Irak: Siebenjährige Haftstrafe bestätigt

Das Bild zeigt ein Foto eines jungen Mannes, der bedient eine Filmkamera

Der Journalist Qahraman Shukri wurde im Januar 2021 von Sicherheitskräften der Autonomen Region Kurdistan im Irak festgenommen und später zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Die Sicherheitskräfte der irakischen Region Kurdistan nahmen Qahraman Shukri am 27. Januar 2021 fest. Am 23. Juni 2021 verurteilte ihn das Strafgericht Duhok in einem grob unfairen Geheimprozess zu sieben Jahren Haft. Vor seiner Festnahme hatte sich Qahraman Shukri in seiner journalistischen Arbeit kritisch über den Umgang der kurdischen Behörden mit den türkischen Luftangriffen in der irakischen Region Kurdistan geäußert. Der Kassationsgerichtshof bestätigte im Oktober 2023 die siebenjährige Haftstrafe. Die strafrechtliche Verfolgung von Qahraman Shukri steht im Zusammenhang mit einem breiteren scharfen Vorgehen der kurdischen Behörden gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Appell an

Vertretung der Regionalregierung Kurdistan-Irak in Deutschland
Herrn Dilshad Mustafa Barzani
Postfach 150 101
10633 Berlin

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Vertretung der Regionalregierung Kurdistan-Irak 
in Deutschland
Herrn Dilshad Mustafa Barzani
Postfach 150 101, 10633 Berlin
Fax: 030 – 2888 495-29
E-Mail: germany@gov.krd

Amnesty fordert:

  • Lassen Sie Qahraman Shukri bitte umgehend frei, achten Sie das Recht auf freie Meinungsäußerung und sorgen Sie dafür, dass Journalist*innen ihre Arbeit ohne Furcht vor willkürlicher Festnahme, Strafverfolgung oder Inhaftierung ausüben können. 

Sachlage

Die Strafverfolgung des Journalisten Qahraman Shukri begann im Jahr 2021. Er wurde im Januar festgenommen und im Juni 2021 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Der Kassationsgerichtshof bestätigte das Urteil gegen Qahraman Shukri am 12. Oktober 2023 auf der Grundlage der Geständnisse, die seinen Angaben zufolge erzwungen wurden.

Nach Angaben der Familie von Qahraman Shukri führten die Asayish, der wichtigste Sicherheits- und Nachrichtendienst der Regierung der irakischen Region Kurdistan, am 27. Januar 2021 eine Razzia im Haus der Familie von Qahraman Shukri im Gouvernement Duhok durch. Nachdem sie die Haustür eingetreten hatten, zerrten die Asayish Qahraman Shukri aus seinem Bett und nahmen ihn in Gewahrsam. Vier Monate lang war verschwunden, bis seine Familie einen Anruf von den Asayish erhielt, der sie darüber informierte, dass er im Zerka-Gefängnis in Duhok inhaftiert sei. Als seine Familie ihn im Mai 2021 zum ersten Mal besuchte, erzählte Qahraman Shukri, dass die Sicherheitskräfte ihn geschlagen hätten und dass er Verbrechen, die er nicht begangen hatte, gestanden habe, weil er Angst hatte und die Schläge beenden wollte. Für die Dauer des Verhörs und der Ermittlungen wurde ihm kein Rechtsbeistand gewährt.

Die Familie von Qahraman Shukri wusste nichts von dem ersten Prozess, bis er ihnen bei einem Besuch im Gefängnis davon berichtete. Das Strafgericht Duhok verurteilte ihn wegen Mitgliedschaft und Spionage für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), eine Organisation, die sich im Konflikt mit der Türkei befindet und Stützpunkte in den nördlichen Gebieten der irakischen Region Kurdistan unterhält. Das Gericht befand ihn auch des Austauschs von Material mit dieser Organisation für schuldig. Qahraman Shukri erhielt zwar einen Rechtsbeistand für die Verhandlung vor dem Strafgericht Duhok, durfte diesen aber nicht selbst auswählen. Zudem gewährten ihm die Behörden weder ausreichend Zeit noch Möglichkeiten zur Vorbereitung einer Verteidigung. Qahraman Shukri erzählte seinem Bruder, er habe von dem Gerichtsverfahren nichts gewusst, bis er plötzlich in einem Sicherheitsfahrzeug zum Strafgericht in Duhok gebracht wurde.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International hat eine Kopie der Gerichtsunterlagen des Prozesses gegen Qahraman Shukri vom 23. Juni 2021 sowie das Urteil des Kassationsgerichts vom 12. Oktober 2023 eingesehen. Der Journalist wurde für schuldig befunden, "einer nicht zugelassenen Organisation in der Region [Kurdistan] beigetreten zu sein, mit ihr zu kooperieren und zu ihren Gunsten die Sicherheits- und Parteiapparate, die Peshmerga-Kräfte [Streitkräfte der Regierung der irakischen Region Kurdistan] und die internen Sicherheitskräfte auszuspionieren" sowie "Tonaufnahmen von Beamten in der Region an Mitglieder der Organisation sowie an Elemente, die die Organisation unterstützen, zu übermitteln und Bilder und Videoclips von Standorten der Peshmerga und der Sicherheitsdienste aufzunehmen und an die verbotene Organisation zu senden".

Qahraman Shukri wurde wegen Verstoßes gegen das vom Parlament der Region Kurdistan erlassene Gesetz Nr. 21 aus dem Jahr 2003 verurteilt, in dem es heißt: "Wer in irgendeiner Weise vorsätzlich eine Handlung begeht, die die Sicherheit, Stabilität und Souveränität der Institutionen der irakischen Region Kurdistan beeinträchtigt und die beabsichtigte Wirkung erzielt, wird mit lebenslanger oder zeitlich begrenzter Haft bestraft." Vor seiner Festnahme hatte er in seiner Arbeit die Untätigkeit der Behörden der irakischen Region Kurdistan (KR-I) in Bezug auf die türkischen Angriffe auf das KR-I-Gebiet kritisiert.

Amnesty International hat einen Trend zur Unterdrückung durch die kurdische Regionalregierung und Verletzungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung dokumentiert, so werden Journalist*innen aufgrund fadenscheiniger Anschuldigungen inhaftiert und strafrechtlich verfolgt und in unfairen Verfahren verurteilt. Einen Monat nach Qahraman Shukris Festnahme verurteilte das Strafgericht von Erbil am 16. Februar 2021 fünf weitere Journalist*innen und Aktivist*innen mithilfe ähnlicher Anklagen in einem grob unfairen Verfahren zu sechs Jahren Haft. Die Anklagen lauteten unter anderem auf "Spionage für ausländische Akteure, Weitergabe von sensiblen Informationen an die Kurdische Arbeiterpartei PKK, Gefährdung des Lebens hochrangiger Behördenvertreter der Region Kurdistan und ausländischer Staatsbediensteter durch das Sammeln von Informationen über sie, sowie das Zusammentragen von Waffen mit der Absicht, diese an eine nicht identifizierte bewaffnete Gruppe zu liefern." Amnesty International liegt eine Abschrift des Urteils vor, in dem auch steht, dass alle fünf Männer auf der Grundlage von Paragraf 1 des Gesetzes Nr. 21/2003 des Parlaments der irakischen Region Kurdistan zu Haftstrafen verurteilt wurden.

Der Prozess der fünf Aktivist*innen und Journalist*innen im Jahr 2021 war ebenfalls durch schwerwiegende Verstöße gegen das Recht auf ein faires Verfahren gekennzeichnet. So erhoben die Angeklagten Foltervorwürfe, denen nicht nachgegangen wurde, und es wurden durch Folter erzwungene "Geständnisse" vor Gericht eingebracht. Den Rechtsbeiständen wurde zudem der rechtzeitige Zugang zu den Prozessakten verweigert. Am 2. März 2022 reduzierte Präsident Nêçîrvan Barzanî die Haftstrafen der fünf Aktivist*innen und Journalist*innen. Die Haftstrafe von Qahraman Shukri wurde dabei nicht verringert. Drei der fünf Inhaftierten wurden im März 2023 freigelassen. Im Fall von zwei weiteren Journalisten erhob die Staatsanwaltschaft zusätzliche konstruierte Anklagen, als der Zeitpunkt ihrer Entlassung unmittelbar bevorstand, um sie nicht freizulassen. Ein Journalist wurden inzwischen wieder freigelassen. Vor ihrer Festnahme widmeten sie sich in ihrer journalistischen Arbeit den Themen Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Korruption in der irakischen Region Kurdistan.