Asylsuchende weiter in Gefahr

Proteste in Sydney gegen die Inhaftierung von Asylsuchenden außerhalb der Landesgrenzen

Die australische Praxis der Inhaftierung außerhalb der Landesgrenzen auf der Insel Manus in Papua-Neuguinea kommt der systematischen Misshandlung hunderter Menschen gleich. Fortwährende Berichte über gewalttätige Übergriffe und der Tod eines iranischen Asylsuchenden zeigen das große Leid, das die australische Verfahrensweise verursacht.

Appell an

Minister für Einwanderung und Staatsbürgerschaft

Mr Peter Dutton

PO Box 6022

House of Representatives, Parliament House

Canberra ACT 2600

AUSTRALIEN



Sende eine Kopie an

Botschaft von Australien

Frau Lynette Margaret Wood

Wallstraße 76 – 79

10179 Berlin

Fax: 030 880 088 210

Amnesty fordert:

  • Stellen Sie sicher, dass alle Flüchtlinge und Asylsuchenden vor weiteren Übergriffen auf der Insel Manus geschützt sind.
  • Bringen Sie alle Asylsuchenden und Flüchtlinge unverzüglich nach Australien und stellen Sie sicher, dass alle, denen der Flüchtlingsstatus zusteht, das Recht haben, sich in Australien oder Drittstaaten niederzulassen.
  • Stellen Sie alle politischen Maßnahmen auf der Insel Manus ein, die geflüchtete Menschen weiteren Gefahren aussetzen, wie beispielsweise die Verbringung in das Transitzentrum im Osten der Stadt Lorengau oder in die örtliche Gemeinde.
  • Stellen Sie eine angemessene gesundheitliche Versorgung für alle Flüchtlinge und Asylsuchenden, die Verletzungen oder Traumata haben, sicher.
  • Dringen Sie bei den papua-neuguineischen Behörden darauf, umgehend eine unabhängige, unparteiische und wirksame Untersuchung der Übergriffe und des Todes von Hamed Shamshiripour und weiterer Flüchtlinge auf der Insel Manus einzuleiten.

Sachlage

Hunderte Flüchtlinge und Asylsuchende sitzen momentan auf der Insel Manus fest, wo sie gewalttätigen Übergriffen und Misshandlungen durch einige Akteure vor Ort ausgesetzt sind. Die Flüchtlinge wurden von der australischen Regierung nach Papua-Neuguinea gebracht, nachdem sie in Australien Zuflucht gesucht hatten. Viele sitzen bereits seit mehreren Jahren auf der Insel fest. Australiens bewusst missbräuchliches System trägt zu den schweren psychischen Problemen und der akuten Notlage der Flüchtlinge und Asylsuchenden bei.

Einige Anwohner_innen sowie Angehörige der Polizei und der Streitkräfte setzen die Flüchtlinge immer wieder körperlichen Angriffen und Beschimpfungen aus. Dies hat bei den Flüchtlingen zu einem Gefühl großer Verwundbarkeit geführt und viele halten es für unmöglich, Papua-Neuguinea zu verlassen, es sei denn sie würden in die Länder zurückgehen, aus denen sie ursprünglich geflohen sind. Amnesty International hat zahlreiche Fälle von gewalttätigen Übergriffen dokumentiert, darunter einen am 14. April als papua-neuguineische Soldat_innen mehrmals auf die Hafteinrichtung für Flüchtlinge auf Manus schossen. Im Laufe der vergangenen Wochen hat sich die Lage weiter verschlechtert, es gab zahlreiche Berichte über Angriffe auf Flüchtlinge und Asylsuchende durch einige Ortsansässige. Berichten zufolge führten diese Übergriffe zu schweren Verletzungen, die stationär im Krankenhaus behandelt werden mussten.

Die jüngsten Angriffe fanden statt, während die australische und die papua-neuguineische Regierung bereits versuchten, diese Hafteinrichtung auf Manus zu schließen und die Flüchtlinge in eine andere Einrichtung, nämlich das Transitzentrum in Lorengau, zu bringen. In dieser zunehmend angespannten Situation wurde am 7. August die Leiche des 31-jährigen Asylsuchenden Hamed Shamshiripour in einem Wald nahe dem Transitzentrum Lorengau gefunden. Die Todesumstände sind nicht bekannt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im August 2012 führte Australien die Praxis der Inhaftierung außerhalb der Landesgrenzen ein. Seitdem werden alle Menschen, die über den Seeweg Außengebiete des australischen Hoheitsgebiets erreichen, in Einrichtungen für Asylverfahren in dem kleinen Inselstaat Nauru oder Papua-Neuguinea inhaftiert. Mitte des Jahres 2013 erließ Australien weitere Gesetze, die zur Folge haben, dass jeder Mensch der über den Seeweg australisches Hoheitsgebiet erreicht, dort kein Asyl beantragen kann. Die australische Regierung machte geltend, dass diese Regelung Schlepper_innen abschrecken und Menschen schützen würde, die sonst vielleicht die gefährliche Seereise nach Australien auf sich genommen hätten. Die Regierung gesteht bisher nicht öffentlich ein, dass diese Regelung die Betroffenen bestraft und bereits tausende Männer, Frauen und Kinder systematischen Menschenrechtsverletzungen auf Manus in Papua-Neuguinea und auf Nauru aussetzt.

Asylsuchende und Flüchtlinge werden aufgrund eines bilateralen Abkommens zwischen Australien und Papua-Neuguinea auf die Insel Manus geschickt. Fast 800 Flüchtlinge und Asylsuchende befinden sich zurzeit in Papua-Neuguinea. Auf der Insel Manus gibt es zwei Einrichtungen: Ein Transitzentrum, das sich in der Stadt Lorengau befindet, und eine Hafteinrichtung auf dem Marinestützpunkt Lombrum.

Am 26. April 2016 entschied der Oberste Gerichtshof von Papua-Neuguinea, dass die Verbringung und Inhaftierung von Asylsuchenden auf die Insel Manus rechtswidrig ist und gegen das Recht auf persönliche Freiheit verstößt, welches in der Verfassung von Papua-Neuguinea verbrieft ist. Dies führte dazu, dass der australische Minister für Einwanderung ankündigte, die Hafteinrichtung auf Manus zu schließen. Die dort festgehaltenen Menschen wolle er jedoch nicht nach Australien bringen.

Es heißt, das Transitzentrum in Lorengau sei gebaut worden, um 300-400 Menschen dort unterzubringen. Zurzeit befinden sich jedoch fast 800 Menschen in der Hafteinrichtung, die nun geschlossen werden soll. Die Verbringung der Menschen nach Lorengau würde zu einer gefährlichen Überbelegung führen. Darüber hinaus wären die Asylsuchenden im Transitzentrum in Lorengau näher an der lokalen Bevölkerung, von der in der Vergangenheit bereits Angriffe auf Flüchtlinge verübt wurden. Die Gewalt in jüngster Zeit hat die Befürchtungen der Flüchtlinge über die Verbringung nach Lorengau weiter verstärkt. Sie haben bereits Protestveranstaltungen dagegen abgehalten und in den Sozialen Medien um Hilfe gebeten. Amnesty International geht davon aus, dass die Behörden die Lebensumstände in der Hafteinrichtung noch erschwert haben, um die Flüchtlinge zu einem Umzug nach Lorengau zu nötigen. Ihnen wurde zudem mit Festnahme gedroht, falls sie sich weigern. Von den Behörden wurde dies nicht bestätigt.

Sowohl die australische als auch die papua-neuguineische Regierung sind für die Sicherheit und die Einhaltung der Rechte der Flüchtlinge und Asylsuchenden verantwortlich. Die Hafteinrichtung auf dem Marinestützpunkt Lombrum wird von der australischen Regierung unterhalten.

Amnesty International hat zuvor bereits die Schließung der Hafteinrichtung auf der Insel Manus und die sichere Verbringung aller Flüchtlinge und Asylsuchenden nach Australien gefordert. Die Schließung der Hafteinrichtung, um die Flüchtlinge dann in das Transitcamp nach Lorengau zu bringen, stellt eine noch größere Bedrohung ihrer Menschenrechte dar.

Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge (UNHCR) hat sich öffentlich zur Situation auf Manus geäußert und seine Sorge über die Verschlechterung der Situation zum Ausdruck gebracht. Er sagte, dass die geplante Schließung der Hafteinrichtung auf Manus nur dann stattfinden dürfe, wenn die australische Regierung weiterhin alle notwendigen Grundleistungen für die Flüchtlinge und Asylsuchenden, die sie nach Papua-Neuguinea und Nauru gebracht hat, bereitstellt.