Positionspapiere Deutschland 25. Juli 2025

Amnesty-Stellungnahme zur Einführung von Tasern für die Bundespolizei

Zeichnung einer Figur mit Mütze und Jacke, auf der "Polizei" steht

Einsatzkräfte der Bundespolizei sollen künftig sogenannte Distanz-Elektroimpulsgeräten – umgangssprachlich Taser genannt – einsetzen dürfen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf brachte das Bundeskabinett am 23. Juli 2025 in Berlin auf den Weg. Amnesty International in Deutschland hat in einer neuen Stellungnahme die geplante Einführung von Tasern aus menschenrechtlicher Sicht bewertet. 

Amnesty International lehnt den Einsatz von Distanz-Elektroimpulsgeräten (DEIG) nicht umfassend ab, er ist aus menschenrechtlicher Perspektive jedoch nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. 

Die Gefährlichkeit von DEIG wird regelmäßig unterschätzt, zumal diese meist als so genannte "nicht-tödliche" Waffen und als weniger verletzungsträchtige Alternative zur Schusswaffe oder aber auch zum Schlagstock oder Reizstoffen verharmlost wird. 

Der Einsatz kann zu schweren Verletzungen bis hin zum Tod führen, insbesondere wenn die Waffen gegen besonders gefährdete Gruppen (Schwangere, Kinder und Jugendliche, Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen) eingesetzt werden oder wenn Risikofaktoren wie Vorschädigungen des Herz-Kreislauf-Systems, psychische Ausnahmesituationen oder Alkohol-/Drogeneinfluss hinzukommen. 

Diese sind für Einsatzkräfte schwer oder kaum erkennbar. Die Hemmschwelle des Einsatzes von DEIG ist aufgrund der unterschätzten Gefährlichkeit verhältnismäßig niedrig, weshalb ein hohes Missbrauchsrisiko besteht. Insbesondere die aufgesetzte Verwendung von dazu entsprechend technisch ausgestatteten DEIG im sogenannten Kontaktmodus verstärkt die Risiken nochmals. Der vorliegende Gesetzesentwurf wird diesen Risiken nicht gerecht.

Amnesty International fordert daher das Bundesministerium des Inneren dazu auf:

  1. Sicherheitsvorkehrungen bezüglich der hohen Risiken zu normieren;
  2. explizit festzuhalten, dass der Einsatz von DEIG nur verhältnismäßig wäre, um den Einsatz anderer tödlicher Gewalt (wie Schusswaffen) zu vermeiden;
  3. den Einsatz von DEIG speziell ausgebildeten Einheiten vorzubehalten;
  4. den Kontaktmodus zu verbieten;
  5. Sicherheitsvorkehrungen bezüglich besonderer Einsatzsituationen mit dem Schwerpunkt auf deeskalierende Maßnahmen einzuführen;
  6. eine Dokumentations-, Veröffentlichungs- und Rechenschaftspflicht sowie Vorgaben zur einheitlichen unabhängigen Evaluierung einschließlich aufzunehmen.

Amnesty International weist darauf hin, dass der vorliegende Gesetzesentwurf mit der erneuten Ausweitung von Einsatzbefugnissen der Vollzugsbeamt*innen des Bundes einhergeht. Es besteht die Gefahr, dass Beamt*innen DEIG extensiv nutzen und sich damit eine Form erheblicher polizeilicher Gewaltanwendung schleichend normalisiert.

Gleichzeitig bleiben Forderungen aus der Zivilgesellschaft und Gesellschaft nach einer sicheren Gesellschaft, die dem Schutz und dem Wohlergehen aller dient, unbeachtet. Entscheidend wäre dabei, die Lebensrealitäten von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, die von Rassismus, Armut oder aus anderen Gründen von struktureller Diskriminierung betroffen sind, ebenso wie ihre negativen Erfahrungen mit den Sicherheitsbehörden ernst zu nehmen. Neben einer kritischen Reflexion bestehender Strukturen, Prozesse und Handlungsmuster wäre dabei eine ernsthafte und wirkungsvolle Einbeziehung von betroffenen Communities entscheidend.

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