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Montenegro 2011
Amtliche Bezeichnung: Republik Montenegro Staatsoberhaupt: Filip Vujanovic Regierungschef: Igor Luksic (löste im Dezember Milo -Dukanovic im Amt ab) Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 0,6 Mio. Lebenserwartung: 74,6 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 11/9 pro 1000 Lebendgeburten
Die strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen wurde 2010 fortgesetzt. Journalisten und einige NGOs waren von Einschüchterungen betroffen. Angehörigen der Roma wurden weiterhin soziale und wirtschaftliche Rechte vorenthalten.
Hintergrund
Im Dezember 2010 wurde Montenegro der Status eines offiziellen EU-Beitrittskandidaten verliehen, obwohl die Europäische Kommission im November betont hatte, es bestehe weiterhin die Notwendigkeit, das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, die Situation der Vertriebenen zu verbessern und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu gewährleisten. Ebenfalls im Dezember trat Ministerpräsident Milo -Dukanovic zurück. Er hatte das Land seit 1992 als Ministerpräsident bzw. Präsident regiert, mit Ausnahme der Zeit zwischen Ende 2006 und Anfang 2008.
Internationale Strafgerichtsbarkeit
Die Prozesse wegen Kriegsverbrechen gegen Militärangehörige oder Polizeibeamte niedriger Ränge wurden 2010 fortgesetzt, während gegen hochrangige Vertreter von Armee und Polizei nur selten Anklage erhoben wurde. Im Rahmen eines im Oktober mit Serbien geschlossenen Auslieferungsabkommens wurden elf von Montenegro gesuchte Personen in Serbien festgenommen, darunter fünf Männer, die im Verdacht standen, in der kroatischen Stadt Dubrovnik Kriegsverbrechen verübt zu haben.
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Das Verfahren gegen neun ehemalige Regierungsvertreter und hochrangige Polizeibeamte wegen des "Verschwindenlassens" bosnischer Flüchtlinge wurde fortgesetzt, wobei gegen fünf von ihnen in Abwesenheit verhandelt wurde. Die mindestens 79 Flüchtlinge aus Bosnien und Herzegowina waren 1992 an die damaligen Behörden der bosnischen Serben überstellt worden. Im November gestatteten die Behörden dem früheren Präsidenten Momir Bulatovic, sich bei einer Vernehmung als Zeuge in diesem Fall auch zu Staatsgeheimnissen äußern zu dürfen.
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Gegen sechs frühere Soldaten der Jugoslawischen Volksarmee ergingen im Mai 2010 Urteile wegen Kriegsverbrechen. Sie wurden für schuldig befunden, 1992 im Lager Morinj bei Kotor 169 kroatische Kriegsgefangene und Zivilisten gefoltert und in unmenschlicher Weise behandelt zu haben. Sie erhielten weniger als die gesetzlich vorgeschriebene Mindeststrafe von fünf Jahren Haft. Zur Begründung hieß es, dass sie noch nie zuvor einer Straftat für schuldig befunden worden seien.
- Im Juni 2010 begannen die Verfahren gegen sieben frühere Soldaten der Jugoslawischen Armee (Nachfolgerin der Jugoslawischen Volksarmee) wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit an bosnischen Zivilpersonen 1992/93 in Bukovica. Im Zusammenhang damit hatte ein Gericht im April Saban und Arifa Rizvanovic in einem zivilrechtlichen Verfahren je 10000 Euro Entschädigung zugesprochen für Folterungen, die Reservisten der Jugoslawischen Armee 1993 an ihnen verübt hatten.
Folter und andere Misshandlungen
Im Einklang mit dem Zusatzprotokoll zum UN-Übereinkommen gegen Folter wurde als staatliches Organ zur Prävention eine Ombudsstelle eingerichtet. Sie ist befugt, ohne vorherige Ankündigung Hafteinrichtungen zu besuchen. Im März berichtete der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter über seinen Besuch im Jahr 2008 und forderte wirksamere Ermittlungen im Fall von Misshandlungsvorwürfen. Im Oktober gab die NGO Jugendinitiative für Menschenrechte bekannt, dass das Innenministerium mittlerweile schneller auf Meldungen der Organisation über Vorfälle reagiere und dass einige Polizeibeamte in der Folge disziplinarisch belangt oder unter Anklage gestellt worden seien.
- Im Januar 2010 erhoben die im Gefängnis von Spuzÿ einsitzenden Häftlinge Dalibor Nikezic und Igor Milic erneut Beschwerde gegen Vollzugsbeamte. Ihren Angaben zufolge wurden sie misshandelt, bedroht und unter Druck gesetzt, eine bereits zuvor eingereichte Klage zurückzuziehen. Ihre erste Klage war im Februar von der Generalstaatsanwältin abgewiesen worden. Obwohl eine Videoaufzeichnung aus einer Überwachungskamera der Haftanstalt vorlag, die zeigte, wie die Männer aus ihren Zellen gezerrt und geschlagen wurden, sah sie keine Grundlage für strafrechtliche Maßnahmen.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Journalisten und einige NGOs waren nach wie vor Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt. Regierungsvertreter strengten Verleumdungsklagen gegen Journalisten an, die zu hohen Geldstrafen führten. In einigen Fällen lagen diese sogar über der gesetzlichen Höchstgrenze von 14000 Euro. Nach Ansicht von NGOs und Journalisten schränkten die im Juni 2010 eingebrachten Ergänzungen zum Gesetz über die Informationsfreiheit sowohl das Recht auf freie Meinungsäußerung als auch den Zugang zu Informationen ein. Im Oktober lehnte es die Generalstaatsanwältin ab, die Menschenrechtsorganisation Human Rights Action über den Fortgang von 14 strafrechtlichen Verfahren zu informieren, nach denen die Organisation sich erkundigt hatte. Dazu zählten auch die Morddrohungen aus dem Jahr 2007 gegen Aleksandar Zekovic, ein Mitglied des Komitees zur Kontrolle der Polizei durch die Bürger.
Diskriminierung
Im Juli wurde ein Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet, das auch Klauseln zum Schutz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen enthält, obwohl der Minister für Menschenrechte und Minderheiten während der Parlamentsdebatte homophobe Äußerungen machte. Das Gesetz war Ende 2010 noch nicht in Kraft getreten, da eine Ergänzung des Gesetzes über die Ombudsstelle, die dieser die Befugnis verleihen soll, Beschwerden über Diskriminierung entgegenzunehmen, noch nicht verabschiedet war. Angehörigen der Roma wurden nach wie vor soziale und wirtschaftliche Rechte vorenthalten. Da angemessene Unterkünfte fehlten, lebten viele von ihnen unter prekären Bedingungen.
- Im Oktober kamen zwei Roma-Mädchen in einer provisorischen Siedlung auf einer Müllkippe bei Lovanja ums Leben, als ihr aus Dachpappe gebautes Haus Feuer fing.
Flüchtlinge und Asylsuchende
Es befanden sich weiterhin mehr als 24000 Vertriebene in Montenegro, darunter 3192 Roma und Aschkali sowie Ägypter aus dem Kosovo. Neue Gesetze und niedrigere Gebühren ermöglichten es einigen Flüchtlingen und Vertriebenen, eine dauerhafte oder zeitlich befristete Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Bis Dezember 2010 hatten lediglich 880 Personen eine dauerhafte und 40 eine befristete Aufenthaltsgenehmigung beantragt. Diese geringe Anzahl zeigte, dass es nach wie vor schwierig war, die erforderlichen Dokumente zu erhalten. Vertriebene aus dem Kosovo fürchteten, dorthin abgeschoben zu werden, nachdem die städtischen Behörden von Podgorica erklärt hatten, das Lager Konik, in dem sie seit 1999 gelebt hatten, werde aufgelöst.