort Schritte, um die Praxis der Verwaltungshaft abzuschaffen.
Sachlage
Am 1. Oktober wurde Khitam Saafin nach Verbüßung ihrer dreimonatigen Verwaltungshaft aus dem HaSharon-Gefängnis in Israel freigelassen. Laut Angaben von Anwält_innen der palästinensischen Gefangenenrechtsorganisation Addameer, die beide Frauen anwaltlich vertritt, stellte der Kommandeur des israelischen Militärs am 9. Juli ohne Anklage und Gerichtsverhandlung eine dreimonatige Verwaltungshaftanordnung für Khitam Saafin aus. Ein Militärgericht bestätigte die Anordnung am 12. Juli. Die israelischen Behörden beschuldigten Khitam Saafin der Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation. Sie wies diesen Vorwurf jedoch zurück.
Nach ihrer Freilassung sprach Khitam Saafin am 4. Oktober mit Amnesty International und sagte: "Ich bedanke mich bei allen, die sich für mich eingesetzt haben. Und ich bin froh über meine Freilassung, doch gleichzeitig bin ich traurig, dass ich 56 Frauen in israelischen Gefängnissen zurücklassen muss. Sie alle leiden unter schlechten Haftbedingungen, insbesondere diejenigen, die eine medizinische Behandlung benötigen."
Khalida Jarrar, die eine gewählte Abgeordnete ist, wird seit dem 2. Juli im HaSharon-Gefängnis in Israel festgehalten. Für sie wurde am 12. Juli eine sechsmonatige Verwaltungshaftanordnung angeordnet. Ein israelisches Militärgericht bestätigte diese Entscheidung am 18. Juli. Diese Verwaltungshaftanordnung endet am 2. Januar 2018. Eine Verwaltungshaftanordnung darf zwar für maximal sechs Monate ausgestellt werden. Doch da sie beliebig oft erneuert werden kann, ist nicht sichergestellt, dass Khalida Jarrar dann freigelassen wird.
Die Verbringung von Khalida Jarrar in das HaSharon Gefängnis verstößt gegen humanitäres Völkerrecht. Im Vierten Genfer Abkommen ist verbrieft, dass Menschen, die in besetzten Gebieten festgenommen werden, auch dort inhaftiert werden müssen und nicht auf dem Gebiet der Besatzungsmacht. Die israelischen Behörden beschuldigen Khalida Jarrar ebenso wie Khitam Saafin der Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation. Sie weist diesen Vorwurf zurück.
Hintergrundinformation
Beide Frauen waren am 2. Juli während frühmorgendlicher Durchsuchungen ihrer Wohnungen von israelischen Soldat_innen festgenommen worden. Augenzeugenberichten zufolge begann der Einsatz, in dessen Rahmen Khitam Saafin festgenommen wurde, um etwa 3.30 Uhr morgens, als ca. 40-50 bewaffnete israelische Soldat_innen ihr Zuhause in Beitunia, einem Stadtteil von Ramallah im besetzten Westjordanland, durchsuchten. Gegen 4 Uhr desselben Morgens wurde eine ähnliche Durchsuchung durch das israelische Militär bei Khalida Jarrar in Ramallah durchgeführt, um auch sie festzunehmen. Die Soldat_innen konfiszierten während der Durchsuchung ihr Mobiltelefon, ihr Tablet und die Festplatte ihres Computers.
Die 54-jährige Khitam Saafin ist Präsidentin der Union of Palestinian Women’s Committees, einer Organisation die sich im Westjordanland und im Gaza-Streifen für eine gemeinschaftsbasierte wirtschaftliche und soziale Entwicklung von Frauen einsetzt. Als Aktivistin setzt sie sich seit Jahrzehnten vor Ort und in internationalen Foren für die wirtschaftliche, nationale und soziale Befreiung palästinensischer Frauen ein. Khitam Saafin ist in den besetzten palästinensischen Gebieten für ihre Bildungsarbeit bekannt und ein zivilgesellschaftliches Vorbild. Laut Angaben eines Familienangehörigen soll das jüngste Kind von Khitam Saafin, ihr 18-jähriger Sohn, zu einer Befragung durch einen Offizier des israelischen Geheimdienstes zitiert worden sein. Dies geschah, als er im Januar aus Zypern, wo er an der Universität studiert, nach Hause kam. Er wurde zu seinen gesellschaftlichen und politischen Ansichten befragt, sowie zu seinen Aktivitäten und den Aktivitäten seiner Mutter. Derselbe Geheimdienstoffizier, der ihn befragt hatte, war offenbar am 2. Juli auch während der Festnahme seiner Mutter anwesend.
Die 54-jährige Khalida Jarrar ist eine gewählte palästinensische Parlamentarierin und erklärte Kritikerin, sowohl der israelischen Besetzung der palästinensischen Gebiete als auch der Zusammenarbeit der palästinensischen Behörden mit dem israelischen Militär im Sicherheitsbereich. Sie ist Mitglied des Vorstandes der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Addameer und eine starke Fürsprecherin der Rechte palästinensischer Gefangener und ihrer Familien. Khalida Jarrar wird bereits seit Jahrzehnten von den israelischen Behörden drangsaliert und eingeschüchtert. Seit dem Jahr 1998 ist ein Reiseverbot gegen sie verhängt. Im Jahr 2010 wurde das Reiseverbot für einige Tage aufgehoben, damit sie nach Jordanien reisen und sich dort einer medizinischen Untersuchung ihrer schweren chronischen Erkrankung unterziehen konnte. Sie war bis April 2015 noch nie wegen einer Straftat angeklagt worden, dennoch haben die Behörden sie in der Vergangenheit bereits mehrfach zu einer "Gefahr für die Sicherheit" erklärt.
Am 2. April 2015 wurde Khalida Jarrar schon einmal in ihrem Haus in Ramallah im besetzten Westjordanland von Soldat_innen festgenommen und in Verwaltungshaft genommen. Bei einer Anhörung zur Überprüfung ihrer Haftanordnung am 15. April 2015 erhob die Militärstaatsanwaltschaft in zwölf Punkten Anklage gegen die Palästinenserin. Die Anklagepunkte stehen in Verbindung mit einer mutmaßlichen Mitgliedschaft in der verbotenen Volksfront zur Befreiung Palästinas (Popular Front for the Liberation of Palestine – PFLP) sowie mit der mutmaßlichen Anstiftung zur Entführung von israelischen Soldat_innen. Sie weist diese Anschuldigungen vehement von sich und nach Angaben ihrer Rechtsbeistände entbehren diese jeglicher Grundlage. Nach einem unfairen Gerichtsverfahren vor einem israelischen Militärgericht wurde Khalida Jarrar in vier Anklagepunkten schuldig gesprochen, darunter wegen Aufwiegelung. Sie saß 14 Monate ihrer Haft ab und wurde im Juni 2016 wieder freigelassen. Zudem wurde eine zehnmonatige Haftstrafe, gegen sie verhängt, die für fünf Jahre ausgesetzt wurde.
Israel setzt die Verwaltungshaft großflächig gegen Palästinenser_innen ein, was zu großen Hungerstreiks von palästinensischen Gefangenen geführt hat. Sie protestierten so gegen ihre Situation und dagegen, dass sie ohne Anklage festgehalten werden. Die Praxis der Verwaltungshaft wurde vorgeblich als Sondermaßnahme zur Inhaftierung von Personen eingeführt, die eine große und unmittelbare Gefahr für die Sicherheit darstellen. Israel setzt diese Form der Haft jedoch als Alternative zum Strafjustizsystem ein, um Personen festzunehmen, anzuklagen und vor Gericht zu stellen, denen Straftaten vorgeworfen werden. Verwaltungshaftanordnungen werden zudem gegen Personen eingesetzt, für deren Festnahme keinerlei Gründe vorliegen. Die Haftanordnungen können beliebig oft verlängert werden. Amnesty International ist der Ansicht, dass einige der Palästinenser_innen, die unter israelischer Verwaltungshaft stehen, gewaltlose politische Gefangene sind, die sich nur deshalb in Haft befinden, weil sie friedlich ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit wahrgenommen haben.
Im August 2017 befanden sich laut der israelischen Menschenrechtsorganisation HaMoked 477 Personen in Israel ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Verwaltungshaft.