Amnesty Report 20. Mai 2010

Uganda 2010

Amtliche Bezeichnung: Republik Uganda Regierungschef: Yoweri Kaguta Museveni Todesstrafe: nicht abgeschafft Bevölkerung: 32,7 Mio. Lebenserwartung: 51,9 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 129/116 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 73,6%

Beamte mit Polizeibefugnissen wurden für Menschenrechtsverletzungen, darunter ungesetzliche Tötungen sowie Folterungen und andere Misshandlungen, nicht zur Rechenschaft gezogen. Die Regierung griff das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit an. Geschlechtsspezifische Gewalt war in Uganda weit verbreitet, dennoch machte die strafrechtliche Verfolgung der Täter und die Umsetzung von seit Langem versprochenen Gesetzesreformen so gut wie keine Fortschritte. Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen waren weiterhin Diskriminierung und anderen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, und es musste befürchtet werden, dass ein neuer Gesetzentwurf die Diskriminierung dieses Personenkreises noch weiter verfestigen würde. Es wurden Todesurteile verhängt, Hinrichtungen fanden jedoch nicht statt.

Hintergrund

Ein Korruptionsprozess, in dem sich ein ehemaliger Gesundheitsminister, seine beiden früheren Stellvertreter sowie eine Regierungsbeamtin wegen Unterschlagung und Amtsmissbrauchs verantworten mussten, wurde fortgesetzt. Die Anklagepunkte standen im Zusammenhang mit der Verwaltung des Globalen Fonds für die Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria.

Bewaffneter Konflikt

Die Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und der bewaffneten Oppositionsgruppe Widerstandsarmee des Herrn (Lord’s Resistance Army – LRA) mit dem Ziel, den Konflikt im Norden Ugandas zu beenden, waren zwar 2008 abgeschlossen worden, doch die beiden Konfliktparteien hatten kein letztgültiges Friedensabkommen unterzeichnet. Dennoch blieb es in der Region relativ ruhig.

Die Umsetzung der im Rahmen des Friedensprozesses im Jahr 2008 vereinbarten Abkommen verlief äußerst schleppend. Das galt u. a. für das Abkommen über Verantwortlichkeit und Versöhnung sowie für das Abkommen über Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung von Kämpfern in die Zivilgesellschaft.

Besonders gravierend war die Tatsache, dass keine Strukturen für die Untersuchung von Menschenrechtsverstößen aufgebaut wurden, die während des Konflikts begangen worden waren. Außerdem mangelte es weiterhin an umfassenden Entschädigungsprogrammen, um Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Vergewaltigungen beim Aufbau eines neuen Lebens zu unterstützen.

Trotz einer gemeinsamen Militäroffensive der Streitkräfte von Uganda, dem Sudan und der Demokratischen Republik Kongo Ende 2008 und Anfang 2009 beging die LRA in der Demokratischen Republik Kongo, der Zentralafrikanischen Republik und im Südsudan weiterhin Menschenrechtsverstöße, darunter ungesetzliche Tötungen und die Entführung von Hunderten Zivilpersonen.

Internationaler Strafgerichtshof – Haftbefehle

Die Haftbefehle, die der Internationale Strafgerichtshof (ICC) im Jahr 2005 gegen den LRA-Anführer Joseph Kony und drei weitere LRA-Befehlshaber ausgestellt hatte, blieben in Kraft. Sie wurden aber weder von der ugandischen Regierung noch von den Nachbarländern vollstreckt.

Ungeachtet der Tatsache, dass Uganda dem Römischen Statut des ICC beigetreten ist und deshalb jede per Haftbefehl des ICC gesuchte Person dem Gerichtshof überstellen muss, erklärte Staatspräsident Yoweri Museveni im Juli und im Oktober, dass der sudanesische Präsident Omar Hassan Ahmed al-Bashir, gegen den der ICC im März 2009 einen Haftbefehl ausgestellt hatte, in Uganda willkommen sei (siehe Länderbericht Sudan).

Binnenvertriebene

In dem vom Konflikt betroffenen Norduganda verließen die meisten intern Vertriebenen die Lager und kehrten in ihre Heimat zurück. Schätzungen zufolge kehrten bis zu 65% der Bevölkerung in die Dörfer zurück, aus denen sie vertrieben worden waren, 15% suchten Durchgangseinrichtungen außerhalb der Lager auf. Die Mehrzahl derjenigen, die in ihre Herkunftsorte zurückkehrten, stand vor dem Problem, dass es dort kein sauberes Wasser, keine medizinische Grundversorgung, keine Schulen und auch keine anderen staatlichen Leistungen gab. Mehr als 400000 Vertriebene blieben in den Lagern und waren dringend auf humanitäre Hilfsleistungen angewiesen.

Folter und andere Misshandlungen

Der Regierung gelang es nicht sicherzustellen, dass Angehörige der Polizei und der anderen Sicherheitskräfte, die mutmaßlich für Folterungen und Misshandlungen verantwortlich waren, zur Rechenschaft gezogen wurden. Nur in seltenen Fällen wurden den Opfern der Zugang zur Justiz und eine Wiedergutmachung auf dem Rechtsweg ermöglicht. Bis zu 71% der Entschädigungsleistungen, welche die ugandische Menschenrechtskommission Opfern seit 2001 zugesprochen hatte, waren bis Ende 2009 noch nicht ausgezahlt worden. Die meisten Beschwerden, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen bei der Kommission eingereicht hatten, bezogen sich auf Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Strafen.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Aus Berichten ging hervor, dass geschlechtsspezifische Gewalt nach wie vor weit verbreitet war, insbesondere im häuslichen Bereich. Die Täter mussten sich nur selten vor Gericht verantworten. Versuche betroffener Frauen, rechtliche Schritte einzuleiten, waren mit großen Schwierigkeiten verbunden.

Im Dezember 2009 verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das die weibliche Genitalverstümmelung verbietet, sie unter Strafe stellt und Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen vorsieht. Damit das Gesetz Rechtskraft erlangt, bedarf es der Zustimmung des Präsidenten, die Ende 2009 noch ausstand. Auch mehrere andere Gesetzesvorhaben waren weiterhin anhängig. Dazu zählte ein neues Ehegesetz über die Rechte und Pflichten der Ehepartner, ein neues Scheidungsrecht sowie Rechtsvorschriften, die häusliche Gewalt unter Strafe stellen.

Prozess gegen Kizza Besigye

Vor dem Strafgericht von Kampala wurde der Hochverratsprozess gegen den führenden Oppositionspolitiker Kizza Besigye und sechs weitere Angeklagte fortgesetzt. Das Verfassungsgericht hatte bis Ende 2009 noch nicht über den Antrag der Angeklagten entschieden, das Verfahren einzustellen.

Zwei Mordprozesse, die seit 2007 vor zwei anderen Gerichten gegen Mitangeklagte von Kizza Besigye anhängig waren, wurden ebenfalls fortgesetzt.

September-Unruhen – ungesetzliche Tötungen und andere Menschenrechtsverletzungen Vom 10. bis 13. September 2009 kam es in Kampala und in anderen Städten zu Ausschreitungen, weil die Regierung eine Delegation aus Ugandas traditionellem Königreich Buganda daran gehindert hatte, den im Osten von Uganda gelegenen Distrikt Kayunga zu besuchen, um dort an Veranstaltungen im Rahmen des Nationalen Jugendtags vom 12. September teilzunehmen. Nach Angaben der Polizei wurde die Delegation an dem Besuch gehindert, um Gewaltakte zwischen den Anhängern des Kabaka – des Königs des Baganda-Volks – und der ethnischen Gruppe der Banyala, die im Distrikt Kayunga lebt und die Herrschaft des Kabaka ablehnt, zu verhindern.

Bei den Unruhen sollen bis zu 27 Menschen getötet worden sein. Mindestens die Hälfte von ihnen starb durch Schüsse der Polizei und anderer Sicherheitskräfte. Die Regierung ließ keine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Tötungen durchführen, um diejenigen, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich waren, juristisch zur Rechenschaft zu ziehen. Bei einigen der Vorfälle hatte es sich möglicherweise um ungesetzliche Tötungen gehandelt.

Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen wurden mehrere hundert Menschen festgenommen. Viele wurden schwerer Straftaten wie z. B. des Terrorismus angeklagt und waren in Gefahr, zum Tode verurteilt zu werden. Sie wurden tage- oder sogar wochenlang in Haft gehalten, ohne angeklagt oder einem Richter vorgeführt zu werden. Dies war ein grober Verstoß gegen die in der Verfassung vorgeschriebenen Fristen. Zahlreiche Festgenommene gaben an, in der Haft gefoltert oder auf andere Weise misshandelt worden zu sein.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Nach den Unruhen vom September ordnete der Rundfunkrat – ein Regierungsgremium für die Überwachung der Inhalte von Radiosendungen – willkürlich die Schließung von vier Radiosendern an. Zur Begründung hieß es, die betroffenen Sender hätten vor und während der Unruhen Mindeststandards missachtet, die das Gesetz über elektronische Medien aus dem Jahr 2000 vorschreibt. Die Sender wurden nicht rechtzeitig über die Schließung unterrichtet, erhielten keine sachliche Begründung und hatten auch keine Möglichkeit, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen. Der Rundfunkrat ordnete nach den Unruhen auch die Einstellung einiger Radioprogramme an. Zwei Radiosender waren Ende 2009 weiterhin geschlossen.

Ein Großteil der Medien war wegen ihrer Berichterstattung während der Unruhen Einschüchterungsmaßnahmen seitens der Regierung und Drohungen von offizieller Seite ausgesetzt.

  • Der von Kampala aus tätige Journalist Robert Kalundi Sserumaga wurde aufgrund von Bemerkungen, die er während einer Radiodiskussion über die Spannungen zwischen der Regierung und dem Königreich Buganda gemacht hatte, willkürlich festgenommen, inhaftiert und gefoltert. Durch die Folterungen erlitt er schwere Verletzungen. Außerdem wurde er wegen Staatsgefährdung angeklagt. Der Prozess war Ende 2009 noch nicht abgeschlossen.

Auch 2009 griffen die Behörden das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit an. Bei den Gerichten waren mehrere Strafverfahren anhängig, in denen Journalisten wegen Verleumdung, Staatsgefährdung und der "Verbreitung von Falschmeldungen" angeklagt waren.

Die Regierung hielt an einem 2007 vorgestellten Gesetzentwurf über Eingriffe in die Kommunikationsfreiheit fest und reagierte auch nicht auf Bedenken, die aus menschenrechtlicher Sicht gegen das Vorhaben vorgebracht wurden. Sollte der Entwurf Gesetz werden, würde dadurch das Recht auf freie Meinungsäußerung erheblich eingeschränkt.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Im April wurde ein gemeinsames Kommuniqué des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) und der Regierungen von Uganda und Ruanda veröffentlicht, in dem beide Regierungen angekündigten, die rund 20000 in Uganda lebenden ruandischen Flüchtlinge nach Ruanda zurückführen zu wollen. In dem Kommuniqué hieß es weiter, dass die Unterstützung der Flüchtlinge aus Ruanda zum 31. Juli 2009 eingestellt werde. Die Frist für die Rückführung wurde später bis Ende September verlängert. Betroffene Flüchtlinge kritisierten, dass die Einstellung von humanitärer und anderweitiger Hilfe, das Fehlen jeglicher Verfahren für eine Prüfung begründeter Ängste der Flüchtlinge vor Verfolgung in Ruanda und das Versäumnis, ihnen im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention alternative und nachhaltige Lösungen anzubieten, ihrer Zwangsrückführung gleichkämen. Es meldete sich nur eine geringe Zahl von Flüchtlingen für die freiwillige Rückführung. Viele Flüchtlinge, die in Flüchtlingslagern oder in Stadtgebieten lebten, berichteten von Inhaftierungen ohne rechtliche Grundlage sowie von Folterungen und anderen Misshandlungen durch Regierungsvertreter. Die für Übergriffe Verantwortlichen kamen meist straffrei davon.

Diskriminierung von Homosexuellen, Bisexuellen und Transgender-Personen

Im September 2009 wurde ein gegen Homosexualität gerichteter Gesetzentwurf veröffentlicht und dem Parlament zur Beratung vorgelegt. Der Entwurf wurde von einem Mitglied der Regierungspartei maßgeblich unterstützt. Da bereits Gesetze in Kraft sind, die "widernatürlichen Geschlechtsverkehr mit einer anderen Person" verbieten, und eine Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen Personen per Verfassung untersagt ist, hätte der Gesetzentwurf im Fall seiner Verabschiedung eine noch stärkere Kriminalisierung von Homo- und Bisexuellen sowie Transgender-Personen und die Verfestigung der Diskriminierung und der Stigmatisierung dieser Gruppen zur Folge.

Der Gesetzentwurf sieht drakonische Strafen einschließlich der Todesstrafe für "homosexuelle Handlungen unter erschwerenden Tatumständen" und lebenslangen Freiheitsentzug für den Straftatbestand der "Homosexualität" vor. Des Weiteren beinhaltet der Entwurf die Einführung neuer Straftatbestände wie etwa "Unterlassung der Anzeige des Verbrechens der Homosexualität". Außerdem soll die "Förderung der Homosexualität" unter Strafe gestellt werden, wovon eine erhebliche Behinderung der Arbeit von Menschenrechtsverteidigern und Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit ausgehen könnte. Der Einsatz für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen würde durch die neuen Vorschriften erheblich erschwert. Das Parlament hatte seine Beratungen über den Entwurf Ende 2009 noch nicht abgeschlossen.

Menschen, die zu einer sexuellen Minderheit gehören oder sich für die Rechte Homosexueller, Bisexueller und von Transgender-Personen einsetzen, wurden nach wie vor von der Polizei und anderen Sicherheitskräften willkürlich festgenommen, ohne Rechtsgrundlage inhaftiert sowie gefoltert oder auf andere Weise misshandelt.

Todesstrafe

Im Januar 2009 bestätigte der Oberste Gerichtshof, das höchste Gericht in Uganda, eine Entscheidung des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2005, nach der die zwingende Verhängung der Todesstrafe verfassungswidrig ist. Der Oberste Gerichtshof entschied ferner, dass die Todesurteile, welche die Gerichte verhängen mussten – was auf die Mehrheit der 400 Kläger in dem Verfahren zutraf – in lebenslange Freiheitsstrafen umgewandelt werden müssen. Allerdings urteilte der Oberste Gerichtshof auch, dass die Todesstrafe verfassungskonform ist.

Zivilgerichte ebenso wie Militärgerichte sprachen nach wie vor Todesurteile aus. Es fanden jedoch keine Hinrichtungen statt.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Delegierte von Amnesty International hielten sich im Januar, August, September und Oktober zu Recherchen in Uganda auf.

Uganda: Amnesty International calls on the Ugandan government to abolish the death penalty (AFR 59/001/2009)

Uganda: Incommunicado detention/torture and other illtreatment (AFR 59/002/2009)

Ugandan "Anti-Homosexuality Bill" threatens liberties and human rights defenders, 15 October 2009

Uganda: Amnesty International says government obliged to arrest Sudanese President, 16 October 2009

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