Zhang Zhan sofort freilassen!

Eine junge chinesiche Frau mit schulterlangem Haar und einer drahtigen, rundenBrille schaut ernst in die Kamera.Im Hintergrund ein Büro.

Die chinesische Bürgerjournalistin Zhang Zhan (undatiertes Foto)

Die inhaftierte Bürgerjournalistin Zhang Zhan schwebt nach einem eingeschränkten Hungerstreik in Lebensgefahr. Ihre Familie rechnet nicht damit, dass sie den Winter überlebt, wenn sie nicht aus medizinischen Gründen freigelassen wird. Am 15. November reichten ihre Angehörigen ein entsprechendes Gesuch ein, doch die Antwort des Frauengefängnisses von Shanghai steht noch aus. Genauso erfolglos blieben bisher die von ihren Rechtsbeiständen und Angehörigen eingereichten Besuchsanträge. Die chinesischen Behörden müssen dem Antrag auf Freilassung aus medizinischen Gründen stattgeben.

Appell an

Zhang Bencai

Chief Procurator of Shanghai People’s Procuratorate

No 648, Jianguo West Road

Xuhui Qu,
Shanghai City, 200030

VOLKSREPUBLIK CHINA

Sende eine Kopie an

Botschaft der Volksrepublik China

S. E. Herrn Ken Wu

Märkisches Ufer 54

10179 Berlin


Fax: 030-27 58 82 21


E-Mail:
presse.botschaftchina@gmail.com

Amnesty fordert:

Sachlage

Die Situation von Zhang Zhan (张展) spitzt sich weiter zu. Aus Protest gegen ihre Inhaftierung befindet sie sich in einem eingeschränkten Hungerstreik und ihr Gesundheitszustand hat sich in den vergangenen Monaten dramatisch verschlechtert. Als gewaltlose politische Gefangene, die nur deshalb inhaftiert ist, weil sie friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat, muss Zhang Zhan sofort und bedingungslos freigelassen werden. Die Bürgerjournalistin war eine der wenigen chinesischen Journalist:innen, die Anfang 2020 im zentralchinesischen Wuhan war und kurz nach Beginn der Corona-Pandemie ohne staatliche Vorgaben über das Krisenmanagement der Behörden berichtet hatte.

Die Familie von Zhang Zhan rechnet aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands nicht damit, dass sie den Winter überlebt, wenn sie nicht sofort aus medizinischen Gründen freigelassen wird. Am 15. November reichten ihre Angehörigen einen Antrag auf Freilassung aus medizinischen Gründen ein, doch die Antwort des Frauengefängnisses von Shanghai steht noch aus. Der Antrag wurde gemäß den Kriterien gestellt, die in der Bekanntmachung des Obersten Volksgerichts, der Obersten Volksstaatsanwaltschaft, des Ministeriums für öffentliche Sicherheit und anderen Ministerien zu den Bestimmungen über eine vorübergehende Verbüßung von Haftstrafen außerhalb von Gefängnissen (最高人民法院、最高人民检察院、公安部等关于印发《暂予监外执行规定》的通知) festgelegt sind. Diesen Bestimmungen zufolge können Gefangene ihre Freilassung aus medizinischen Gründen beantragen, wenn sie sich in einem kritischen Gesundheitszustand befinden.

Zhang Zhan hat nach wie vor keinen regelmäßigen Zugang zu ihren Familienangehörigen und Rechtsbeiständen. Damit sind die Möglichkeiten, ihren Gesundheitszustand und ihr Wohlergehen zu überprüfen, massiv eingeschränkt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die ehemalige Anwältin Zhang Zhan ist eine Bürgerjournalistin und äußert sich zu politischen und menschenrechtlichen Belangen in China. Im Februar 2020 reiste sie nach Wuhan, damals das Zentrum des Covid-19-Ausbruchs in China. Sie berichtete auf Online-Plattformen wie WeChat, Twitter und YouTube über die Inhaftierung unabhängiger Reporter:innen und die Schikane gegen Familienangehörige von Betroffenen. Zhang Zhan verschwand am 14. Mai 2020 in Wuhan. Später wurde bekannt, dass sie mehr als 640 km entfernt bei der Polizei in Shanghai inhaftiert war.

Zhang Zhan durfte am 14. Oktober vier Minuten und neun Sekunden lang ein Videotelefonat mit ihrer Familie führen, bevor das Gespräch von den Behörden unterbrochen wurde. Die vorgesehene Gesprächsdauer beträgt fünf Minuten. Ihre Angehörigen berichteten, dass sie massiv abgenommen habe, aber weiterhin entschlossen sei, den Teil-Hungerstreik fortzuführen. Am 29. Oktober konnte Zhang Zhan erneut per Videoanruf mit ihrer Familie sprechen. Anschließend hieß es, dass sich ihr Zustand weiter verschlechtert habe. Sie fühlt sich sehr schwach und hat weder die Kraft zu gehen noch den Kopf zu heben. Außerdem ist ihre Haut gelblich verfärbt, was auf einen lebensbedrohlichen Zustand hindeutet.

Seitdem der kritische Gesundheitszustand von Zhang Zhan bekannt wurde, haben sich viele Organisationen und Staaten für sie eingesetzt und die chinesischen Behörden dazu aufgefordert, die Journalistin freizulassen. Dazu gehören auch die EU und die USA. Amnesty International veröffentlichte im September 2021 gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen eine Erklärung, in der die beiden Organisationen ihre Forderung an China, Zhang Zhan freizulassen, bekräftigten.

Zhang Zhan trat im Juni 2020 in den Hungerstreik, um gegen ihre Inhaftierung zu protestieren und ihre Unschuld zu beteuern. Obwohl sie die Absicht hatte, den Hungerstreik fortzusetzen, sollen Gefängnisbeamt:innen ihr gegen ihren Willen über einen Schlauch Nahrung verabreicht haben. An der Zwangsernährung sollen auch ihre Mithäftlinge beteiligt gewesen sein. Ihr Rechtsbeistand berichtete bereits damals, dass sie körperlich sehr schwach sei, an Magenschmerzen und Schwindel leide und kaum gehen könne. Zhang Zhan musste Berichten zufolge als Strafe für ihren Hungerstreik mehr als drei Monate lang Tag und Nacht Hand- und Fußfesseln tragen.

Am 28. Dezember 2020 wurde Zhang Zhan vor dem Volksgericht des Bezirks Pudong in Shanghai zu vier Jahren Haft verurteilt. Ihr wird aufgrund ihrer Berichterstattung über Covid-19 vorgeworfen, "Streit angefangen und Ärger provoziert zu haben" (寻衅滋事罪). Im April 2021 erhielt ihre Familie die Information, dass sie in das Frauengefängnis in Shanghai verlegt worden sei. Seit der Verlegung in das Gefängnis führt Zhang Zhan ihren Hungerstreik eingeschränkt weiter, indem sie nur leichte Nahrungsmittel wie Kekse oder Mantou (kleine, gedämpfte Brötchen) isst.