Menschenrechtler misshandelt

Während eines Besuches seines Anwaltes am 26. Mai 2009 beklagte der aus der Provinz Sichuan stammende Menschenrechtsaktivist Huang Qi, dass er stundenlang verhört worden sei und man ihn mit Schlafentzug quälte: In einem Fall wurde er drei Tage lang ohne Unterbrechung verhört.

Appell an

MINISTERPRÄSIDENT
WEN Jiabao Guojia Zongli
The State Council General Office
2 Fuyoujie
Xichengqu
Beijingshi 100017
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 86) 10 6596 1109

LEITER DES AMTES FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
DER PROVINZ SICHUAN
ZENG Shengquan Tingzhang
Sichuansheng Gong'anting
9 Jindunlu 
Chengdushi 610041
Sichuansheng
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Dear Director)
Fax: (00 86) 28 86301177

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. Juli 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE, IN ENGLISH, CHINESE OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • calling on the authorities to release Huang Qi immediately and unconditionally, as he has been detained solely for peacefully exercising his right to freedom of expression and assembly;

  • urging them to ensure Huang Qi has access to his family and lawyers, and to any medical attention he may require;

  • urging them to ensure that Huang Qi is not tortured or otherwise ill-treated while he remains in custody;

  • calling on them to end use of vaguely-defined charges relating to "state secrets" to crack down on human rights defenders

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

  • die Behörden auffordern, Huang Qi sofort und bedingungslos freizulassen, da er einzig wegen seiner friedlichen Wahrnehmung der Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit festgehalten wird;

  • die Behörden um die Zusicherung bitten, dass er weder misshandelt noch gefoltert wird;

  • fordern, dass Huang Qi Kontakt zu seiner Familie und seinen Rechtsanwälten aufnehmen darf und die erforderliche medizinische Versorgung erhält;

  • die Behörden auffordern, die Anwendung von Gesetzen, die vage formulierte Definitionen von Straftatbeständen, wie "rechtswidrige Beschaffung von Staatsgeheimnissen" enthalten, die häufig zur strafrechtlichen Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern eingesetzt werden, einzustellen.

Sachlage

Huang Qi teilte zudem mit, dass der Arzt der Vollzugsanstalt bei ihm zwei Tumore diagnostiziert habe, einen im Magen, einen anderen im Brustraum, die sich seid März 2009 gebildet haben. Zusätzlich leidet er unter regelmäßigen Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen und Schlaflosigkeit. Die Behörden haben wiederholt Gesuche der Familie abgelehnt, Huang Qi bis zu seinem Prozess auf Kaution aus der Haft zu entlassen. Amnesty International ist besorgt, dass Huang Qi nicht die benötigte medizinische Versorgung erhält.

Huang Qi erwartet einen Prozess wegen "rechtswidrigen Besitzes von streng geheimen Dokumenten". Er wurde am 10. Juni 2008 von Polizisten in Zivil festgenommen. Mit der Begründung, dass die Vorwürfe gegen ihn Staatsgeheimnisse beträfen, wurde ihm jeglicher Kontakt zu Anwälten oder seiner Familie verweigert. Erst am 23. September 2008, nach mehr als drei Monaten Haft ohne Kontakt zur Außenwelt, wurde ihm ein erstes Treffen mit einem Anwalt gestattet. Am 3. Februar verbot das Gericht seinem Anwalt zur Vorbereitung der Verteidigung Kopien von den von der Polizei gesammelten Unterlagen anzufertigen, wiederum mit der Begründung, dass sie Staatsgeheimnisse beträfen. Laut dem Gesetz hätte das Gericht den Prozess von Huang Qi drei Tage vor dessen Beginn öffentlich bekannt geben müssen. Tatsächlich aber wurden Familie und Anwälte erst am 2. Februar, einen Tag vor Prozessbeginn, unterrichtet. Nach Einwänden seitens der Anwälte von Huang Qi verschob das Gericht den Prozess im Laufe des Tages auf ein bisher unbekanntes Datum.

Huang Qi war zwischen August 2001 und Juni 2005 als gewaltloser politischer Gefangener wegen "Anstiftung zur Subversion" inhaftiert. Er hatte die Namen der Personen, die nach der Niederschlagung de Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 verhaftet worden waren, auf seiner chinesischsprachigen Internetseite www.64tianwang.com veröffentlicht. Im Gefängnis wurde er geschlagen. Am 4. Juni 2005 ließ man ihn wieder aus der Haft frei. Seitdem unterhielt er weiter seine Internetseite und half Opfern von Menschenrechtsverletzungen, Klagen gegen die Regierung einzureichen und ihre Fälle zu veröffentlichen, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die chinesischen Behörden schränken das Recht auf freie Meinungsäußerung extrem ein, um von der Regierungsmeinung abweichende Überzeugungen zu unterdrücken. Sie gehen mit brutaler Härte gegen tatsächlich oder vermeintlich abweichende Meinungen in den Medien vor.

Die Gesetze der VR China enthalten vage formulierte Definitionen wie zum Beispiel die der "Subversion" und des "Diebstahls von Staatsgeheimnissen", die dazu verwandt werden, sozial und politisch engagierte BürgerInnen sowie JournalistInnen und InternetnutzerInnen willkürlich zu inhaftieren und strafrechtlich zu verfolgen. Außerdem unterdrücken die Behörden auf diese Art die Berichterstattung über brisante Themen wie die Lage der Menschenrechte oder Kritik an der Regierung.

Nach dem Erdbeben in Sichuan hatten die chinesischen Behörden zunächst in vorher nicht gekannter und begrüßenswerter Weise die uneingeschränkte Berichterstattung im Erdbebengebiet zugelassen. Diese Berichterstattung wurde allerdings wieder zensiert, als ortsansässige Familien begannen öffentlich zu fordern, dass die lokalen Behörden zur Verantwortung gezogen werden müssten. Die Forderungen bezogen sich speziell auf das Einstürzen von Schulgebäuden, die ihren Angaben zufolge schlecht gebaut worden seien. Mehrere Journalisten wurden davon abgehalten, aus der Region zu berichten, und einige wurden festgehalten, weil sie versucht hatten, von den Protesten zu berichten. Die lokalen Behörden haben zudem Schritte in die Wege geleitet, die Demonstranten davon abhalten sollen, nach Peking zu reisen, um die Zentralregierung über die Missstände in Kenntnis zu setzen.