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Saudi-Arabien: 10 Jahre Haft für ägyptischen Arzt
Der ägyptische Arzt Dr. Sabri Shalaby
© privat
Am 23. Mai bestätigte der Oberste Gerichtshof in der saudischen Hauptstadt Riad die zehnjährige Haftstrafe für den ägyptischen Arzt Dr. Sabri Shalaby. Das Sonderstrafgericht hatte ihn wegen konstruierter Terrorismusvorwürfe in einem grob unfairen Gerichtsverfahren zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. In seinen ersten zehn Monaten im Gefängnis wurde er in Einzelhaft gehalten, davon drei Monate ohne Kontakt zur Außenwelt. Amnesty International fordert die saudi-arabischen Behörden auf, Dr. Sabri Shalaby unverzüglich freizulassen. In der Zwischenzeit muss er umgehend Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung erhalten.
Appell an
König
King Salman bin Abdul Aziz Al Saud
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh
SAUDI-ARABIEN
Sende eine Kopie an
Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien
S. E. H. R. H. Prinz Abdullah Bin Khaled
Bin Sultan Al Saud
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-889 251 76
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa
Amnesty fordert:
- Ich bitte Sie höflich, dafür zu sorgen, dass Dr. Sabri Shalaby unverzüglich freigelassen wird und seine Verurteilung und Haftstrafe aufgehoben werden. Außerdem bitte ich Sie, dafür Sorge zu tragen, dass Dr. Sabri Shalaby bis zu seiner Freilassung die medizinische Versorgung erhält, die er benötigt.
Sachlage
Nach den Amnesty International vorliegenden Informationen wurde Sabri Shalaby nach dem Antiterrorgesetz verurteilt, weil er die in Saudi-Arabien als terroristische Organisation eingestufte Muslimbruderschaft unterstützt und sich ihr angeschlossen haben soll. Amnesty International fand keine Beweise, die diese Anschuldigungen bestätigen würden. Nach eigenen Angaben wurde Sabri Shalaby in den zehn Monaten vor Beginn seines Prozesses in Einzelhaft festgehalten, davon drei Monate ohne Kontakt zur Außenwelt. Außerdem wurde ihm vom Augenblick seiner Festnahme bis zur ersten Gerichtsverhandlung ein Rechtsbeistand verweigert. Die saudi-arabischen Behörden haben keine Untersuchung zu seiner mutmaßlichen Misshandlung oder Verweigerung von Rechten auf ein ordnungsgemäßes Verfahren eingeleitet.
Sabri Shalaby hat die Gefängnisverwaltung außerdem mehrfach darum gebeten, wegen gesundheitlicher Probleme aufgrund einer früheren Rückenmarksoperation einen Neurologen konsultieren zu dürfen. Seine Anfrage wird auch weiterhin abgelehnt. Außerdem leidet er aufgrund anderer gesundheitlicher Probleme, für die er keine angemessene Behandlung erhalten hat, an Asthma und an grauem Star.
Hintergrundinformation
Dr. Sabri Shalaby war von 2006 bis 2019 als Arzt für das saudi-arabische Gesundheitsministerium tätig. Im Jahr 2017 reichte er beim Verwaltungsgericht in Tabuk eine Klage auf finanzielle Entschädigung ein, nachdem er festgestellt hatte, dass er in den vergangenen zehn Jahren mit einer niedrigeren Gehaltsstufe eingetragen war als seiner tatsächlichen Stellenbeschreibung entsprach. Das Gericht entschied 2019 zu seinen Gunsten und wies das Gesundheitsministerium an, ihm die ausstehenden Beträge rückwirkend auszuzahlen. Das Ministerium legte jedoch Rechtsmittel gegen das Urteil ein, beendete das Arbeitsverhältnis und stellte Sabri Shalaby ein Ausreisevisum aus.
Am 28. Januar 2020, vor dem Rechtsmittelverfahren, nahmen Sicherheitskräfte, die sich als Angehörige des Geheimdienstes des Innenministeriums in Tabuk, einer Stadt im Nordwesten Saudi-Arabiens, zu erkennen gaben, Sabri Shalaby in seinem Haus fest. Sie nannten ihm keinen Grund für seine Festnahme und sagten ihm, er würde nur zu einer kurzen Befragung mitgenommen. Die Sicherheitskräfte durchsuchten sein Haus und beschlagnahmten seine medizinischen Handbücher, sein Laptop, Mobiltelefone und USB-Sticks. Der Familie von Sabri Shalaby zufolge legten sie weder einen Haft- noch einen Durchsuchungsbefehl vor.
Sabri Shalaby war in den ersten zweieinhalb Jahren im Gefängnis von Abha im Südwesten Saudi-Arabiens inhaftiert und wurde dann in das Gefängnis von Dhahban bei Dschidda verlegt, wo er sich nach wie vor befindet.
Im Februar 2021 begann sein Verfahren wegen des Vorwurfs der mutmaßlichen Unterstützung der Muslimbruderschaft vor dem Sonderstrafgericht. Er stand zusammen mit acht Personen vor Gericht, von denen er die meisten nach eigenen Angaben nicht kannte und bisher noch nie gesehen hatte. Das Sonderstrafgericht verurteilte ihn zunächst zu 20 Jahren Gefängnis mit anschließender Abschiebung aus Saudi-Arabien. Im Berufungsverfahren wurde die Haftstrafe auf zehn Jahre verkürzt. Nach Amnesty International vorliegenden Informationen präsentierte die Staatsanwaltschaft keine Beweise für seine angebliche Unterstützung der von Saudi-Arabien als Terrororganisation eingestuften Muslimbruderschaft. Sie stützte sich auf die Aussagen von zwei weiteren mit ihm vor Gericht stehenden Personen sowie auf eine Bestätigung der ägyptischen Sicherheitsbehörde, dass Sabri Shalaby die Muslimbruderschaft unterstützen würde.
Während seiner ersten beiden Befragungen wurde Sabri Shalaby nach eigenen Angaben über seine politische Zugehörigkeit und seine Beziehung zu anderen Personen befragt, die zusammen mit ihm vor Gericht standen. Das Gericht hat Sabri Shalaby nie einen der Beweise vorgelegt, die zur Verurteilung wegen seiner mutmaßlichen Unterstützung der Muslimbruderschaft herangezogen wurden.
Amnesty International hat dokumentiert, wie die saudi-arabischen Behörden seit 2011 regelmäßig das Sonderstrafgericht anrufen, um Andersdenkende systematisch zum Schweigen zu bringen. Es haben zahlreiche Prozesse stattgefunden, die weit hinter den internationalen Standards für faire Verfahren zurückbleiben und in denen Angeklagte zu bis zu 30 Jahren Haft und in einigen Fällen zum Tode verurteilt wurden. Grundlage waren vage formulierte Bestimmungen des Antiterrorgesetzes und des Gesetzes zur Bekämpfung von Internetkriminalität.