Amnesty Journal 23. Juli 2012

Aktivismus als Vergehen

Verurteilt trotz fehlender Beweise. Wenceslao Mansogo.

Verurteilt trotz fehlender Beweise. Wenceslao Mansogo.

Der Menschenrechtsaktivist Dr. Wenceslao Mansogo Alo ist frei – begnadigt vom Präsidenten Äquatorialguineas. Mansogo bleibt damit von einer dreijährigen Haftstrafe verschont. Das gegen ihn verhängte Berufsverbot wurde jedoch aufrechterhalten.

Eine Amnestie ermöglichte ihm die Freiheit. Nach fast vier Monaten im Gefängnis wurde der bekannte Arzt und Aktivist Dr. Wenceslao Mansogo Alo im Juni entlassen. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen hatten sich für ihn eingesetzt. "Er ist sehr dankbar für die Unterstützung von Amnesty", sagt Marisé Castro, Expertin für Äquatorialguinea bei Amnesty International. "Für ihn war es sehr wichtig, zu wissen, dass sich so viele Menschen um ihn sorgen und seine Befreiung gefordert haben."

Als prominentes Mitglied und Menschenrechtsbeauftragter der in Äquatorialguinea einzigen verbliebenen Oppositionspartei, Convergencia para la Democracia Social (CPDS), prangert Mansogo seit Jahren Missstände an. Willkürliche Festnahmen sowie die Verletzung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind in dem kleinen zentralafrikanischen Staat an der Tagesordnung. Oppositionelle werden schikaniert und eingeschüchtert – wie der Familienvater selbst mehrfach erfahren musste. Die Umstände, die zu seiner Festnahme und späteren Verurteilung führten, lassen darauf schließen, dass sein politisches Engagement Grund für das Vorgehen der Behörden war.

Ohne Anklage oder Beweise wurde Mansogo, der als Gynäkologe arbeit, am 9. Februar 2012 festgenommen. Zuvor hatte er den Tod einer Patientin bei der Polizei gemeldet, die während einer Operation in seiner Privatklinik einem Herzinfarkt erlegen war. Die Familie der Verstorbenen beschuldigte den Arzt, die Leiche verstümmelt zu haben. Ein Vorwurf, der durch zwei medizinische Untersuchungen widerlegt wurde. Zwar bestätigten beide Gutachten einen Herzinfarkt als Todesursache. Jedoch unterstellte eines der Gutachten, welches vom Gesundheitsminister des Landes ausgestellt worden war, dass der Herzinfarkt Folge einer fehlerhaften Narkose gewesen sei. Obwohl Mansogo nicht für die Narkose verantwortlich war, wurde er wenige Tage später in Haft genommen.

Den Folgemonat über saß er ohne Anklage im Gefängnis. Erst im März folgte die Anklage wegen Verletzung seiner beruflichen Sorgfaltspflicht. Der ursprüngliche Vorwurf der Schändung der Leiche, der zu seiner Verhaftung geführt hatte, wurde fallengelassen. Trotz fehlender Beweise wurde er drei Monate nach seiner Festnahme zu drei Jahren Haft verurteilt sowie zur Zahlung zweier Geldstrafen. Weiter erhielt er ein Berufsverbot von fünf Jahren und seine Klinik soll geschlossen werden.

Der Präsident Äquatorialguineas, Teodoro Obiang Nguema Mbasago, begnadigte Mansogo schließlich am 4. Juni neben weiteren Gefangenen. Die Macht des Präsidenten über das Justizsystem ist beispielhaft für den korrupten Behördenapparat in dem Land. "Die Behörden müssen ihre Verfassung und Gesetze respektieren", fordert Castro. "Und sie müssen endlich aufhören, die Grundrechte der Menschen zu unterdrücken."

Zwar blieb Mansogo von seiner dreijährigen Haftstrafe verschont, die Geldstrafen und sein Berufsverbot wurden jedoch nicht zurückgenommen. Seine Anwälte sind bereits in Berufung gegangen. Wenceslao Mansogo will nicht aufgeben und bald seine Arbeit wieder aufnehmen.

Text: Jessica Will

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