Doktorand weiterhin unter Anklage
Der gewaltlose politische Gefangene Alexander Sodiqov wurde am 22. Juli gegen Kaution freigelassen. Ihm droht allerdings nach wie vor eine Haftstrafe. Er wurde lediglich wegen der Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung im Zusammenhang mit seiner wissenschaftlichen Arbeit ins Visier genommen.
Appell an
PRÄSIDENT
Emomali Rahmon
80 Rudaki Street
Dushanbe 734023, TADSCHIKISTAN
(Anrede: Dear President Rahmon / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 992) 372 21 68 00
E-Mail: mail@president.tj
GENERALSTAATSANWALT
Sherkhon Salimzoda
126 A. Sino Avenue
Dushanbe 734043, TADSCHIKISTAN
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 992) 372 21 02 59
E-Mail: info@mfa.tj (Bei Fax oder E-Mail mit der Bitte um Weiterleitung an den Generalstaatsanwalt)
KOPIEN AN
LEITER DES STAATSKOMITEES FÜR NATIONALE SICHERHEIT
Saimymin Yatimov
State Committee for National Security
Ul Gorkogo 8
734025 Dushanbe
TADSCHIKISTAN
Fax: (00 992) 372 21 23 12
BOTSCHAFT DER REPUBLIK TADSCHIKISTAN
Herrn Tagoymurod Husenov
Perleberger Straße 43
10559 Berlin
Fax: 030-3479 3029
E-Mail: info@botschaft-tadschikistan.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Tadschikisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 3. September 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
-
Bitte lassen Sie die Anklage gegen Alexander Sodiqov umgehend fallen.
- Sorgen Sie bitte dafür, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in Tadschikistan respektiert wird. Hierzu ist das Land durch internationale Abkommen verpflichtet, unter anderem nach Artikel 19 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
-
Calling on the authorities to drop the charges against Alexander Sodiqov immediately.
- Urging them to guarantee the right to freedom of expression in line with their international human rights obligations, including Article 19 of the International Covenant of Civil and Political Rights.
Sachlage
Der Doktorand Alexander Sodiqov wurde am 22. Juli gegen Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen. Eigenen Angaben zufolge war er dort keinen Misshandlungen ausgesetzt. Die Anklage gegen ihn ist nicht fallengelassen worden und die Ermittlungen laufen weiter.
Medienberichten zufolge wurde Alexander Sodiqov in Verbindung mit Ermittlungen wegen "Landesverrats" nach Paragraf 305 des tadschikischen Strafgesetzbuchs inhaftiert. "Landesverrat" kann mit Haftstrafen zwischen 12 und 20 Jahren geahndet werden. Amnesty International betrachtete Alexander Sodiqov als gewaltlosen politischen Gefangenen, der allein wegen der Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung bezüglich seiner wissenschaftlichen Arbeit mit dem Ziel der Veröffentlichung von Informationen in Haft war.
Alexander Sodiqov hat seinen Wohnsitz in Kanada. Er wurde am 16. Juni in Chorugh, der Hauptstadt der Autonomen Provinz Berg-Badachschan im Osten des Landes, von zwei Angehörigen des Staatskomitees für Nationale Sicherheit festgenommen. Am 17. Juni durchsuchten Polizeibeamt_innen das Haus von Alexander Sodiqovs Mutter in der Hauptstadt Duschanbe und nahmen diverse Computer und Datenspeichergeräte mit. Am selben Tag gab das Staatskomitee für Nationale Sicherheit eine Stellungnahme ab, in der Alexander Sodiqov Spionagetätigkeiten für ausländische Regierungen vorgeworfen werden.
Hintergrundinformation
Alexander Sodiqov ist Doktorand an der Universität Toronto. Er recherchierte in Tadschikistan für das Projekt Rising Powers and Conflict Management in Central Asia (Aufstrebende Mächte und Konfliktmanagement in Zentralasien) des Britischen Wirtschafts- und Sozialforschungsrats, an dem die Universität Newcastle und die Universität Exeter beteiligt sind. Seine Festnahme erfolgte, als er gerade ein Interview mit dem zivilgesellschaftlichen Aktivisten und stellvertretenden Leiter des regionalen Arms der Sozialdemokratischen Partei Tadschikistans, Alim Sherzamonov, führte. Laut Berichten der Nachrichtenagentur Asia Plus und Radio Free Europe/Radio Liberty erschien Alexander Sodiqov am Abend des 18. Juni und am Morgen des 19. Juni im Lokalfernsehen in Badachschan und sprach über die Situation in der Autonomen Provinz. Radio Free Europe berichtete, dass manche Beobachter der Ansicht waren, das Filmmaterial sei editiert worden. Am 19. Juni sagte der Leiter des Staatskomitees für Nationale Sicherheit, Saimumin Yatimov, dass ausländische Spione unter dem Deckmantel von NGOs in Tadschikistan operierten und versuchten, die Sicherheit im Land zu untergraben.
Berg-Badachschan ist eine autonome Provinz im Osten des Landes an der Grenze zu Afghanistan. Nur drei Prozent der tadschikischen Bevölkerung leben dort, die meisten von ihnen Anhänger_innen der schiitischen Strömung des Ismailismus. Die übrige Bevölkerung Tadschikistans besteht vorwiegend aus sunnitischen Muslimen. In den vergangenen Jahren haben die Spannungen zwischen den Behörden in Duschanbe und politischen Oppositionsgruppen sowie lokalen militanten Gruppierungen in der Provinz Berg-Badachschan zugenommen.
Im Juli 2012 wurden Berichten zufolge zahlreiche Personen – darunter auch Zivilpersonen – getötet und verletzt, als es zu Zusammenstößen zwischen Regierungstruppen und lokalen militanten Gruppierungen kam, nachdem ein Angehöriger der Sicherheitskräfte erstochen worden war.
Am 21. Mai 2014 kam es in Chorugh in der Autonomen Provinz Berg-Badachschan zu Zusammenstößen, in deren Folge mindestens drei Personen getötet wurden, darunter auch ein Polizeibeamter. Sieben weitere Personen wurden verletzt. Die Todesfälle ereigneten sich während eines Polizeieinsatzes gegen mutmaßliche Straftäter_innen, der zu Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und lokalen Anwohner_innen führte. Am 24. Mai wurde eine Person getötet und zwei verletzt, als Protestierende in Chorugh ein Gebäude der Sicherheitskräfte angriffen. Erst am 26. Mai verließen die Demonstrierenden den zentralen Platz in Chorugh.
Amnesty International hat Fälle in Tadschikistan dokumentiert, die darauf hindeuten, dass Personen, die in Hafteinrichtungen des Staatskomitees für nationale Sicherheit festgehalten werden, besonders von Menschenrechtsverletzungen bedroht sind. Hierzu zählen auch Folter und andere Misshandlungen sowie der Zugang zu einem Rechtsbeistand eigener Wahl.