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Für ein Europa der Menschenrechte!

© Amnesty International
Anlässlich des Nationalen Flüchtlingstages am 2. Oktober 2015 hat Amnesty International zusammen mit anderen NGOs, Gewerkschaften, Flüchtlingsinitiativen und Künstlerinnen und Künstlern einen Aufruf zu Humanität und Solidarität gestartet. Auch Schriftstellerin Tanja Dückers hat dieses Bekenntnis zu einem Europa der Menschenrechte unterschrieben. Hier erklärt sie, warum.
Der Aufruf "Europa der Menschenrechte", den Amnesty International gemeinsam mit anderen Organisationen und Bündnissen zum Nationalen Tag des Flüchtlings und mit Blick auf das 25-jährige Jubiläum der Deutschen Einheit initiiert hat, hat mich sofort sehr angesprochen. Unter Anderem weil er sich explizit an jeden einzelnen Bürger richtet, weil er nicht nur im Namen von großen Organisationen "spricht". Ein breites Spektrum von Einzelpersonen aus der Gesellschaft hat sich dem Aufruf bereits angeschlossen – von Schriftstellern wie Herta Müller oder Cornelia Funke, von Volker Schlöndorff, von Musikern wie den Ärzten oder auch Fußballvereinen wie dem SC Freiburg oder St. Pauli. Auch ich habe den Aufruf unterzeichnet. Ich bin Schriftstellerin und Publizistin aus Berlin, habe 21 Jahre in einer von einer Mauer umgebenen Stadt gelebt. Ich bin nach 1990 und nach 2004, dem Jahr der EU-Osterweiterung, sehr froh gewesen, mich in Europa frei bewegen und mit meinem Büchern reisen zu können, von Lissabon bis Tallinn.

Tanja Dückers am 1. Oktober 2015 bei einer öffentlichen Aktion anlässlich des Nationalen Flüchtlingstages in Berlin.
In dieser Woche habe ich wieder eine Lesereise, die mich nach München über Wien nach Budapest führen wird. Ich finde es deprimierend, mich derzeit in einem Europa zu bewegen, in dem wieder Grenzkontrollen und Zäune errichtet werden. Das ist nicht das Europa, das ich mir wünsche, das ist nicht das freie Europa, für das viele Menschen schon gekämpft und zum Teil auch ihr Leben gelassen haben.
Es war nicht einfach, dieses offene freie Europa zu errichten, ein jahrhundertelanger Kampf ist dem, was uns heute selbstverständlich erscheint, vorausgegangen. Doch die Idee eines freien Europas ist in West- wie in Osteuropa massiv bedroht. Schon die letzte EU-Wahl hat uns in erschreckendem Maße vor Augen geführt, wie stark wieder in nationalen Kontexten gedacht wird, wie sehr Menschen wieder identitär auf ihre Herkunft festgelegt werden, wie sehr die Idee einer transnationalen Identität als per se realitätsfern und romantisch abgetan wird. Hier wird jedoch nolens volens auf einen obsoleten nationalstaatlichen Identitätsbegriff aus dem 19. Jahrhundert rekurriert.
"Für ein Europa der Menschenrechte": Video von der öffentlichen Aktion am 1. Oktober 2015 anlässlich des Nationalen Flüchtlingstages in Berlin (Video auf YouTube ansehen).
Derzeit erleben wir einen Backlash im Bereich der politischen Philosophie und Praxis, der mehr als beängstigend ist. Wir sollten den neuen Tür- und Torhütern lieber die (Rück-)Frage stellen, ob kollektives Identitätsempfinden überhaupt nötig und (in einer globalisierten Welt, in der Waren schon lange keine Herkunft mehr zu haben scheinen) noch zeitgemäß ist und ob die Zustimmung zu den Grundgesetzen für eine identitäre Teilhabe nicht ausreichen könnte. Identität ist zuvörderst etwas Individuelles, Singuläres, Privates. Es gibt 82 Millionen verschiedene Weisen, "deutsch" zu sein. Neue harte Grenzen und ein dumpfer Widerwille gegen Menschen mit einer anderen Herkunft stehen in Kontrast zu unseren so gern als "europäisch" proklamierten "Werten" (Toleranz, Humanität, Freiheit) und zum Grundrecht auf Asyl.
In den vergangenen Jahren, nach der Wende, wurde ja gern davon gesprochen, dass Europa nicht in erster Linie eine wirtschaftliche Interessensgemeinschaft, sondern eine Wertegemeinschaft ist. Die Werte, auf die sich dann stets nicht ohne Pathos und Selbstglorifizierung berufen wird, sind Errungenschaften, die es nun entschieden zu verteidigen gilt. Wenn sie nicht verteidigt werden, wird jeglicher Anspruch, Europa über die mehre Topographie und seine ökonomische Potenz hinaus auf ideeller Ebene definieren zu wollen, ad absurdum geführt – und wir fügen anderen Menschen aus Krisengebieten, die ihre Hoffnungen auf Europa setzen, viel Leid zu und vorverurteilen sie.
Deshalb habe ich diesen Aufruf unterstützt.
Unterzeichnen auch Sie den Aufruf und bekennen Sie sich zu einem Europa der Menschenrechte!
Jetzt mitmachen: http://www.europa-der-menschenrechte.org