Azimzhan Askarov schwer krank

Azimzhan Askarov

Azimzhan Askarov

Der gewaltlose politische Gefangene Azimzhan Askarov ist in der Haft schwer erkrankt und benötigt dringend fachärztliche Hilfe. Zu Beginn der abschließenden Verhandlung über seinen Berufungsantrag am 10. November verlangte der Rechtsanwalt des Gefangenen, seinen Mandanten unverzüglich von einem chirurgischen Facharzt untersuchen zu lassen. Bis zum Ende der Verhandlung war dem Antrag nicht stattgegeben worden, so dass die Familie von Azimzhan Askarov und seine Arbeitskolleg_innen um das Leben des Häftlings bangen.

Appell an

INNENMINSTER
Zarylbek Rysaliev,
Frunze Street, 469, Bishkek 720040
KIRGISISTAN (korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 996) 312 68 20 44
E-Mail: pressa@mail.mvd.kg

GENERALSTAATSANWALT
Kubatbek Baibolov,
Orozbekova Street, 72, Bishkek 720040, KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear General Prosecutor)
Fax: (00 996) 312 66 54 11

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT
Roza Otunbaeva
Dom pravitelstva, Bishkek 720003, KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear President)
Fax: (00 996) 312 62 50 12
E-Mail: admin@kyrgyz-el.kg

BOTSCHAFT DER KIRGISISCHEN REPUBLIK
S.E. Herrn Tolendy Makeyev
Otto-Suhr-Allee. 146, 10585 Berlin
Fax: 030-3478 1362
E-Mail: info@botschaft-kirgisien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Kirgisisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. Januar 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Mit Bestürzung höre ich, wie schlecht es Azimzhan Askarov gesundheitlich geht, und fordere Sie eindringlich auf, ihn unverzüglich angemessen medizinisch versorgen zu lassen, auch wenn dies einen Krankenhausaufenthalt zwingend mit sich bringt.

  • Ich bin zudem besorgt darüber, dass er in der Hafteinrichtung in Bazar-Korgan inhaftiert ist, denn dort wurde er bereits misshandelt. Verlegen Sie Azimzhan Askarov umgehend in ein anderes Gefängnis.

  • Azimzhan Askarov sollte sich weder in Haft befinden noch strafrechtlich verfolgt werden, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing alarm that Azimzhan Askarov is critically ill and urge the authorities to ensure that he receives appropriate and necessary emergency care immediately, including being transferred to hospital.

  • Expressing concern that Azimzhan Askarov is being held at Bazar-Korgan detention centre where he has previously been ill-treated and insist that he is moved to a different detention facility.

  • Reiterating that Azimzhan Askarov should not be in detention or facing trial but is a prisoner of conscience and should be immediately and unconditionally released.

Sachlage

Azimzhan Askarov war am 15. September wegen Mordes und Beteiligung an gewalttätigen Ausschreitungen im Juni 2010 zu lebenslangem Freiheitsentzug verurteilt worden. Sein Berufungsverfahren endete am 10. November mit der Bestätigung des Strafmaßes.

Am letzten Tag des Prozesses berichteten der Rechtsanwalt und Familienangehörige von Azimzhan Askarov, der Gefangene habe aufgrund von Verdauungsbeschwerden seit mehr als 15 Tagen keine Nahrung mehr zu sich nehmen können. Zu Beginn der Verhandlung beantragte der Rechtsanwalt beim Vorsitzenden Richter, wegen des kritischen Gesundheitszustandes von Azimzhan Askarov unverzüglich einen Arzt zu konsultieren. Bis zur Urteilsverkündung war dies jedoch nicht geschehen. Kolleg_innen des Menschenrechtsverteidigers berichteten, er habe sehr abgemagert gewirkt, seine Haut sei gelblich verfärbt gewesen. Die Familie von Azimzhan Askarov und seine Kolleg_innen fürchten um das Leben des Gefangenen, sollte er nicht unverzüglich von einem Arzt untersucht werden.

Der Rechtsanwalt und Familienangehörige von Azimzhan Askarov berichteten, aufgrund seines sich rapide verschlechternden Gesundheitszustands habe ein Notarzt in die Haftanstalt von Bazar-Korgan gerufen werden müssen, in welcher der Gefangene während seines laufenden Berufungsverfahrens zeitweilig untergebracht war. Trotz seiner angegriffenen Gesundheit transportierte man Azimzhan Askarov zum Gericht nach Nooken, um der Verhandlung persönlich beizuwohnen. Seiner Familie und seinem Rechtsanwalt wurde mitgeteilt, der Notarzt habe den Gefangenen nicht umfassend medizinisch versorgen können. Deshalb sei es angebracht, Azimzhan Askarov rasch zu einem chirurgischen Facharzt zu bringen, da möglicherweise eine Notoperation vorgenommen werden müsse.

In der Haftanstalt von Bazar-Korgan ist die Sicherheit von Azimzhan Askarov nicht gewährleistet. Als er dort in den Monaten Juni und Juli erstmals inhaftiert war, hatte man ihn mit Schlägen und auf andere Weise misshandelt. Auch war ihm nicht die notwendige medizinische Versorgung zuteil geworden. Sein Rechtsanwalt und Familienangehörige wurden auf dem Gelände der Haftanstalt bedroht und tätlich angegriffen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International geht davon aus, dass Azimzhan Askarov aufgrund seines legitimen Einsatzes für die Menschenrechte festgenommen wurde. Er leitet die Menschenrechtsorganisation Vozdukh (Luft) und dokumentiert bereits seit einigen Jahren Misshandlungen von Festgenommenen durch die Polizei in Bazar-Korgan und anderen Teilen der Region Dschalal-Abad. Während der gewalttätigen Ausschreitungen im Juni im Süden des Landes filmte und fotografierte Azimzhan Askarov einige der Tötungen und – zumeist auf usbekische Häuser in Bazar-Korgan verübte – Brandanschläge. Dafür verantwortlich sollen Gruppen von Bewaffneten und Männern in Militäruniformen sein, bei denen es sich nach eigenen Angaben um Kirgisen handelt.
Am 15. Juni 2010 wurde Azimzhan Askarov in Bazar-Korgan unter dem Verdacht festgenommen, im Zusammenhang mit dem Tod eines Polizisten während der gewalttätigen Unruhen in diesem Monat "Massenunruhen organisiert" und "ethnisch motivierten Hass" geschürt zu haben. Am 13. August erging gegen ihn Anklage wegen "versuchter Geiselnahme", "Lagerung von Munition", "Aufbewahrung extremistischer Schriften", "Schürens von ethnisch motiviertem Hass und Massenunruhen", "Mittäterschaft an einem Mord" sowie "Mittäterschaft an der Tötung eines Beamten mit Polizeibefugnissen". Nach Angaben örtlicher Menschenrechtsverteidiger_innen wurde Azimzhan Askarov auf der Polizeiwache von Bazar-Korgan über einen längeren Zeitraum hinweg geschlagen, um ihn zu zwingen, seine Filmaufnahmen auszuhändigen und den Mord an dem Polizisten zu gestehen.

Am 15. September verurteilte das Bezirksgericht Nooken den Angeklagten Azimzhan Askarov nach einem grob unfairen Prozess zu lebenslanger Haft und der Einziehung seines Vermögens.

Örtliche und internationale Menschenrechtsbeobachter_innen gaben an, während der Anhörung von Azimzhan Askarov und sieben Mitangeklagten am 2. September hätten Familienmitglieder des verstorbenen Polizisten die Rechtsanwälte von Herrn Askarov und seine Angehörigen sowohl vor den Türen des Gerichts als auch im Gerichtssaal selbst bedroht und angegriffen. Bei der Anhörung vom 6. September waren im Gesicht von Azimzhan Askarov und drei Mitangeklagten Verletzungen erkennbar, die bei der Verhandlung vier Tage zuvor nicht ersichtlich gewesen waren. Dieser Umstand deutet darauf hin, dass die vier Personen in der Zeit zwischen den Gerichtsterminen geschlagen worden sind.

Die Berufungsverhandlung begann am 25. Oktober in Tash-Kumir, etwa 20 Kilometer von Bazar-Korgan entfernt, um die Sicherheit der Angeklagten, ihrer AnwältInnen und der RichterInnen zu gewährleisten. Bewaffnete PolizeibeamtInnen bewachten den Gerichtssaal. Die Angehörigen des getöteten Polizisten sollen die Verhandlungen weniger gestört haben als bisher, dennoch beschimpften und bedrohten sie die Angeklagten und ihre Anwält_innen, hielten Plakate hoch, auf denen sie die Todesstrafe für die Angeklagten forderten, bewarfen den Anwalt von Azimzhan Askarov mit Wasser, und bedrohten den Anwalt eines anderen Angeklagten mit dem Tod. Während der ersten Sitzungen wurden keine Zeug_innen für die Verteidigung aufgerufen. Am 3. November wurde der Prozess nach Nooken verlegt, wo auch das Verfahren der ersten Instanz stattgefunden hatte.

Am 4. November berichteten Augenzeug_innen, dass mehrere Angeklagte von Schlägen gezeichnet waren, als sie das Gerichtsgebäude in Nooken nach der Verhandlung verlassen hatten. Die Beobachter wurden aufgefordert, den Gerichtssaal zu verlassen, bevor die Angeklagten hinausgebracht wurden. Deshalb ist nicht klar, wer sie geschlagen hat. Mindestens ein Angeklagter wurde von Polizeibeamt_innen außerhalb des Gerichts geschlagen und getreten, als er zu dem Fahrzeug gebracht wurde, das die Angeklagten zurück zur Haftanstalt in Bazar-Korgan bringen sollte. Die Verteidiger_innen verlangten eine sofortige gerichtsmedizinische Untersuchung, aber die Staatsanwält_innen in Bazar-Korgan weigerten sich, diese anzuordnen. Menschenrechtsverteidiger_innen berichten, die Mitarbeiter_innen des Staatsanwaltes hielten stattdessen eine Pressekonferenz ab und leugneten, dass Angeklagte verprügelt worden waren.