Amnesty Report Singapur 09. Juni 2016

Singapur 2016

 

Die People’s Action Party, deren Gründer, der frühere Premierminister Lee Kuan Yew, im März 2015 starb, bestrafte nach wie vor Regierungskritiker für die Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung. Medien und Menschenrechtsverteidiger wurden durch den Entzug von Genehmigungen und strafrechtliche Anklagen stark kontrolliert. Nach wie vor wurden Todesurteile verhängt und die Bestrafung durch Stockschläge gerichtlich angeordnet.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Der 16-jährige Blogger Amos Yee wurde für das "Äußern von Worten, die eindeutig darauf abzielten, die religiösen oder ethnischen Gefühle anderer zu verletzen", sowie die "Übermittlung obszönen Materials" zu vier Wochen Haft verurteilt. Grund dafür waren ein Video und eine Karikatur, die er ins Internet gestellt hatte und in denen der frühere Premierminister Lee Kuan Yew kritisiert wurde. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte forderte Singapur nachdrücklich auf, bei dem Fall seinen Verpflichtungen nach dem UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes nachzukommen.

Im Mai 2015 setzte die Medienbehörde Media Development Authority aufgrund von Artikeln, die mutmaßlich "bestrebt waren, ausländerfeindliche Gefühle in Singapur anzufachen", die Genehmigungen aus, die es den Redakteuren Yang Kaiheng und Ai Takagi erlaubten, die Nachrichten-Webseite, die Profile in den sozialen Medien sowie die mobilen Apps der Zeitung The Real Singapore zu betreiben. Die beiden Redakteure wurden in sieben Punkten wegen Volksverhetzung unter Anklage gestellt. Zudem wurden sie in einem Punkt unter dem Strafgesetzbuch angeklagt, weil sie von der Polizei geforderte Dokumente nicht vorgelegt hatten.

Dem Menschenrechtsanwalt M Ravi, der Fälle bearbeitete, in denen es um die Todesstrafe, das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgeschlechtlichen und intersexuellen Sexarbeitern sowie die Rechte von Arbeitsmigranten ging, die von Abschiebung bedroht waren, wurde im Februar 2015 vorgeblich aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend die Arbeitserlaubnis entzogen. Es wurde vermutet, dass in Wahrheit politische Motive dahintersteckten.

Todesstrafe

Die Todesstrafe wurde weiterhin verhängt und war bei Verurteilungen wegen Mordes und Drogenhandels unter bestimmten Umständen zwingend vorgeschrieben. Muhammad bin Kadar wurde im April 2015 in der Haftanstalt Changi hingerichtet. Er war wegen Mordes schuldig gesprochen worden. Berichte über zwei weitere Hinrichtungen im Jahr 2015 wurden von offizieller Seite nicht bestätigt. Der malaysische Staatsbürger Kho Jabing, der des Mordes für schuldig befunden worden war, erhielt einen Hinrichtungsaufschub für die Dauer der Überprüfung seines Falls. Ende 2015 waren mindestens 26 Personen von der Vollstreckung der Todesstrafe bedroht.

Grausame, unmenschliche oder erniedrigende Strafe

Bei Männern zwischen 16 und 50 Jahren wurden für eine Reihe von Straftaten nach wie vor Stockschläge als Strafe eingesetzt. Die Prügelstrafe blieb zwingend vorgeschrieben für Verstöße gegen Einwanderungsbestimmungen und wurde weiterhin (in Verbindung mit lebenslanger Haft) als Alternative zur Todesstrafe in Fällen von Drogenhandel eingesetzt. Der Oberste Gerichtshof entschied im März 2015, dass Stockschläge nicht gegen die Verfassung verstießen.

Antiterrormaßnahmen und Sicherheit

M. Arifil Azim Putra Norja’i und ein 17-Jähriger wurden wegen terrorismusbezogener Straftaten auf Grundlage des Gesetzes zur Inneren Sicherheit festgenommen. Man warf ihnen vor, "sich selbst radikalisiert" zu haben. M. Arifil Azim Putra Norja’i kam in Verwaltungshaft, weil er geplant haben soll, sich im Ausland der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat (IS) anzuschließen. Der 17-Jährige wurde Anfang Mai 2015 festgenommen und inhaftiert. Im Juni entließ man ihn unter zwei Jahre geltenden Auflagen aus der Haft.

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