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Saudi-Arabien: Uiguren droht Abschiebung nach China
Der uigurische Religionswissenschaftler Aimidoula Waili (rechts im Bild) und sein Freund Nuermaimaiti Ruze
© privat
Appell an
His Majesty
King Salman bin Abdul Aziz Al Saud
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh
SAUDI-ARABIEN
Sende eine Kopie an
Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien
Herrn Mohammed Abdullah A. Al Dawas,
Geschäftsträger a.i.
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5176
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa
Amnesty fordert:
- Bitte stoppen Sie umgehend die Abschiebung von Aimudoula Waili und Nuermaimaiti Ruze nach China und sorgen Sie dafür, dass sie freigelassen werden, es sei denn, es liegen hinreichende, glaubwürdige und zulässige Beweise vor, dass sie eine international als Straftat anerkannte Handlung begangen haben.
Sachlage
Der Religionsgelehrte Aimidoula Waili (auch bekannt als Hamdullah Veli) und sein Freund Nuermaimaiti Ruze (auch bekannt als Muhammed Rozi) sind seit dem 20. November 2020 ohne Angabe von Gründen im Dhaban-Zentralgefängnis von Dschidda inhaftiert. Da sie am 16. März nach Riad verlegt wurden, ist zu befürchten, dass sie bald nach China abgeschoben werden sollen. Angesichts des harten Vorgehens der chinesischen Regierung gegen die uigurische Minderheit wären die beiden Männer in China in großer Gefahr, willkürlich inhaftiert und gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Mit einer Abschiebung der beiden Uiguren würde Saudi-Arabien gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-Refoulement) verstoßen.
Unzählige Beweise, darunter an die Öffentlichkeit geratene Regierungsdokumente, Hunderte von Zeugenaussagen sowie Drohnenvideos und Satellitenbilder, belegen, dass die chinesische Regierung Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat, darunter die Inhaftierung, Folter und Verfolgung von Uigur_innen und anderen meist muslimischen ethnischen Minderheiten in Xinjiang auf der Grundlage ihrer Religion und ethnischen Zugehörigkeit.
Die chinesische Regierung hat große Anstrengungen unternommen, um die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang zu vertuschen und Angehörige der uigurischen Diaspora daran zu hindern, darüber zu sprechen. Das ist auch der Grund, warum die chinesische Regierung die Auslieferung zahlreicher im Ausland lebender Uigur_innen gefordert hat und diese allein aufgrund ihres friedlichen Aktivismus des "Terrorismus" oder "Extremismus" beschuldigt. Im chinesischen Recht sind "Terrorismus" und "Extremismus" unverhältnismäßig breit ausgelegt und vage formuliert, und die Gesetze werden dazu benutzt, hart gegen Uigur_innen und andere muslimische ethnische Minderheiten vorzugehen.
Eine Auslieferung nach China würde Aimidoula Waili und Nuermaimaiti Ruze der Gefahr von Inhaftierung und Folter aussetzen und einen Verstoß gegen die Verpflichtungen Saudi-Arabiens nach dem Völkerrecht darstellen.
Hintergrundinformation
Aimidoula Waili ist ein chinesischer Rechtsgelehrter der muslimischen Minderheit der Uigur_innen. Diese Bevölkerungsgruppe wird in der Uigurischen Autonomen Region Xinjiang im Nordwesten Chinas seit 2017 brutal verfolgt. Aimidoula Waili war im August 2013 in Xinjiang festgenommen worden, weil einer seiner Fabrikangestellten beschuldigt wurde, einen Aufstand angezettelt zu haben. Er sagte Amnesty International, dass er im Gewahrsam gefoltert wurde, indem man ihm Elektroschocks verabreichte und ihn zwang, bis zu drei Stunden täglich in Unterwäsche und Pantoffeln auf einer Eisfläche zu stehen. Nach Ableisten seiner Strafe wurde er 2016 freigelassen und reiste in die Türkei, wo er eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erhielt. Im Februar 2020 reiste er mit einem Touristenvisum nach Saudi-Arabien, um dort mit seinem Freund Nuermaimaiti Ruze die Pilgerfahrt Umrah anzutreten.
Nuermaimaiti Ruze ist 46 Jahre alt und Vater von fünf Kindern. Er kam zum ersten Mal im Juni 2013 für die Pilgerfahrt Umrah aus China nach Saudi-Arabien. Er blieb in Mekka und arbeitete unter dem Sponsorensystem in einem Restaurant.
Xinjiang ist eine ethnisch äußerst vielfältige Region in China. Mehr als die Hälfte der dort lebenden 22 Millionen Menschen gehören zu überwiegend turksprachigen und meist muslimischen ethnischen Gruppierungen, darunter Uigur_innen (etwa 11,3 Millionen), Kasach_innen (etwa 1,6 Millionen) und andere Bevölkerungsgruppen, deren Sprachen, Kultur und Lebensweise stark von den Han-Chines_innen abweichen, die in China in der Mehrheit sind.
Seit 2017 verübt die chinesische Regierung unter dem Deckmantel einer Kampagne gegen den "Terrorismus" und "religiösen Extremismus" schwere und systematische Menschenrechtsverstöße gegen Muslim_innen in Xinjiang. Schätzungen zufolge werden seit 2017 über eine Million Menschen willkürlich in Internierungslagern in ganz Xinjiang festgehalten.
Im Juni 2021 veröffentlichte Amnesty International einen Bericht, der aufdeckte, dass in der Uigurischen Autonomen Region Xinjiang in China Hunderttausende Muslim_innen willkürlich inhaftiert, gefoltert und politisch indoktriniert sowie zu kultureller Anpassung gezwungen werden. In Zeugenaussagen von ehemaligen Inhaftierten werden die extremen Maßnahmen beschrieben, die die chinesischen Behörden seit 2017 ergreifen, um die religiösen Überzeugungen und Traditionen sowie die kulturellen Praktiken und lokalen Sprachen der muslimischen ethnischen Gruppen in der Region auszumerzen.
Die chinesische Regierung hat große Anstrengungen unternommen, um die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang zu vertuschen und Angehörige der uigurischen Diaspora daran zu hindern, darüber zu sprechen. Amnesty International hat zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Uigur_innen, Kasach_innen und andere turksprachige Muslim_innen in Xinjiang lediglich aus dem Grund inhaftiert wurden, weil sie im Ausland lebten, reisten oder studierten oder mit Menschen im Ausland kommuniziert hatten. Viele von ihnen wurden nur deshalb inhaftiert, weil sie "Verbindungen" zu Menschen haben, die im Ausland leben oder studieren, ins Ausland gereist waren oder mit Personen im Ausland kommuniziert hatten.
In einer internationalen Kampagne fordert Amnesty International die Schließung der Internierungslager und beruft sich dabei auf mehr als 79 detaillierte Fallakten aktuell inhaftierter Personen. Bis September 2021 wurden weltweit mehr als 300.000 Unterschriften gesammelt, um die Freilassung all jener zu fordern, die sich aktuell in Internierungslagern und Gefängnissen in Xinjiang befinden.
Laut Artikel 3 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ist Vertragsstaaten untersagt, eine Person in ein anderes Land auszuliefern oder abzuschieben, in der sie Gefahr liefe, gefoltert zu werden. Saudi-Arabien hat das Übereinkommen am 23. September 1997 unterzeichnet.