Weiterhin willkürliche Inhaftierungen

Karte von Thailand

Karte von Thailand

Nach Verhängung des Kriegsrechts am 20. Mai kommt es in Thailand weiterhin zu willkürlichen Inhaftierungen und massiven Einschränkungen der Menschenrechte. Inhaftierte werden oft ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten, während die Rechte von Freigelassenen auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit und Freizügigkeit stark eingeschränkt werden. Die Behörden leiten Verfahren gegen Zivilpersonen vor Militärgerichten ein.

Appell an

LEITER DES NATIONALEN RATES FÜR FRIEDEN UND ORDNUNG
Gen. Prayuth Chan-ocha
Royal Thai Army Headquarters
Rachadamnoen Nok Road,
Bangkok 10200, THAILAND
(Anrede: Dear General / Sehr geehrter Herr General)
Fax: (00 66-2) 226 1838
E-Mail: prforeign@gmail.com

STELLVERTRETENDER LEITER DES NATIONALEN RATES FÜR FRIEDEN UND ORDNUNG
Thanasak Patimaprakorn
Royal Thai Army Headquarters,
Ratchadamnoen Nok Road,
Bangkok 10200, THAILAND
(Anrede: Dear General / Sehr geehrter Herr General)
Fax: (00 66-2) 226 1838
E-Mail: prforeign@gmail.com

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS THAILAND
I.E. Frau Nongnuth Phetcharatana
Lepsiusstr. 64-66
12163 Berlin
Fax: 030-7948 1511
030-7948 1251
E-Mail: general@thaiembassy.de oder thaibln@thaiembassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Thailändisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. Juli 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie nachdrücklich auffordern, niemanden allein aufgrund der friedlichen Wahrnehmung der Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung oder Vereinigung festzunehmen oder zu inhaftieren, und alle Personen, die auf dieser Grundlage inhaftiert sind, umgehend und bedingungslos freizulassen.

  • Alle vom Militär inhaftierten Personen müssen entweder einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden und ein neues Strafverfahren vor einem unabhängigen zivilen Gericht erhalten oder freigelassen werden.

  • Gewähren Sie bitte allen Inhaftierten unverzüglich Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl, einem unabhängigen zivilen Gericht zur Feststellung der Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung, zu ihren Familien und etwaig benötigter medizinischer Versorgung.

  • Bitte veröffentlichen Sie sofort eine Liste aller Inhaftierten und ihrer Aufenthaltsorte.

  • Ich bitte Sie eindringlich, den Gefangenen bei ihrer Haftentlassung keine Bedingungen aufzuerlegen, die gegen die Menschenrechte verstoßen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Demanding that the authorities must not detain or imprison anyone solely for peacefully exercising his or her rights to freedom of expression, peaceful assembly or association, including on the basis of their political affiliation, and for the immediate and unconditional release of all individuals detained on such grounds.

  • Calling for all other persons detained by the military to either be charged with a recognizably criminal offence and remanded by an independent, civilian court or else be released.

  • Urging that all individuals in detention are given immediate access to lawyers, to an independent, civilian court to determine the legality of their arrest, to their families and to any medical care they may need.

  • Calling on the authorities to immediately make public a list of those in detention and their whereabouts.

  • Urging that no conditions violating human rights are applied to the release of any detained individuals.

Sachlage

Die thailändische Militärregierung, der Nationale Rat für Frieden und Ordnung (National Council for Peace and Order – NCPO), lädt weiterhin Menschen vor. Zuletzt wurden weitere 38 Personen aufgefordert, am 2. und 3. Mai beim Militär vorstellig zu werden. Sie wurden festgenommen und befinden sich zum größten Teil in Militärlagern in Haft. In einigen Fällen haben sie Berichten zufolge keinen Kontakt zur Außenwelt und somit keinen Zugang zu Rechtsbeiständen, Gerichten, Angehörigen und/oder Ärzt_innen. Bei friedlichen Protesten werden weiterhin Demonstrierende festgenommen. Zudem sind die Rechte vieler Personen, die aus der Haft entlassen wurden, weiter eingeschränkt worden: Sie mussten Verpflichtungserklärungen unterschreiben, denen zufolge sie bis zu zwei Jahre inhaftiert werden und/oder zu einer Geldstrafe verurteilt werden, wenn sie an politischen Aktivitäten teilnehmen oder ohne Erlaubnis reisen.

Es wurden mindestens vier Personen angeklagt, die von den Behörden vorgeladen oder bei friedlichen Demonstrationen festgenommen worden waren, unter anderem auf der Grundlage von Paragrafen des Strafgesetzbuchs, die die freie Meinungsäußerung massiv einschränken. Der NCPO hat angekündigt, dass Zivilpersonen der Gerichtsbarkeit des Militärgerichts unterstellt werden, unter anderem wenn sie im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit, wegen Beleidigung der Monarchie, Hinwegsetzens über Demonstrationsverbote oder Ignorierens von Vorladungen angeklagt werden. Amnesty International wendet sich gegen den Einsatz von Militärgerichten zur strafrechtlichen Verfolgung von Zivilpersonen, da dies ihr Recht auf ein faires Gerichtsverfahren beeinträchtigt, unter anderem indem ihnen das Recht auf Einlegen von Rechtsmitteln verweigert wird.

Unter denjenigen, gegen die vor Militärgerichten verhandelt wird, ist Prasit Chaisisa, ein Abgeordneter der ehemaligen Regierungspartei im thailändischen Parlament. Die Anklagen gegen ihn wegen Beleidigung der Monarchie (unter Paragraf 112 des Strafgesetzbuchs) wurden bereits vor der Machtübernahme durch das Militär erhoben. Der ehemalige Bildungsminister Chaturon Chaisaeng wird wegen seiner Kritik an der derzeitigen politischen Lage bei einer Pressekonferenz und wegen des Ignorierens von Vorladungen des Militärs vor einem Militärgericht strafrechtlich verfolgt werden. Bewaffnete Soldat_innen nahmen Chaturon Chaisaeng am 27. Mai bei einer Pressekonferenz in Bangkok fest. Er wird wegen seiner Rede vor den Medien, in der er sich friedlich gegen die Machtübernahme durch das Militär wandte, unter sicherheitspolitischen Gesetzen (Paragraf 116 (2) des Strafgesetzbuchs) angeklagt. Laut den Behörden stellt seine Rede ein Verbrechen gegen die Sicherheit dar. Man verwehrt ihm die Freilassung gegen Hinterlegung einer Kaution, und Berichten zufolge hat er keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Weitere 38 Personen haben vom NCPO die Anordnung erhalten, am 2. und 3. Juni dort vorstellig zu werden, darunter ein Rechtsanwalt, Akademiker_innen, Geschäftsleute, führende studentische Aktivist_innen, Gewerkschafter_innen sowie Vertreter_innen der staatlichen und der privaten Medien. Inoffiziellen Quellen zufolge liegt die Zahl der Festnahmen sehr viel höher als von den Behörden angegeben. Unter den Festgenommenen sollen sich Personen befinden, die in ihrem Zuhause oder an anderen Orten festgenommen wurden, sowie Personen, deren Namen nicht auf den veröffentlichten Listen der Militärbehörden auftauchen.

Gemäß dem derzeit vom thailändischen Heer verhängten Kriegsrecht und gemäß am 25. Mai verkündeten Maßnahmen können die Behörden in Thailand Zivilpersonen vor Militärgerichte stellen, vorausgesetzt, die Anklagen beziehen sich auf Straftaten im Zusammenhang mit der Sicherheit, Aufwiegelung oder mit Verstößen gegen unter Kriegsrecht erteilte Anordnungen zum Verbot von Demonstrationen oder zur Vorladung vor die Militärbehörden. Die Strafverfolgung von Zivilpersonen vor Militärgerichten ist zudem im Falle fünf weiterer Straftaten gemäß dem Strafgesetzbuch möglich, darunter Paragraf 112 – der Bestimmung gegen Majestätsbeleidigung. Richtlinien des Obersten Gerichts Thailands schreiben fest, dass eine Person, die unter einer dieser Bestimmungen und zusätzlich wegen einer anderen Straftat angeklagt wird, auch wenn diese vor dem 25. Mai verübt wurde, vor das Militärgericht gestellt werden soll. Bestimmungen für faire Gerichtsverfahren, darunter das Recht auf Einlegung von Rechtsmitteln, finden keine Anwendung.

Viele der aus der Haft Entlassenen mussten Verpflichtungserklärungen unterschreiben, denen zufolge sie strafrechtlich verfolgt und mit einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden und/oder eine Geldstrafe erhalten, wenn sie sich an politischen Aktivitäten oder anderen Aktionen beteiligen, die die Behörden als "provokativ" einstufen. Berichten zufolge fordern die Behörden auch, dass einige ehemalige Häftlinge für Reisen innerhalb und außerhalb Thailands offizielle Genehmigungen einholen müssen. Einige ehemalige Häftlinge gaben an, ihre Formulare zur Haftentlassung legten fest, dass sie nichts tun dürften, das "negative Auswirkungen auf die nationale Sicherheit" habe. Es besteht Anlass zur Sorge, dass diese Einschränkungen weitere Menschenrechtsverletzungen neben der willkürlichen Inhaftierung darstellen, da so friedliche politische Aktivitäten verboten und unter Strafe gestellt werden und die Freizügigkeit willkürlich eingeschränkt wird.

Die Militärbehörden erlassen weiterhin Anordnungen und ergreifen Maßnahmen, die gegen die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit verstoßen, und Personen, die diese Rechte wahrnehmen, drohen Gerichtsverfahren vor einem Militärgericht und Inhaftierungen. Die Bedingungen dieser Anordnungen sind so weit gefasst und vage formuliert, dass sie die Inhaftierung von Personen wegen friedlicher Handlungen als Ausdruck von Dissens ermöglichen. Dies verstößt gegen die Verpflichtungen Thailands gemäß internationalen Menschenrechtsabkommen.

Am 28. Mai kündigte das Ministerium für Informations- und Kommunikationstechnologie die Gründung eines gemeinsamen Komitees von Polizei und Heer an, das die Kommunikation via Internet und Mobiltelefonen überwachen und Personen, die der Verbreitung "illegaler" Informationen verdächtigt werden, festnehmen soll. Berichten zufolge bemüht sich das Ministerium um Kooperation seitens Unternehmen, die im Bereich der sozialen Medien und des Internets tätig sind, bei der Blockierung bestimmter Internetplattformen und Webseiten, darunter YouTube-Videos und Facebook-Profile, und bei der Erleichterung der Überwachung privater Foren und Kommunikationen auf Websites der sozialen Medien und in Chat-Anwendungen auf Mobilgeräten.