Rechtswidrig inhaftiert

Der Menschenrechtsverteidiger Aleksei Sokolov wird in der am Ural gelegenen Stadt Yekaterinburg rechtswidrig festgehalten. Die Untersuchungshaftanordnung gegen ihn ist am 6. November ausgelaufen und nicht erneuert worden. Amnesty International befürchtet, dass das Vorgehen der Behörden Aleksei Sokolov dazu bringen soll, sein Engagement für die Menschenrechte einzustellen. Ihm drohen weiterhin Folter und andere Misshandlungen.

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S.E. Herrn Vladimir Kotenev
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. Januar 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

RECOMMENDED ACTION: PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE, IN RUSSIAN, ENGLISH OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • Urging the authorities to release Aleksei Sokolov to await trial, in line with the Supreme Court ruling of 29 October 2009;

  • Demanding that they grant Aleksei Sokolov a prompt and fair trial;

  • While he is in custody, urging the authorities to ensure that he is not tortured or otherwise ill-treated;

  • Calling on them to demonstrate respect for the lawful work of human rights defenders, and ensure they are free to pursue their lawful activities without fear of repercussions.

Appell an

GENERALSTAATSANWALT
Prosecutor General of the Russian Federation
Yurii Ya. Chaika
Ul. Bolshaia Dmitrovka, 15a
Moscow GSP-3
125993 RUSSLAND
(korrekte Anrede: Dear Prosecutor General)
Fax: (007) 495 692 17 25

STAATSANWALT DER REGION SVERDLOVSK
Yurii A. Ponomarev
Ul. Moskovskaia 21
Yekaterinburg
GSP 1036 Sverdlovsk Region
620219 RUSSLAND
(korrekte Anrede: Dear Prosecutor)
Fax: (007) 343 377 02 41

OMBUDSMANN FÜR DIE RUSSISCHE FÖDERATION
Vladimir P. Lukin
Ul. Miasnitskaia 47
Moscow
107048 RUSSLAND
(korrekte Anrede: Dear Mr. Lukin)
Fax: (007) 495 607 74 70

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Appellieren Sie an die Behörden, Aleksei Sokolov bis zum Prozessbeginn freizulassen, wie es das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 29. Oktober 2009 vorschreibt.

  • Fordern Sie von den Behörden, dass Aleksei Sokolov umgehend ein faires Verfahren erhält.

  • Dringen Sie bei den Behörden darauf, sicherzustellen, dass er in Haft nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.

  • Rufen Sie die Behörden auf, die rechtmäßige Tätigkeit von MenschenrechtsverteidigerInnen zu respektieren und sicherzustellen, dass sie ihrer Arbeit ohne Angst vor Repressalien nachgehen können.

Sachlage

Aleksei Sokolov wurde am 13. Mai festgenommen, weil er einen Raubüberfall begangen haben soll, und befindet sich seither in Haft. Als das Regionalgericht von Sverdlovsk am 31. Juli anordnete, ihn bis zum Prozessbeginn freizulassen, stellte ihn die Polizei wegen Diebstahls unter Anklage und behielt ihn in Gewahrsam. Das Gericht des Bezirks Leninskii in Yekaterinburg hat die Untersuchungshaftanordnung mehrfach verlängert. Am 20. Oktober entschied ein Richter dieses Gerichtes, dass Aleksei Sokolov bis zum 6. November in Haft bleiben solle. Diese Frist wurde am 2. November durch einen weiteren Richter bestätigt, der zusätzlich die Verweisung des Falles an ein anderes Bezirksgericht anordnete. Zu einer Fortsetzung der Untersuchungshaft nach dem 6. November äußerte sich der Richter nicht. Dennoch befindet sich Aleksei Sokolov nach wie vor in Haft, was gegen russisches Recht verstößt. Auch, dass die Verteidigung von Aleksei Sokolov bei der Entscheidung vom 2. November nicht anwesend war, stellt einen Rechtsverstoß dar. Gegenwärtig sitzt Aleksei Sokolov in einem Untersuchungshaftzentrum von Yekaterinburg und weiß nicht, wie lange er dort bleiben muss. Eine weitere Anhörung zur Rechtmäßigkeit seiner Haft ist für den 25. November angesetzt.

Seit der Festnahme von Aleksei Sokolov im Mai hat Amnesty International in seinem Fall mehrere Verstöße gegen die russische Strafprozessordnung festgestellt. So fand eine Anhörung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, und der Richter legte keine ausreichende Begründung für die Verlängerung der Haft vor. Amnesty International ist daher in Sorge, dass Aleksei Sokolov möglicherweise kein faires Gerichtsverfahren erhält.

Wie Aleksei Sokolov seinem Anwalt berichtete, hatten ihn PolizistInnen kurz nach seiner Festnahme im Mai bedroht und erklärt, sie dürften ihn zwar nicht schlagen, wüssten aber, wie sie ihn foltern könnten. Außerdem hätten sie zu ihm gesagt: "Du dachtest, du könntest uns kontrollieren, niemand kann die Polizei kontrollieren. Du hast bekommen, was du als Menschenrechtsverteidiger verdienst."

Hintergrundinformation

Hintergrund

Aleksei Sokolov leitet die Nichtregierungsorganisation Pravovaia Osnova (Rechtliche Grundlage), die zum Thema Folter und anderen Misshandlungen an Menschen in russischen Gefängnissen und Haftzentren arbeitet.

Im Jahr 2006 veröffentlichte er einen Film über Folter und andere Misshandlungen in der Gefängniskolonie IK-2 in Yekaterinburg. Ein Teil der Gefängniskolonie war dazu benutzt worden, Menschen unter Arrest zu halten, und dem Film zufolge wurden darin Menschen gefoltert. Der Film fand weite Verbreitung, sowohl in Russland als auch international, und führte zur Schließung der provisorischen Hafteinrichtung. Die Arbeit von Pravovaia Osnova führte zu mehreren Ermittlungen gegen MitarbeiterInnen von Polizei und Gefängniskolonien, denen unter anderem vorgeworfen wurde, Folter eingesetzt zu haben, um Verdächtige zu einem "Geständnis" zu zwingen.
Aleksei Sokolov wurde am 13. Mai 2009 unter dem Verdacht festgenommen, an einem Raubüberfall im Jahr 2004 beteiligt gewesen zu sein. Die Untersuchung dieses Raubüberfalls war bereits mehrere Male eingestellt worden, weil es keine Verdächtigen gab. Am 23. April 2009 nahm man die Ermittlungen jedoch erneut auf. Nach Angaben der Polizei hatte ein Verdächtiger, der bereits wegen eines anderen Verbrechens im Gefängnis sitzt, gestanden, den Raub zusammen mit Aleksei Sokolov begangen zu haben.

Am 29. Oktober 2009 entschied der Oberste Gerichtshof der Russischen Föderation, dass Richter eine Untersuchungshaft nur in Ausnahmefällen und erst dann anordnen sollen, wenn andere Möglichkeiten, um weitere Verbrechen oder ein Untertauchen des Verdächtigen zu verhindern, nach Prüfung verworfen wurden.
Aleksei Sokolov ist in Yekaterinburg gemeldet, hat eine Frau und ein kleines Kind. In einer der Haftanordnungen legte der Richter dar, dass Aleksei Sokolov sein Amt als Mitglied der öffentlichen Kommission für die Kontrolle von Hafteinrichtungen nutzen könnte, um ZeugInnen in seinem Fall zu beeinflussen, die sich bereits in Haft befinden. Mit dieser Begründung ist Aleksei Sokolov vorübergehend aus der Kommission ausgeschlossen, während die Ermittlungen gegen ihn laufen. Er darf in dieser Zeit keine Gefangenen besuchen.