Amnesty Report 22. Mai 2013

Burundi 2013

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Burundi Staats- und Regierungschef: Pierre Nkurunziza

Das Land verharrte weiterhin in Straflosigkeit; die Regierung unterließ es, die außergerichtlichen Hinrichtungen der Vorjahre vollständig zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. Vielversprechende Anzeichen dafür, dass die Regierung 2012 eine Wahrheits- und Versöhnungskommission einsetzen würde, lösten sich im Verlauf des Jahres in nichts auf. Menschenrechtsverteidiger und Journalisten waren aufgrund ihrer Aktivitäten Repressalien ausgesetzt.

Hintergrund

Die Regierungspartei Conseil National pour la Défense de la Démocratie – Forces pour la Défense de la Démocratie (CNDD-FDD) konnte das Land regieren, ohne auf die schwache Opposition Rücksicht nehmen zu müssen. Einen zielführenden Dialog zwischen der Regierungspartei und dem Oppositionsbündnis ADC-Ikibiri, das die Wahlen 2010 boykottiert hatte, gab es nicht.

Als Reaktion auf die steigenden Lebenshaltungskosten organisierte die burundische Zivilgesellschaft eine landesweite Kampagne, um die Regierung für ihre Wirtschaftspolitik zur Rechenschaft zu ziehen.

Straflosigkeit

UN-Menschenrechtsbeobachter verzeichneten im Berichtsjahr 30 außergerichtliche Hinrichtungen. Die Zahl war niedriger als in den Jahren 2010 und 2011, in denen insgesamt 101 Fälle gemeldet worden waren. Die meisten Fälle
im Jahr 2012 waren dem Anschein nach nicht politisch motiviert; die herrschende Straflosigkeit verhinderte jedoch auch hier eine strafrechtliche Verfolgung.

Der Leiter der Anklagebehörde setzte im Juni 2012 eine Untersuchungskommission ein. Sie hatte den Auftrag, Vorwürfen über außergerichtliche Hinrichtungen und Folterungen nachzugehen, die nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen sowie die UN erhoben hatten. In dem im August veröffentlichten Kommissionsbericht hieß es zwar, dass es zu Tötungen gekommen sei, doch wurde verneint, dass es sich dabei um außergerichtliche Hinrichtungen gehandelt habe. Laut dem Bericht hatte man in einigen von Menschenrechtsorganisationen gemeldeten Fällen strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Nach dem Bericht wurden zwei Polizisten, ein Armeemajor, ein Mitarbeiter der Lokalverwaltung und mehrere Imbonerakure (Mitglieder der Jugendorganisation der Regierungspartei) festgenommen. Gerichtsverfahren fanden jedoch nicht statt. Die Befürchtung blieb bestehen, dass nicht alle Täter zur Rechenschaft gezogen worden waren.

Wahrheit und Versöhnung

Bei der Untersuchung und Aufklärung der gravierenden Menschenrechtsverletzungen, die zwischen 1962 und 2008 in Burundi verübt worden waren, gab es keine Fortschritte. Ein überarbeiteter Gesetzentwurf zur Schaffung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission wurde dem Parlament vorgelegt, dort jedoch nicht behandelt.

Der Gesetzentwurf enthielt kein ausdrückliches Amnestieverbot für Verbrechen wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Verschwindenlassen und außergerichtliche Hinrichtungen. Er sah außerdem für den Sondergerichtshof, der der Wahrheits- und Versöhnungskommission als strafrechtlicher Mechanismus nachgeordnet werden sollte, keinen unabhängigen Ankläger vor, der in von der Kommission an das Gericht überwiesenen wie auch in neuen Fällen ermitteln und diese strafrechtlich verfolgen könnte.

Justizsystem

Da die Einstellungsverfahren des Justizministeriums für Richter weder öffentlich noch transparent waren, wurden immer wieder Vorwürfe laut, dass dabei Korruption und politische Parteilichkeit eine Rolle spielten. Laut Gesetz muss das Justizministerium ein Bewerbungsverfahren mit Aufnahmeprüfungen organisieren und die Bewerber danach auswählen.

Das Justizsystem war nach wie vor schwach und stand unter dem Einfluss der Politik. Außerdem unternahmen die Behörden nichts, um Personen vor Gericht zu stellen, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich waren.

  • Im Mai 2012 erging in dem Prozess gegen die Täter des 2009 ermordeten Menschenrechtsverteidigers und Korruptionsbekämpfers Ernest Manirumva ein Urteil, das jedoch keine Gerechtigkeit zu schaffen vermochte. Die Anklage ignorierte den Rat der US-Bundespolizei FBI, hochrangige Angehörige der Polizei und des Geheimdienstes, die von Zeugen mit dem Mord in Verbindung gebracht wurden, zu verhören und von ihnen DNA-Proben zu nehmen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptstadt Bujumbura war Ende des Jahres noch anhängig.

Recht auf freie Meinungsäußerung – Journalisten und Menschenrechtsverteidiger

Menschenrechtsverteidiger und Journalisten berichteten, dass sie von den Behörden schikaniert und eingeschüchtert wurden.

  • Im Februar 2012 wurde Faustin Ndikumana, der Vorsitzende der Organisation Wort und Tat für Gewissens- und Bewusstseinsbildung (Parole et Action pour le Réveil des Consciences et l’Evolution des Mentalités) festgenommen, nur weil er von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hatte. Er wurde zwei Wochen in Gewahrsam gehalten und kam dann gegen Auflagen frei. Er hatte sich vor den Medien geäußert, nachdem er den Justizminister in einem Schreiben aufgefordert hatte, die Korruption beim Einstellungsverfahren von Richtern zu untersuchen und ihr ein Ende zu setzen. Im Juli befand ihn das für Korruptionsfälle zuständige Gericht wegen falscher Behauptungen für schuldig. Faustin Ndikumana wurde zu fünf Jahren Haft und der Zahlung einer Geldstrafe von 500000 burundischen Francs (etwa 333 US-Dollar) verurteilt. Das Urteil war Ende 2012 noch nicht vollstreckt worden.

Es gab Gesetzentwürfe, welche die Rechte
auf freie Meinungsäußerung und auf Vereinigungsfreiheit bedrohen könnten, falls sie in der aktuellen Fassung Rechtskraft erlangen sollten. Der Entwurf für ein Gesetz über Demonstrationen und öffentliche Versammlungen würde den Behörden unverhältnismäßig hohe Befugnisse zur Auflösung öffentlicher Zusammenkünfte einräumen. Der Entwurf für die Neufassung des Pressegesetzes beinhaltet Bestimmungen, nach denen Journalisten un-
ter bestimmten Umständen zur Offenlegung ihrer Quellen gezwungen werden können.
Weitere Vorschriften sehen eine exzessive Regulierung der Presse durch den Staat und extrem hohe Geldstrafen für Journalisten vor, die gegen das Gesetz und das Strafgesetzbuch verstoßen.

Haftbedingungen

Die hygienischen Zustände in den Gefängnissen waren katastrophal. Bei Tausenden von Inhaftierten handelte es sich um Untersuchungshäftlinge. Am 25. Juni 2012 erließ Präsident Pierre Nkurunziza ein Dekret, mit dem er Inhaftierte begnadigte, die eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren verbüßten. Von der Begnadigung ausgenommen waren Personen, die wegen Vergewaltigung, bewaffneten Raubes, Bandenraubes, illegalen Besitzes von Schusswaffen oder der Gefährdung der Staatssicherheit einsaßen. Das Dekret galt auch für Schwangere, stillende Mütter, Häftlinge, die 60 Jahre und älter waren, für Jugendliche unter 18 Jahren, die noch nicht vor Gericht gestellt worden waren, sowie für unheilbar kranke Inhaftierte. Allen anderen Häftlingen wurde die Hälfte der Strafe erlassen. Im April saßen 10567 Häftlinge in elf Gefängnissen ein, die insgesamt nur für 4050 Insassen ausgelegt waren. Ende Dezember 2012 lag die Zahl der Häftlinge nur noch bei 6581 Personen.

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