Sri Lanka: Rechtsanwalt seit über einem Jahr ohne Anklage in Haft

Zeichnung einer Figur hinter Gefängnisgittern

Hejaaz Hizbullah wurde am 14. April 2020 inhaftiert und befindet sich seither aufgrund einer konstruierten Anklage unter dem drakonischen Antiterrorgesetz in Gewahrsam. Die Anklage steht im Zusammenhang mit seiner Arbeit als Anwalt, der sich unter anderem für die Rechte von muslimischen Minderheiten in Sri Lanka einsetzt. Hejaaz Hizbullah ist ein gewaltloser politischer Gefangener und muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Appell an

Generalstaatsanwalt

Sanjay Rajaratnam

Attorney General’s Department

Hulftsdorp Street

Colombo 12

SRI LANKA

Sende eine Kopie an

Botschaft der Demokratischen Sozialistischen Republik Sri Lanka

I. E. Frau Manori Premila Unambuwe

Niklasstraße 19

14163 Berlin

Fax: 030-809 097 57

E-Mail: slemb.berlin@mfa.gov.lk
 

 

Amnesty fordert:

  • Hejaaz Hizbullah ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der allein wegen seiner Arbeit und Meinung verfolgt wird. Deswegen fordere ich Sie auf, umgehend alle Anklagen gegen ihn fallenzulassen und ihn bedingungslos freizulassen.
  • Ich fordere die sri-lankischen Behörden außerdem auf, das Antiterrorgesetz (Prevention of Terrorism Act – PTA) aufzuheben und seine Anwendung sofort zu beenden.

Sachlage

Hejaaz Hizbullah ist ein sri-lankischer Anwalt und Menschenrechtsverteidiger. Er befindet sich seit dem 14. April 2020 in Gewahrsam. Seine Inhaftierung beruht auf einer konstruierten Anklage unter dem drakonischen Antiterrorgesetz (Prevention of Terrorism Act – PTA). Bisher liegen keine stichhaltigen Beweise gegen Hejaaz Hizbullah vor.

Seit seiner Inhaftierung werden Hejaaz Hizbullah die durch internationales Recht anerkannten Verfahrensgarantien verweigert. Er befindet sich in verlängerter Verwaltungshaft ohne richterliche Aufsicht zur Überwachung seines Wohlergehens und ohne die Möglichkeit seiner Freilassung auf Kaution. In Polizeigewahrsam wurde Hejaaz Hizbullah der private Zugang zu seinem Rechtsbeistand verwehrt, bis eine Anordnung des Berufungsgerichts vorlag. Selbst nach seiner Anklageerhebung im Februar 2021 und seiner Verlegung in Untersuchungshaft erhielt er nur eingeschränkten Zugang zu seiner Familie und seinem Rechtsbeistand.

Das Antiterrorgesetz PTA ist Teil des Vorgehens der sri-lankischen Behörden gegen die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung. Dieses Gesetz erteilt den Behörden weitreichende Befugnisse, um Einzelpersonen bei bloßem Verdacht auf eine Straftat willkürlich bis zu 18 Monate lang ohne Anklage oder Gerichtsverfahren zu inhaftieren. Das Legalitätsprinzip verlangt, dass Gesetze die Straftaten präzise und eindeutig darlegen. Die Straftatbestände des PTA sind jedoch sehr vage und subjektiv formuliert und wurden in der Vergangenheit verwendet, um gegen regierungskritische Stimmen vorzugehen.

Hejaaz Hizbullah ist ein lautstarker Kritiker der Regierung, der als Menschenrechtsverteidiger unter anderem die Diskriminierung der muslimischen Minderheit in Sri Lanka kritisiert. Er wird von den Behörden nur deshalb ins Visier genommen, weil er friedlich sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Hejaaz Hizbullah ist ein hochrangiger Anwalt am Obersten Gerichtshof Sri Lankas und ein offener Kritiker der Regierung in Menschenrechtsfragen, insbesondere bezüglich der Rechte der Minderheiten im Land. Er wurde am Abend des 14. April 2020 von Angehörigen der Kriminalpolizei (Central Investigative Department – CID) festgenommen. Nachdem er zunächst nicht über die Gründe seiner Festnahme informiert worden war, beschuldigten ihn Behördenvertreter_innen in den Medien später, den an den Bombenanschlägen vom Ostersonntag, dem 21. April 2019, Beteiligten Beihilfe geleistet zu haben – ein Vorwurf, der inzwischen zurückgezogen wurde. Bei den Anschlägen wurden mehr als 250 Menschen getötet. Die Behörden haben Hejaaz Hizbullah nun wegen strafbarer Äußerungen auf der Grundlage des berüchtigten Antiterrorgesetzes (Prevention of Terrorism Act – PTA) angeklagt. Das PTA gibt den Behörden weitreichende Befugnisse, Personen willkürlich für bis zu 18 Monate zu inhaftieren, ohne dass sie angeklagt, einer_einem Richter_in vorgeführt oder vor Gericht gestellt werden müssen. Hejaaz Hizbullah wurde während seiner gesamten Haftzeit der regelmäßige, uneingeschränkte Zugang zu seinen Rechtsbeiständen und Angehörigen verwehrt.

Die Festnahme von Hejaaz Hizbullah erfolgte vor dem Hintergrund der zunehmenden Marginalisierung und Diskriminierung der muslimischen Minderheit in Sri Lanka, der etwa 9 % der Bevölkerung angehören. Amnesty International hat in jüngster Zeit mehrere Vorschläge und Entscheidungen im Kabinett sowie Regierungsverordnungen dokumentiert, die die muslimische Minderheit des Landes von vornherein diskriminieren.

Im Jahr 2017 verwies Ben Emmerson, der damalige UN-Sonderberichterstatter zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Kampf gegen den Terrorismus, auf eine traurige Bilanz der Behörden Sri Lankas bei der Verfolgung von Minderheiten unter dem Vorwurf des Terrorismus und bemerkte, dass "das PTA dazu benutzt wurde, einige der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen zu begehen, darunter weit verbreitete Folter und willkürliche Inhaftierungen im Vorfeld und während des Konflikts, insbesondere um Minderheiten ins Visier zu nehmen und abweichende Meinungen zu unterdrücken". In dem Bericht wurde auch hervorgehoben, dass die sri-lankischen Behörden von jeher Personen mit "verschiedenen tatsächlichen oder vermeintlichen Verbindungen zu bewaffneten Gruppen unter terrorismusbezogenen Gesetzen verfolgt haben und sie jahrelang ohne Anklage oder Gerichtsverfahren, ohne gerichtliche Prüfung ihrer Inhaftierung und mit fast keiner Möglichkeit einer Freilassung festhalten".

Die Menschenrechtskommission von Sri Lanka (HRCSL) hob in ihrem Bericht von 2016 an den UN-Ausschuss gegen Folter die Anwendung von Folter in Sri Lanka hervor. Folter werde "in allen Teilen des Landes routinemäßig angewendet, unabhängig von der Art der vermuteten Straftat, wegen der die Person festgenommen wird". In einer neueren Gefängnisstudie vom Dezember 2020 stellte die HRCSL fest, dass PTA-Gefangene auch in Haft weiterhin Gewalt ausgesetzt sind. Darin heißt es, dass "Gewalt im Polizeigewahrsam ein zentrales Element des Ermittlungsprozesses ist. Dabei wird Folter angewendet, um den Inhaftierten Informationen, Geständnisse und Beweise zu entlocken."

Amnesty International hat Hejaaz Hizbullah vor kurzem als gewaltlosen politischen Gefangenen eingestuft. Diese Einstufung basiert auf den Amnesty International vorliegenden Informationen über die Umstände, die zur Inhaftierung der betreffenden Person geführt haben. Mit der Anerkennung einer Person als gewaltlose_r politische_r Gefangene_r bekräftigt Amnesty International, dass diese Person sofort und bedingungslos freigelassen werden muss. Es bedeutet jedoch nicht, dass die Organisation das frühere oder gegenwärtige Verhalten oder die Ansichten der betreffenden Person gutheißt.