Aktuell Deutschland 21. August 2017

Krankenhaus setzt Zeichen gegen Rassismus

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums München halten ein Plakat der Kampagne "Nimm Rassismus persönlich" hoch.

Nehmen Rassismus persönlich: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Städtischen Klinikums München mit Klinikleiter Günter Milla (Bildmitte)

Welche Ohrenform hat Faulheit? Welche Augenfarbe hat Freundlichkeit? Die Fragen mögen absurd klingen – sie sind es auch! Dennoch oder gerade deswegen trafen sie im Städtischen Klinikum München den richtigen Nerv. Dort arbeiten Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonal aus mehr als 80 Ländern. Viele von ihnen haben – auch im Umgang mit Patientinnen und Patienten – Rassismus erfahren und wissen, wie schnell Menschen aufgrund körperlicher Merkmale auf Charaktereigenschaften schließen und andere Menschen damit oftmals abwerten.

Als Klinikleiter Günter Milla von der Amnesty-Kampagne "Nimm Rassismus persönlich" erfuhr, ermutigte er daher sofort seine Münchener Kolleginnen und Kollegen, sich an der Aktion zu beteiligen. "Wir haben das tatsächlich persönlich genommen", erklärt der Chef des städtischen Klinikums Schwabing. "Wir haben einen hohen Anteil von Kolleginnen und Kollegen und Patienten mit Migrationshintergrund. Beides ist für uns wichtig, auch wenn es manchmal Herausforderungen gibt, sprachlich und kulturell. Gerade unsere bunte Mischung hilft uns, Menschen in der Ausnahmesituation Krankenhaus zu verstehen." Die Mitarbeiterschaft sei das Spiegelbild der ebenso bunten Münchner Bevölkerung und damit der Patientinnen und Patienten, die in den städtischen Kliniken in Schwabing, Bogenhausen, Neuperlach, Harlaching und der Thalkirchner Straße versorgt werden.

Seit Jahren setze sich seine Belegschaft daher für interkulturelle Verständigung im Klinikalltag ein: durch muslimische Gebetsräume, interreligiöse Gedenkfeiern für Verstorbene, spezielle Schulungen im Pflegebereich, einen hauseigenen Dolmetscherdienst, fremdsprachige Patienten-Informationsveranstaltungen und weitere Angebote. Die Amnesty-Kampagne passte da genau ins Konzept.

"Wir haben Postkarten verteilt und Plakate an öffentlichen Stellen aufgehängt – am  Eingang, bei den Aufzügen, in der Notaufnahme," so Milla. "Mir ging es vor allem darum, gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen und auch Patienten ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Und Mut zu machen: Wenn was ist, kann man sich an uns wenden."

Am Geburtsort der Kampagne, im Amnesty-Büro in Berlin, war das Engagement des Städtischen Klinikums Grund zur Freude und Motivation: "Genauso soll es sein", findet Anne-Catherine Paulisch, Teamleiterin bei Campaigning, Digitales und Kommunikation. "Amnesty ist eine Bewegung, die davon lebt, dass möglichst viele Menschen in ihrem eignen Umfeld Menschenrechtsthemen aufgreifen und Handlungsoptionen aufzeigen. Wenn wir hierzu mit kreativen Ansätzen motivieren, dann haben wir einen guten Job gemacht."

Die Kampagne "Nimm Rassismus persönlich" war im Sommer 2016 mit dem Bericht "Leben in Unsicherheit – wie Deutschland die Opfer rassistischer Gewalt im Stich lässt" gestartet. Mit Vorträgen, Aktionen und Publikationen machte sie auf Alltagsrassismus und institutionellen Rassismus aufmerksam. Anlässlich des 5. Jahrestages der NSU-Selbstenttarnung forderte Amnesty in diesem Zusammenhang ein einheitliches politisches Rahmenkonzept zum Schutz von Flüchtlingsunterkünften sowie eine unabhängige Untersuchung, inwieweit institutioneller Rassismus die Ermittlungsarbeit der Strafverfolgungsbehörden beeinflusst.

Weitere Informationen zur Kampagne "Nimm Rassismus persönlich" findest du auf www.amnesty.de/gegen-rassismus

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