Amnesty Report Dänemark 25. Mai 2009

Dänemark 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Königreich Dänemark Staatsoberhaupt: Königin Margrethe II. Regierungschef: Anders Fogh Rasmussen Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 5,5 Mio. Lebenserwartung: 77,9 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 6/6 pro 1000 Lebendgeburten

Die Regierung gab an, Menschen möglicherweise aufgrund "diplomatischer Zusicherungen" in Länder zurückschicken zu wollen, in denen ihnen Gefahr droht, Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu werden. Das System zur Untersuchung von Beschwerden gegen die Polizei sah nach wie vor kein Rechtsmittel gegen Misshandlungen vor. Aufgrund einer diskriminierenden Gesetzgebung und Rechtspraxis waren Vergewaltigungsopfer nur unzureichend geschützt.

»Diplomatische Zusicherungen«

Im April 2008 berief die Ministerin für Flüchtlinge, Einwanderung und Integration eine Arbeitsgruppe ein, um Möglichkeiten zur Abschiebung von Ausländern zu prüfen, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit gelten. Die Arbeitsgruppe sollte auch erörtern, ob sich Dänemark um "diplomatische Zusicherungen" bemühen und sich auf diese verlassen sollte, wenn es Menschen in Länder abschiebt, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen, darunter auch Folterungen und andere Misshandlungen. Die Arbeitsgruppe wurde als Reaktion auf die Fälle von K. S. und S. C. ins Leben gerufen, zwei in Dänemark ansässigen tunesischen Staatsangehörigen, die im Februar zusammen mit einem dänischen Staatsbürger festgenommen wurden. Die drei Männer standen im Verdacht, an einer vermeintlichen Verschwörung beteiligt gewesen zu sein, die das Ziel verfolgte, einen Zeichner zu töten, der 2005 an den umstrittenen Mohammed-Karikaturen beteiligt gewesen war, die in einer dänischen Tageszeitung erschienen waren. Der Däne kam kurz nach seiner Festnahme wieder frei. Den beiden tunesischen Staatsbürgern wurden ihre Aufenthaltsgenehmigungen entzogen. Mit der Begründung, sie stellten eine Bedrohung für die nationale Sicherheit dar, wurde ihre Abschiebung angeordnet. Die Männer kamen bis zum Vollzug der Abschiebungsanordnung in Gewahrsam. Im August soll K. S. Berichten zufolge Dänemark freiwillig mit unbekanntem Ziel verlassen haben. Im Oktober stellte die Rechtsmittelinstanz für Flüchtlinge fest, dass S. C. im Falle seiner Abschiebung nach Tunesien mit hoher Wahrscheinlichkeit Gefahr liefe, Opfer von Folter und anderen Misshandlungen zu werden, und entschied, dass die Abschiebung nicht vollzogen werden dürfe. Daraufhin kam S. C. aus der Haft frei. Die Regierung gab an, sie wolle sich weiterhin um seine Abschiebung bemühen. Dazu würde man auch "diplomatische Zusicherungen" der tunesischen Regierung hinsichtlich seiner Behandlung nach der Rückkehr einholen und sich auf diese verlassen, falls die Arbeitsgruppe dies empfehlen sollte.

Polizei und Sicherheitskräfte

Das Verfahren zur Behandlung von Strafanzeigen gegen die Polizei sah kein effektives Rechtsmittel in Bezug auf Misshandlungsvorwürfe vor. Regionale Staatsanwälte gingen nur sehr wenigen Anzeigen nach – zwischen fünf und acht pro 1000 Beschwerden. Noch weniger Fälle zogen ein Strafverfahren gegen die Polizei nach sich.

Im Jahr 2006 hatte die damalige Justizministerin einen Ausschuss ins Leben gerufen, der das aktuelle Beschwerdeverfahren untersuchen und mögliche Veränderungen vorschlagen sollte. Der Ausschuss hatte seinen Bericht bis Ende 2008 noch nicht veröffentlicht.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Im November führten neue Gesetze zu weiteren Einschränkungen des Duldungsstatus, den Ausländer erhalten, gegen die ein Abschiebungsbescheid vorliegt, der jedoch nicht vollzogen werden kann. Darunter fallen Personen, deren Rückkehr in ihr Herkunftsland durch die Rechtsmittelinstanz für Flüchtlinge als unsicher erklärt wird. Im November soll es 18 Personen mit einem Duldungsstatus gegeben haben, darunter der als S. C. bezeichnete tunesische Staatsangehörige. Abgesehen von wenigen Ausnahmefällen müssen die Betroffenen dem neuen Gesetz zufolge in bestimmten Einrichtungen für Asylsuchende leben und sich täglich bei der Polizei melden. Mit der Gesetzesänderung stieg die mögliche Höchststrafe für einen Verstoß gegen diese Bestimmungen auf ein Jahr Freiheitsentzug.

Entgegen den Empfehlungen des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) wurden mindestens elf Iraker in den Irak abgeschoben.

Mehrere Asylsuchende, die Folterungen oder andere Misshandlungen erlitten hatten, erhielten in Dänemark keine angemessene medizinische Versorgung.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Es fehlte an gesetzlichen Schutzmechanismen und Rechtshilfe für Vergewaltigungsopfer. Nur eine von fünf bei der Polizei angezeigten Vergewaltigungen führte zu einer Verurteilung; 60% der Fälle, in denen Anklage erhoben wurde, kamen aus Mangel an Beweisen nicht zur Verhandlung.

Die Gesetzeslage ermöglicht eine Verringerung des Strafmaßes für eine Vergewaltigung, wenn Opfer und Täter anschließend heiraten oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen mit einem Opfer, das beispielsweise infolge einer Krankheit oder eines Rauschzustands wehrlos ist, werden nicht als Vergewaltigung gewertet, es sei denn, es lässt sich nachweisen, dass der Täter unmittelbar für den Zustand des Opfers verantwortlich war.

Amnesty International: Bericht

Police accountability mechanisms in Denmark (EUR 18/001/2008)

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