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DEINE SPENDE WIRKT!
Wegen friedlicher Proteste verurteilt
Ägypten - Streetart
© Amnesty International
Vier Aktivisten und eine Aktivistin müssen sich am 30. Dezember vor einem Kairoer Berufungsgericht verantworten. Sie waren Ende November festgenommen und am 13. Dezember auf der Grundlage konstruierter Anklagen zu zwei Jahren Haft verurteilt worden.
Appell an
JUSTIZMINISTER
Ahmed El-Zend
Lazoughly Square
Ministry of Justice
Downtown, Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 202) 2 795 8103
E-Mail: info@moj.gov.eg
INNENMINISTER
Magdy Abdel Ghaffar
Ministry of the Interior
25 El Sheikh Rihan Street
Bab al-Louk, Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 202) 2 794 5529
Twitter: @moiegy
Sende eine Kopie an
STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: Contact.US@mfa.gov.eg
Twitter: @MfaEgypt
BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. Februar 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
FAXE, E-MAILS, LUFTPOSTBRIEFE UND TWITTERNACHRICHTEN MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
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Bitte stellen Sie sicher, dass sowohl die Urteile als auch die Strafen gegen Ahmed Mohamed Said, Mostafa Ibrahim Mohamed Ahmed, Karim Khaled Fathy, Mohamed Abdel-Hamid und Gamila Seryel-Dain aufgehoben werden und die fünf Aktivist_innen umgehend freigelassen werden.
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Sorgen Sie unbedingt dafür, dass die Inhaftierten bis zu ihrer Freilassung vor Folter und anderer Misshandlung geschützt sind und regelmäßigen Zugang zu ihren Rechtsbeiständen und Familien erhalten.
- Leiten Sie bitte sofort eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Foltervorwürfe ein und sorgen Sie dafür, dass die Verantwortlichen in einem fairen Gerichtsverfahren ohne Rückgriff auf die Todesstrafe vor Gericht kommen.
Sachlage
Ahmed Mohamed Said, Mostafa Ibrahim Mohamed Ahmed, Karim Khaled Fathy, Mohamed Abdel-Hamid und Gamila Seryel-Dain müssen am 30. Dezember vor dem Berufungsgericht für geringfügige Vergehen im Kairoer Stadtbezirk Abdeen erscheinen. Am 13. Dezember, nicht einmal vier Wochen nach ihrer Festnahme, waren die fünf Aktivist_innen vor dem Gericht für geringfügige Vergehen in Abdeen zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Gegen dieses Urteil haben sie nun Rechtsmittel eingelegt. Einige der Vorwürfe gegen sie basieren lediglich auf der friedlichen Wahrnehmung ihrer Menschenrechte, wie z. B. unerlaubte Versammlung; einige andere Anklagen, auf deren Grundlage sie verurteilt wurden, wie z. B. Verkehrsbehinderung, sind haltlos.
Vier der Aktivist_innen wurden am 19. November festgenommen, dem vierten Jahrestag der Zusammenstöße in der Mohamed-Mahmoud-Straße. Vom 19. bis 25. November 2011 kam es in dieser Straße nahe des Tahrir-Platzes zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Polizeikräften, bei denen 51 Personen getötet wurden. Ahmed Mohamed Said war damals anwesend, um die verwundeten Protestierenden zu behandeln. Am 19. November 2015 versammelten sich auf der Brücke des 6. Oktober in Kairo zahlreiche Demonstrierende, um friedlich der Getöteten zu gedenken. An diesem Tag wurden in ganz Kairo insgesamt 13 Aktivist_innen festgenommen, darunter auch Ahmed Mohamed Said, Mostafa Ibrahim Mohamed Ahmed, Karim Khaled Fathy und Mohamed Abdel-Hamid. Gamila Seryel-Dain wurde laut Angaben ihrer Familie am 22. November festgenommen, als sie den Inhaftierten Lebensmittel brachte.
Ahmed Mohamed Said trat am 8. Dezember in den Hungerstreik und nimmt seither nur noch Flüssigkeit zu sich. Seiner Familie zufolge wurde er am Tag seiner Festnahme während des Verhörs im Gefängnis von Abdeen gefoltert. Man soll ihm Handschellen und eine Augenbinde angelegt, ihn geschlagen und ihm Stromschläge versetzt haben. Außerdem wurden auf seiner Hand Zigaretten ausgedrückt. Mostafa Ibrahim Mohamed Ahmed weist laut Angaben seiner Familie ebenfalls Zigarettenverbrennungen an der Hand auf und befindet sich wie Ahmed Mohamed Said im Hungerstreik. Alle vier Männer werden derzeit im "Gefängnis des 15. Mai" in Kairo festgehalten, während sich Gamila Seryel-Dain nach wie vor im Gefängnis von Abdeen befindet, da es im "Gefängnis des 15. Mai" keinen Frauentrakt gibt. Seit die Männer am 14. Dezember verlegt wurden, hatten sie keinen Zugang zu ihren Familien oder Rechtsbeiständen mehr.
Hintergrundinformation
Am 19. November 2015 versammelten sich auf der Brücke des 6. Oktober in Kairo etwa 30 Demonstrierende, um friedlich der Menschen zu gedenken, die zwischen dem 19. und 25. November 2011 bei Zusammenstößen mit der Polizei getötet wurden. Zu diesem Zweck reihten sie sich auf dem Bürgersteig auf und hielten Plakate hoch, auf denen u. a. stand: "Gerichtsverfahren gegen Verantwortliche für die Tötung von Revolutionären" und "Lasst unsere inhaftierten Brüder und Schwester frei". Ahmed Mohamed Said nahm an dieser Protestveranstaltung teil. Die Demonstration begann um 14 Uhr und dauerte nur etwa fünf bis sieben Minuten. Sicherheitskräfte, die laut Augenzeugenberichten an diesem Tag eine starke Präsenz in Kairo zeigen, nahmen daraufhin einige Festnahmen vor. Ahmed Mohamed Said ging nach der Protestveranstaltung im zentralen Stadtteil Abdeen mit seinem Freund Mostafa Ibrahim Mohamed Ahmed einen Kaffee trinken. Als die beiden Männer gerade gehen wollten, wurden sie von Polizist_innen angesprochen, die ihre Ausweise sehen wollten. Ahmed Mohamed Said hatte seine Ausweispapiere nicht dabei, und die Polizist_innen nahmen beide Männer zur Vernehmung mit auf die Polizeiwache. Laut Angaben seiner Familie war das Mobiltelefon von Ahmed Mohamed Said ab 16 Uhr abgeschaltet. Familienangehörige und Rechtsbeistände fragten auf mehreren Polizeistationen nach den Männern, auch auf der Polizeiwache von Abdeen; überall erhielten sie zur Antwort, dass sich die Männer nicht dort aufhielten. Erst um 4 Uhr morgens am 20. November erfuhren Verwandte und Rechtsbeistände, dass Ahmed Mohamed Said und Mostafa Ibrahim Mohamed Ahmed sowie auch Karim Khaled Fathy und Mohamed Abdel-Hamid auf der Polizeiwache von Abdeen festgehalten wurden.
Alle fünf Aktivist_innen wurden wegen Verstößen gegen das Demonstrationsgesetz von 2013 schuldig gesprochen, welches die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit willkürlich einschränkt. Diese Rechte sind sowohl in der ägyptischen Verfassung (Artikel 65 und 73) als auch im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte festgeschrieben, dessen Vertragsstaat Ägypten ist. Konkret wird den Aktivist_innen vorgeworfen, beim Protestieren die Straße blockiert und den Verkehr behindert zu haben, und unerlaubt eine Versammlung von mehr als fünf Personen abgehalten zu haben. Das Versammeln von mehr als fünf Personen ist ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz von 1914, welches ebenfalls willkürlich die Menschenrechte einschränkt. Laut Angaben der Verteidigung wurden die fünf Angeklagten in dem Anklagepunkt schuldig gesprochen, der mit der höchsten Strafe geahndet wird.
Ihren Rechtsbeiständen zufolge liegen gegen die Männer keine konkreten Sachbeweise vor. In der Fallakte befinde sich lediglich der Untersuchungsbericht eines einzigen Beamten. In dem Bericht heißt es, dass die Angeklagten an der Kreuzung der Straßen "Mohamed Mahmoud" und "Mohamed Farid" in Kairo an einer Protestveranstaltung von mehr als 40 Personen teilgenommen haben, welche den Verkehr behindert und eine Bedrohung für die Sicherheit der Bevölkerung dargestellt habe. Den Rechtsbeiständen der Aktivist_innen zufolge geht allerdings aus einem Bericht des Verkehrsministeriums hervor, dass es an diesem Tag weder Beschwerden über eine Demonstration noch über Verkehrsbehinderungen in der Nähe dieser Kreuzung gab. Die fünf Aktivist_innen wurden bis zu ihrem Gerichtsverfahren am 13. Dezember im Gefängnis von Abdeen in Untersuchungshaft gehalten.
Neun weitere Personen wurden ebenfalls am selben Tag in der Nähe der Brücke festgenommen: Sahar Mandour Amer, Mohamed Ibrahim Ahmed Ibrahim, Mohamed Ali Noaman Elsayed, Ahmed Elsayed Hassan, Sayed Mohamed Ahmed, Mohamed Ibrahim Abouel-Yazid, Mahmoud Islam Elsayed, Ahmed Essam Mohamed und Mohamed Desouky Ramadan. Man brachte sie auf die Polizeiwache von Qasr el-Nil, wo sie nach wie vor festgehalten werden. Ihr Fall wird separat vor dem Gericht für geringfügige Vergehen in Qasr el-Nil verhandelt. Die erste Anhörung war für den 15. Dezember angesetzt gewesen, wurde nun jedoch auf den 5. Januar 2016 vertagt.
Laut Angaben der Familie von Ahmed Mohamed Said weigerte sich der Staatsanwalt, die von ihm am 20. November erhobenen Foltervorwürfe aufzunehmen. Am 22. November ordnete ein Richter die Freilassung gegen Kaution der 13 inhaftierten Aktivist_innen an. Die Staatsanwaltschaft legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel ein, woraufhin alle 13 wieder in Untersuchungshaft genommen wurden.
Gamila Seryel-Dain war ursprünglich auf Geheiß der Staatsanwaltschaft von Qasr el-Nil festgenommen worden. Vier Tage nach ihrer Festnahme wurde sie gegen Zahlung einer Kaution von 3.000 EGP (etwa 350 Euro) wieder auf freien Fuß gesetzt. Daraufhin ordnete die Staatsanwaltschaft von Abdeen auf der Grundlage konstruierter Anklagen ihre erneute Festnahme an. Gamila Seryel-Dain steht nun in beiden Fällen vor Gericht.