Zwei Todesurteile werden überprüft

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 26. Februar 2019 stimmte das ägyptische Oberste Militärberufungsgericht zu, die gegen Ahmed Amin Ghazali und Abdul Basir Abdul Rauf verhängten Todesurteile in einem Rechtsmittelverfahren zu überprüfen. In diesem Verfahren wurden die Todesurteile der Männer in lebenslange Haftstrafen umgewandelt.

Protestgruppe mit Schildern mit Kreuz

Demonstration gegen die Todesstrafe in Freiburg 2011

Das Oberste Militärberufungsgericht hat zugestimmt, die gegen Ahmed Amin Ghazali und Abdul Basir Abdul Rauf verhängten Todesurteile zu überprüfen. Das Gericht hatte am 4. Dezember eine Anhörung über die von seinen Rechtsbeiständen neu vorgelegten Dokumente angesetzt.

Appell an

Verteidigungsminister

Colonel General Sedqi Sobhi

Ministry of Defence

Cairo

ÄGYPTEN

Sende eine Kopie an

Beauftragter für Menschenrechte im Außenministerium
Ahmed Ihab Gamal-Eldin

Ministry of Foreign Affairs
Corniche el-Nile, Cairo, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2574 9713
E-Mail: contact.us@mfa.gov.eg
Twitter: @MfaEgypt

Botschaft der Arabischen Republik Ägypten
S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7

10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Amnesty fordert:

  • Bitte setzen Sie sich dafür sein, dass das Oberste Militärberufungsgericht die Todesurteile der beiden Männer Ahmed Amin Ghazali und Abdul Basir Abdul Rauf aufhebt.
  • Die Verhandlung soll internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und es darf nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen werden. Stellen Sie bitte zudem sicher, dass durch Folter und anderweitige Misshandlungen erzwungene "Geständnisse" und "Beweismittel" nicht vor Gericht zugelassen werden.
  • Bitte erlassen Sie ein Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Sachlage

Die Rechtsbeistände von Ahmed Amin Ghazali und Abdul Basir Abdul Rauf konnten neue Beweismittel vorlegen und haben bei der Militärstaatsanwaltschaft einen Antrag eingereicht, die Todesurteile noch einmal zu überprüfen. Wenn die eingelegten Rechtsmittel erfolgreich sind und das Oberste Militärberufungsgericht die Todesurteile nicht bestätigt, werden die Fälle zur Neuverhandlung an ein anderes Militärgericht übergeben. Die erste Anhörung fand am 4. Dezember statt, doch das Gericht vertagte die Fortsetzung der Anhörung auf den 18. Dezember.

Laut Paragraf 441 der ägyptischen Strafprozessordnung, kann die "Überprüfung von rechtskräftigen Urteilen in Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten beantragt werden, wenn Dokumente vorgelegt werden, die während des Verfahrens nicht bekannt waren, und solche Dokumente die Unschuld der verurteilten Person beweisen können". Ein solcher Anerkennungsantrag könnte die Hinrichtung der beiden Angeklagten stoppen. Es gibt jedoch keine Garantie, dass die Hinrichtungen tatsächlich ausgesetzt werden, da Artikel 448 der ägyptischen Strafprozessordnung festlegt, dass "ein Anerkennungsantrag nur dann eine Aussetzung der Strafe bedeuten kann, wenn es sich nicht um ein Todesurteil handelt."

Am 26. März bestätigte das Oberste Militärgericht die Todesstrafe für Ahmed Amin Ghazali und Abdul Basir Abdul Rauf. Das Gericht akzeptierte die Rechtsmittel von vier Männern, Mohammed Fawzi Abd al-Gawad Mahmoud, Reda Motamad Fahmy Abd al-Monem, Ahmed Mustafa Ahmed Mohamed und Mahmoud al-Sharif Mahmoud, die vor Kurzem zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 29. Mai 2016 verurteilte ein Militärgericht in Ägypten 26 Männer im Rahmen des Verfahrens 174/2015 wegen der Mitgliedschaft in der verbotenen Organisation der Muslimbruderschaft, dem Besitz von Schusswaffen und Sprengstoffen, sowie der illegalen Beschaffung geheimer militärischer Informationen. Zwei weitere Männer wurden freigesprochen. Acht Männer wurden zum Tode verurteilt und die anderen 18 erhielten Haftstrafen zwischen 15 und 25 Jahren. Die Männer hatten vorgebracht, dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen zu sein, außerdem erhoben sie Foltervorwürfe und forderten deren offizielle Untersuchung. Nach Angaben ihrer Rechtsbeistände wurden viele dieser Beschwerden und Forderungen vom Gericht ignoriert. Sowohl Angehörige als auch Rechtsbeistände der Verurteilten erklärten Amnesty International gegenüber zudem, dass die Männer Verletzungen aufwiesen, zu denen Verbrennungen und Prellungen am ganzen Körper sowie Wunden an den Händen gehörten.

Zwischen dem 28. Mai und 7. Juni 2015 nahmen ägyptische Sicherheitskräfte die Männer fest und gaben ihren Haftort nicht bekannt, was dem Verschwindenlassen gleichkam. Einige von ihnen blieben für bis zu sechs Wochen "verschwunden". 18 der Angeklagten waren in der Zentrale des militärischen Geheimdienstes in Nasr City in Kairo inhaftiert, während ein Angeklagter im al-Azouly-Militärgefängnis auf einem Militärstützpunkt im Gouvernement Ismailia festgehalten wurde. Gegen acht Verdächtige, die nicht festgenommen wurden, fand das Gerichtsverfahren in Abwesenheit statt.

Die Angehörigen der Festgenommenen berichteten Amnesty International, dass sie nach deren Verschwindenlassen auf Polizeistationen, in Gefängnissen und bei Staatsanwaltschaften nach ihnen gesucht hätten. Die Behörden stritten entweder ab, dass sich die Männer in ihrem Gewahrsam befanden, oder ignorierten die Anfragen. Die Familien erfuhren erst am 10. Juli 2015 durch einen Fernsehbeitrag des Verteidigungsministeriums über die Festnahme "der gefährlichsten Terrorzelle" in Ägypten, dass die Männer im Gewahrsam des Militärs waren. Das Video enthielt Aufnahmen, in denen die Gefangenen "zugaben", dass sie verbotenen Gruppen angehörten und militärische Einrichtungen angegriffen hätten.

Am 21. August 2016 unterzeichnete Ägyptens Verteidigungsminister die Todesurteile gegen sechs der Männer, die im Mai 2016 im Verfahren 174/2015 durch ein Militärgericht ergangen waren.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode, da sie das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt. 

Seit der Absetzung Mohammed Mursis im Juli 2013 haben Zivil- und Militärgerichte in Ägypten mehr als 1400 Todesurteile erlassen. Die meisten von ihnen in Verbindung mit politischer Gewalt.  Die Gerichte verhängten die Urteile meistens nach grob unfairen Verfahren. Die Gerichte stützten sich auf "Geständnisse", die Sicherheitskräfte mit Folter und anderen Misshandlungen von den Angeklagte erhielten, während diese ohne Kontakt zur Außenwelt und unter Umständen, die dem Verschwindenlassen gleichkommen, inhaftiert waren. Sie stützten sich auch auf Polizeiermittlungen, die schwere Mängel aufwiesen. Im Jahre 2017 wurden die Fälle von mindestens 384 weiteren Zivilpersonen in Militärprozessen verhandelt. Militärprozesse gegen Zivilpersonen sind in Ägypten höchst unfair, da das gesamte Personal in Militärgerichten –  vom Richter bis zum Staatsanwalt – aktive Mitglieder des Militärs sind, die dem Verteidigungsminister unterstehen und nicht im Bereich Rechtsstaatlichkeit oder internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren geschult sind.

Amnesty International fand heraus, dass viele der Angeklagten, denen terroristische Straftaten, Anstiftung zu Gewalt oder politische Gewalt zur Last gelegt wurden, diese Verbrechen nicht begangen haben konnten,  da sie sich zum jeweiligen Tatzeitpunkt in Polizeigewahrsam befanden.