Belarus richtet zwei Männer hin
Belarussischen Quellen zufolge sind in der Hauptstadt Minsk in den vergangenen Tagen zwei Männer hingerichtet worden. Die Behörden werden nun dazu angehalten, die Leichname der beiden Männer Andrei Zhuk und Vasily Yuzepchuk ihren Familien zur Beisetzung freizugeben.
Appell an
STAATSPRÄSIDENT
Alyaksandr Lukashenka
Administratsia Prezidenta Respubliki
ul. Karla Marksa, 38
220016 Minsk
BELARUS
(korrekte Anrede: Dear President Lukashenka)
Fax: (00 375) 17 226 06 10 oder
(00 375) 17 222 38 72
E-Mail: contact@president.gov.by
Sende eine Kopie an
BOTSCHAFT DER REPUBLIK BELARUS
S. E. Herrn Andrei Giro
Am Treptower Park 32
12435 Berlin
Fax: 030-5363 5923
E-Mail: info@belarus-botschaft.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Belarussisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 3. Mai 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE
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Appellieren Sie an die belarussischen Behörden, die Leichname von Andrei Zhuk und Vasily Yuzepchuk an ihre Familien zu übergeben, entsprechend den Urteilen des UN-Menschenrechtsausschusses in den Fällen Bondarenko gegen Belarus und Lyashkevich gegen Belarus aus dem Jahr 2003.
- Bringen Sie Ihr Bedauern über die Hinrichtung der beiden Männer zum Ausdruck und fordern Sie von Präsident Lukaschenko, in Übereinstimmung mit der am 18. Dezember 2008 verabschiedeten Resolution 63/168 der UN-Generalversammlung umgehend ein Hinrichtungsmoratorium zu erlassen.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Calling on the Belarusian authorities to release the bodies of Andrei Zhuk and Vasily Yuzepchuk to their families for burial, in line with the UN Human Rights Committee's 2003 rulings in the cases of Bondarenko v. Belarus and Lyashkevich v. Belarus;
- Expressing regret at the execution of the two men, and calling on President Lukashenka to establish an immediate moratorium on the use of the death penalty, in line with UN General Assembly resolution 63/168, adopted on 18 December 2008.
Sachlage
Es ist anzunehmen, dass Andrei Zhuk und Vasily Yuzepchuk etwa am 18. März 2010 erschossen worden sind. Am 19. März 2010 wollte die Mutter von Andrei Zhuk ein Lebensmittelpaket im Gefängnis von Minsk abgeben, in dem die beiden Männer inhaftiert waren. Die Gefängnisbehörde gab das Paket an sie zurück, und man teilte ihr mit, dass die zwei Männer "verlegt" worden seien. Man wies sie an, ihren Sohn nicht mehr zu besuchen, sondern auf eine offizielle Benachrichtigung des Gerichts zu warten. Am Morgen des 22. März 2010 erfuhr sie von Gefängnismitarbeitern, dass beide Männer erschossen worden waren. Der Vater von Andrei Zhuk erlitt einen Herzinfarkt, nachdem er die Todesnachricht erhalten hatte, und wurde in ein Krankenhaus eingeliefert.
In Belarus wird die offizielle schriftliche Benachrichtigung über eine Hinrichtung von dem Gericht ausgestellt, das die Todesstrafe verhängt hat. Es kann Wochen oder Monate dauern, bis das Gericht diesen Bescheid zustellt. Die Leichname von Personen, die hingerichtet wurden, werden nicht für die Familien freigegeben, sondern an einem geheimen Ort beerdigt, der den Angehörigen nicht mitgeteilt wird. Hinzu kommt, dass man den Angehörigen keine der persönlichen Gegenstände ihrer hingerichteten Familienangehörigen aushändigt. Im Jahr 2003 urteilte der UN-Menschenrechtsausschuss im Fall der beiden hingerichteten Gefangenen Anton Bondarenko und Igor Lyashkevich, dass die Geheimhaltung in Bezug auf die Todesstrafe in Belarus die Familienangehörigen bestrafe und einer unmenschlichen Behandlung gleichkomme. Der Menschenrechtsausschuss forderte die Behörden auf, der Mutter von Anton Bondarenko den Ort zu nennen, an dem ihr Sohn beerdigt ist, und für ihr seelisches Leiden eine Entschädigung zu leisten. Als Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sei Belarus zudem verpflichtet, derartige Menschenrechtsverletzungen in Zukunft zu verhindern.
Nach Aussagen des Anwalts von Andrei Zhuk und Vasily Yuzepchuk hatte der UN-Menschenrechtsausschuss im Oktober 2009 an die belarussische Regierung appelliert, die gegen die beiden Männer verhängten Todesurteile nicht zu vollstrecken, bis der Ausschuss ihre Fälle überprüft habe. Es ist unklar, ob der Menschenrechtsausschuss bereits vor der Hinrichtung der beiden Männer eine Entscheidung in ihrem Fall getroffen hatte.
Hintergrundinformation
Belarus ist das einzige Land in Europa und der ehemaligen Sowjetunion, das bis heute Todesurteile vollstreckt.
Vasily Yuzepchuk wurde am 29. Juni 2009 wegen Mordes an sechs älteren Frauen zum Tode verurteilt, nach Ermittlungen und einem Gerichtsverfahren, die sein Anwalt als grundlegend fehlerhaft wertet. Weiter sagte er, dass Vasily Yuzepchuk geschlagen worden sei, um ihn zu einem "Geständnis" zu zwingen. Andrei Zhuk wurde am 22. Juli 2009 zum Tode verurteilt, wegen eines bewaffneten Überfalls und wegen Mordes an einem Mann und einer Frau im Februar 2009. Der Anwalt von Andrei Zhuk hatte seine Besorgnis darüber geäußert, dass es während des ersten Verhörs von Andrei Zhuk zu Verfahrensfehlern gekommen sei. Darüber hinaus hatte er geltend gemacht, dass sowohl der Einfluss der belarussischen Medien als auch eine Äußerung des Innenministers, in der er Andrei Zhuk und seine Komplizen als "Kriminelle" bezeichnet hatte, ehe sie verurteilt wurden, einen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung darstellte. Beide Männer legten Rechtsmittel gegen ihre Urteile ein, die das zuständige Gericht jedoch zurückwies. Sie reichten zudem Gnadengesuche ein.
In Belarus informiert man Gefangene in der Todeszelle nicht im Vorhinein über ihre Hinrichtung. Sie werden in der Regel wenige Minuten, nachdem man ihnen mitgeteilt hat, dass ihr Gnadengesuch abgelehnt wurde, hingerichtet. Man bringt sie in einen Raum, in dem ihnen in Anwesenheit des Gefängnisdirektors, des Staatsanwalts und eines weiteren Mitarbeiters des Innenministeriums mitgeteilt wird, dass ihr Gnadengesuch abgelehnt wurde und das Todesurteil nun vollstreckt wird. Dann werden sie in einen angrenzenden Raum gebracht. Dort zwingt man sie, sich hinzuknien und schießt ihnen in den Hinterkopf.