Iran: Drohende Hinrichtungen in Verbindung mit Protesten

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Vor dem Brandenburger Tor in Berlin demonstrieren Menschen, sie halten ein Plakat hoch auf dem geschrieben steht "Stop Executions Iran".

Protestplakat während einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor (15.10.2022, Berlin)

Im Iran wurden mindestens sieben Menschen in Verbindung mit den landesweiten Protesten zum Tode verurteilt, während vielen weiteren die Todesstrafe droht. Die Behörden haben ihr Recht auf faire Gerichtsverfahren verletzt und viele von ihnen u. a. mit Schlägen, Elektroschocks, Morddrohungen und sexualisierter Gewalt gefoltert und anderweitig misshandelt. Seit Ende April häufen sich die Hinrichtungen. Am 19. Mai exekutierten die Behörden in Isfahan willkürlich auch drei Männer, deren Todesurteile in Verbindung mit den Protesten standen.

Bitte beachten: Allen Personen mit persönlichen Beziehungen in den Iran raten wir, eine Teilnahme zu prüfen. Dieses Schreiben wird mit deinem Vor- und Nachnamen und Mail-Adresse an den Adressaten im Land gesandt.

Setzt euch für die zum Tode Verurteilten im Iran ein!

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Dein Appell

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Sehr geehrter Herr Ejei,

Dutzende Menschen sind im Iran im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten von der Todesstrafe bedroht, nachdem ihnen in grob unfairen Gerichtsverfahren unter anderem wegen "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) und "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz) der Prozess gemacht wurde. Am 19. Mai richteten die Behörden willkürlich Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi und Saeed Yaghoubi hin. Die Männer waren in einem Verfahren schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden, das sich auf durch Folter erzwungene "Geständnisse" stützte und in keiner Weise den Anforderungen an faire Gerichtsverfahren gerecht wurde. Mindestens sieben Menschen befinden sich derzeit im Todestrakt und sind in großer Gefahr, hingerichtet zu werden. Dabei handelt es sich um Ebrahim Narouie, Kambiz Kharout, Manouchehr Mehman Navaz, Mansour Dahmardeh, Mohammad Ghobadlou, Mojahed (Abbas) Kourkour und Shoeib Mir Baluchzehi Rigi. Bei mindestens vier weiteren Personen – Mahan Sadrat (Sedarat) Madani, Mansour Hout, Mohammad Boroughani, Nezamoldin Hout – stehen Neuverhandlungen an, nachdem ihre Schuldsprüche und Todesurteile vom Obersten Gerichtshof aufgehoben und ihre Fälle an vorinstanzliche Gerichte zurückverwiesen worden waren. Amnesty International sind mindestens drei weitere Personen bekannt, die wegen Straftaten vor Gericht gestellt wurden, die mit der Todesstrafe geahndet werden. Zu ihnen zählen Saeed Shirazi, Abolfazl Mehri Hossein Hajilou und Mohsen Rezazadeh Gharegholou. Gegen Dutzende weitere Personen wird wegen Kapitalverbrechen im Zusammenhang mit den Protesten ermittelt.

Bitte heben Sie umgehend alle Schuldsprüche und Todesurteile auf, die in Verbindung mit den Protesten ausgesprochen wurden. Sehen Sie bitte von weiteren Todesurteilen ab und sorgen Sie dafür, dass alle Personen, die einer als Straftat anerkannten Handlung angeklagt sind, Verfahren erhalten, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und in denen nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird. Bitte lassen Sie alle Inhaftierten frei, die nur wegen der friedlichen Wahrnehmung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind.

Sorgen Sie dafür, dass die Inhaftierten Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen ihrer Wahl erhalten und vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt sind. Stellen Sie sicher, dass Foltervorwürfe untersucht und die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden. Bitte stellen Sie sicher, dass unabhängige Beobachter*innen Zugang zu den Verfahren mit möglichen Todesurteilen im Zusammenhang mit den Protesten erhalten.

Verhängen Sie bitte umgehend ein offizielles Hinrichtungsmoratorium mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen.

Mit freundlichen Grüßen

Dear Mr Gholamhossein Mohseni Ejei,

I am gravely concerned that dozens of people are at risk of the death penalty following grossly unfair trials involving charges of "enmity against God" (moharebeh) and "corruption on earth" (efsad-e fel arz) in connection with the nationwide protests. On 19 May, authorities arbitrarily executed Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi and Saeed Yaghoubi, who were unjustly convicted and sentenced to death in a trial that relied on torture-tainted "confessions" and which bore no resemblance to meaningful judicial proceedings. At least seven are currently under the sentence of death and at grave risk of execution. They are Ebrahim Narouie, Kambiz Kharout, Manouchehr Mehman Navaz, Mansour Dahmardeh, Mohammad Ghobadlou, Mojahed (Abbas) Kourkour and Shoeib Mir Baluchzehi Rigi. At least four others –Mahan Sadrat (Sedarat) Madani, Mansour Hout, Mohammad Boroughani, Nezamoldin Hout – are facing retrials on capital charges after their convictions and death sentences were quashed by the Supreme Court and their cases returned to lower courts. Amnesty International is aware of at least three others – Saeed Shirazi, Abolfazl Mehri Hossein Hajilou, and Mohsen Rezazadeh Gharegholou – who have undergone trial on charges that carry the death penalty. Dozens of others are being investigated for capital crimes brought in relation to the protests.

I urge you to immediately quash all convictions and death sentences stemming from the protests, refrain from seeking further death sentences, and ensure that anyone charged with a recognizable criminal offence is tried in proceedings meeting international fair trial standards without recourse to the death penalty. I call for the release of all those detained for peacefully exercising their human rights. I urge you to provide those detained access to their families and lawyers of their own choosing, protect them from torture and other ill-treatment and investigate torture allegations, bringing anyone found responsible to justice in fair trials. Finally, grant independent observers access to capital trials and those on death row connected to protests and, more broadly, immediately establish an official moratorium on executions with a view of abolishing the death penalty.

Yours sincerely,

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Appell an

Oberste Justizautorität
Gholamhossein Mohseni Ejei

c/o Embassy of Iran to the European Union
Avenue Franklin Roosevelt No. 15

1050 Bruxelles, BELGIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Islamischen Republik Iran
S.E. Herrn Mahmoud Farazandeh
Podbielskiallee 67
14195 Berlin

Fax: 030–83 222 91 33
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Amnesty fordert:

  • Bitte heben Sie umgehend alle Schuldsprüche und Todesurteile auf, die in Verbindung mit den Protesten ausgesprochen wurden. Sehen Sie bitte von weiteren Todesurteilen ab und sorgen Sie dafür, dass alle Personen, die einer als Straftat anerkannten Handlung angeklagt sind, Verfahren erhalten, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und in denen nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird. Bitte lassen Sie alle Inhaftierten frei, die nur wegen der friedlichen Wahrnehmung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind.
  • Sorgen Sie dafür, dass die Inhaftierten Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen ihrer Wahl erhalten und vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt sind. Stellen Sie sicher, dass Foltervorwürfe untersucht und die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden. Bitte stellen Sie sicher, dass unabhängige Beobachter*innen Zugang zu den Verfahren mit möglichen Todesurteilen im Zusammenhang mit den Protesten erhalten.
  • Verhängen Sie bitte umgehend ein offizielles Hinrichtungsmoratorium mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen.

Sachlage

Dutzende Menschen sind im Iran im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten von der Todesstrafe bedroht, nachdem ihnen in grob unfairen Gerichtsverfahren unter anderem wegen "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) und "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz) der Prozess gemacht wurde. Am 19. Mai richteten die Behörden willkürlich Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi und Saeed Yaghoubi hin. Die Männer waren in einem Verfahren schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden, das sich auf durch Folter erzwungene "Geständnisse" stützte und in keiner Weise den Anforderungen an faire Gerichtsverfahren gerecht wurde. Mindestens sieben Menschen befinden sich derzeit im Todestrakt und sind in großer Gefahr, hingerichtet zu werden. Dabei handelt es sich um Ebrahim Narouie, Kambiz Kharout, Manouchehr Mehman Navaz, Mansour Dahmardeh, Mohammad Ghobadlou, Mojahed (Abbas) Kourkour und Shoeib Mir Baluchzehi Rigi. Bei mindestens vier weiteren Personen – Mahan Sadrat (Sedarat) Madani, Mansour Hout, Mohammad Boroughani, Nezamoldin Hout – stehen Neuverhandlungen an, nachdem ihre Schuldsprüche und Todesurteile vom Obersten Gerichtshof aufgehoben und ihre Fälle an vorinstanzliche Gerichte zurückverwiesen worden waren. Amnesty International sind mindestens drei weitere Personen bekannt, die wegen Straftaten vor Gericht gestellt wurden, die mit der Todesstrafe geahndet werden. Zu ihnen zählen Saeed Shirazi, Abolfazl Mehri Hossein Hajilou und Mohsen Rezazadeh Gharegholou. Gegen Dutzende weitere Personen wird wegen Kapitalverbrechen im Zusammenhang mit den Protesten ermittelt.

Die Verfahren der genannten Personen vor Revolutionsgerichten und/oder Strafgerichten überall im Land entsprachen bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Dabei wurden unter anderem folgende Rechte verletzt: das Recht der Angeklagten auf eine angemessene Verteidigung und Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl, das Recht auf Unschuldsvermutung, das Recht zu schweigen, das Recht auf wirkungsvolle Anfechtung der Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung und das Recht auf eine faire, öffentliche Verhandlung. Amnesty International hat dokumentiert, dass neun der oben genannten Personen gefoltert und auf andere Weise misshandelt wurden, z. B. durch Schläge, Auspeitschung, Elektroschocks, Aufhängen an den Füßen, sexualisierte Gewalt und das Vorenthalten von Gesundheitsversorgung. Die so erzwungenen "Geständnisse" wurden als Beweise und als Grundlage für Schuldsprüche verwendet, außerdem strahlten sie die staatlichen Medien im Fall mehrerer Angeklagter bereits vor Prozessbeginn aus.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Prozesse gegen Personen, die wegen Kapitalverbrechen im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten angeklagt sind, haben mit fairen Gerichtsverfahren nichts zu tun. Die Behörden ziehen dabei unter Verstoß gegen das Völkerrecht und internationale Standards unter Folter erzwungene "Geständnisse" und andere Beweismaterialien heran, um Anklage zu erheben und Schuldsprüche zu verhängen. Während der Ermittlungsphase hatten die Angeklagten keinen Zugang zu ihren Rechtsbeiständen. Die Behörden verweigerten unabhängigen Rechtsbeiständen zudem den Zutritt zu Anhörungen und den Zugang zu den Fallakten ihrer Mandanten. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung wurde ebenfalls wiederholt verletzt, da die staatlichen Medien die erzwungenen "Geständnisse" mehrerer Personen bereits vor dem Gerichtsverfahren ausstrahlten. Zudem führen die Behörden Gerichtsverfahren, in denen Kapitalverbrechen verhandelt werden, im Eilverfahren durch. Mehrere Personen wurden schon nach wenigen Tagen schuldig gesprochen. Diese Verfahren fanden im ganzen Land statt. Mohammad Boroughani und Mahand Sadrat (Sedarat) Madani standen in der Provinz Alborz vor Gericht; Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi und Saeed Yaghoubi in der Provinz Isfahan; Mojahed (Abbas) Kourkour in der Provinz Chuzestan; Ebrahim Narouie, Mansour Dahmardeh, Kambiz Kharout, Shoeib Mir Baluchzehi Rigi, Mansour Hout und Nezamoldin Hout in der Provinz Sistan und Belutschistan; und Manouchehr Mehman Navaz, Mohammad Ghobadlou, Saeed Shirazi, Abolfazl Mehri Hossein Hajilou und Mohsen Rezazadeh Gharegholou in der Provinz Teheran. Mindestens vier Personen wurden wegen Straftaten wie Vandalismus, tätlichen Angriffs und Brandstiftung zum Tode verurteilt, obwohl die Verhängung der Todesstrafe nach internationalem Recht nur für Straftaten gestattet ist, die eine vorsätzliche Tötung beinhalten.

Hintergrundinformationen – Fortsetzung (Auf English)

Amnesty International has documented the torture and other ill-treatment of six individuals under sentence of death to extract forced "confessions", namely Ebrahim Narouie, Kambiz Kharout, Mansour Dahmardeh, Mohammad Ghobadlou, Mojahed (Abbas) Kourkour and Shoeib Mir Baluchzehi Rigi. According to informed sources, interrogators subjected Ebrahim Narouie, who was convicted of "corruption on earth" (efsad-e fel arz) in late 2022, to torture and other ill-treatment, including through sticking needles into his genitals, to compel him to make forced "confessions" in writing and in front of a video camera. An informed source also told Amnesty International that the authorities repeatedly beat Mohammad Ghobadlou, whose conviction for "corruption on earth" and death sentence was upheld by the Supreme Court in December 2022, and withheld his bipolar medication. A forensic report confirms that while in custody, he sustained bruising and injuries.

To date, the authorities have arbitrarily executed seven people in connection with the protests after grossly unfair trials marred by torture allegations. On 19 May 2023, Iranian authorities executed Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi and Saeed Yaghoubi, who were put on trial in December 2022 and January 2023 and sentenced to death on the vaguely worded and overly broad charge of "enmity against God" (moharebeh). The authorities imposed the charge based on unfounded allegations stemming from torture-tainted "confessions" that the men used firearms in an incident during protests during which three members of the security forces died. However, they did not charge them or convict them of murder for these deaths. On 10 May, the authorities announced that their convictions and sentences had been upheld by the Supreme Court despite due process violations, significant procedural flaws, lack of evidence, and torture allegations that were never investigated. Amnesty International obtained information that the three were subjected to torture while forcibly disappeared and forced to make incriminating statements. Interrogators suspended Majid Kazemi upside down and showed him a video of them torturing his brother and repeatedly subjected him to mock executions.

Since the beginning of the popular uprising in September 2022, the authorities have arrested and indicted thousands of people, raising concerns about the imposition of the death penalty on more individuals. In addition to the aforementioned individuals, Amnesty International has confirmed the names of at least 16 others – Toomaj Salehi, Farzad (Farzin) Tahazadeh, Farhad Tahazadeh, Karwan Shahiparvaneh, Reza Eslamdoost, Shahram Marouf-Moula, Pouria Javaheri, Heshmatollah Tabarzad, Bahman Bahmani, Mohsen Ahmadpour, Behrouz Salahshour, Rasul Badaghi, Vahid Abbasi, Reza Arabpour, Sadegh Ghasemi and Ismail Mousavi Nazari – who are in detention and are accused of, charged with or indicted on capital offences.

Since late April 2023, the Iranian authorities have embarked on an alarming execution spree of scores of people, intensifying their use the death penalty as a tool of repression in an attempt to instil fear into the population and crush ongoing acts of resistance against the authorities and establishment.