Russland: Anti-Kriegslyriker droht weitere Folter

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Das Foto zeigt Artyom Kamardin lächelnd hinter einer Glasscheibe in einem Käfig in einem Gerichtssaal. Vor dem Käfig steht Wachpersonal mit finsterer Miene .

Der russische Dichter und Aktivist Artyom Kamardin (Bildmitte) vor einem Moskauer Gericht im Dezember 2023

Dem Lyriker Artyom Kamardin, der 2023 wegen der öffentlichen Lesung eines kriegskritischen Gedichts zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde, drohen bei seiner Überstellung in eine Strafkolonie und während seines dortigen Aufenthalts Folter und andere Misshandlungen. Artyom Kamardin muss außerdem dringend ärztlich untersucht und versorgt werden. Er ist unverzüglich freizulassen, da er nur aufgrund der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung strafrechtlich verfolgt wird. Das Urteil gegen ihn muss aufgehoben werden. 

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Dein Appell

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Sehr geehrter Herr Gostev,

dem Lyriker Artyom Kamardin, der 2023 wegen der öffentlichen Lesung eines kriegskritischen Gedichts zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde, drohen bei seiner Überstellung in eine Strafkolonie und während seines dortigen Aufenthalts Folter und andere Misshandlungen. Artyom Kamardin muss außerdem dringend ärztlich untersucht und versorgt werden.

Sorgen sie bitte dafür, dass Artyom Kamardin während seiner bevorstehenden Überstellung in die Strafkolonie und während seiner Haftzeit dort nicht schikaniert, gefoltert oder anderweitig misshandelt wird. Gewährleisten Sie außerdem, dass er bei der Überstellung die nötige medizinische Versorgung erhält und bei seiner Ankunft in ein ziviles Krankenhaus gebracht wird, um eine angemessene medizinische Untersuchung und Behandlung zu erhalten. 

Abschließend fordere ich Sie auf, dafür zu sorgen, dass seine Familie unverzüglich darüber informiert wird, wo er seine Strafe verbüßen wird, und dass er während seiner Überstellung und in der Strafkolonie Kontakt mit seiner Familie halten kann.

Mit freundlichen Grüßen

Dear Mr. Gostev 

I am writing to you to express my deep concern about the health and well-being of poet Artyom Kamardin, sentenced to seven years imprisonment on trumped-up charges for a public reading of one of his poems. Artyom was subjected to harassment and ill-treatment while in pre-trial detention in Moscow. According to information received by his family, the penal authorities threatened that he would be further tortured and ill-treated during his upcoming transfer to, and after his arrival, at a penal colony. 

On 25 November, it was revealed that Artyom Kamardin had been transferred from a Moscow pre-trial detention center to another pre-trial detention centre (SIZO-1) in Vladimir. His family was not informed of this transfer, nor of the name of the penal colony to which he will be transferred to serve his sentence, which is a violation of Russian law. He was also denied the chance to contact his family before the transfer and upon arrival in Vladimir, and his lawyer has also been unable to contact him. There are concerns he may face torture or other ill-treatment during the transfer and at the penal colony. I am also deeply concerned about the impact of the inhumane transfer conditions on Artyom Kamardin's health. For months, he has suffered from severe back pain, headaches, nausea, dizziness, and tinnitus, yet he has received no proper medical examination or treatment during his pre-trial detention. Artyom urgently requires a medical examination and appropriate care.

I urge you to ensure that Artyom Kamardin is not subjected to harassment, torture, or other ill-treatment during his future transfer to, and while serving his sentence at, the penal colony. Additionally, I call on you to guarantee he receives the necessary healthcare he requires during transit and is transferred to a civilian hospital for a proper medical examination and treatment upon arrival. Lastly, I request that his family is promptly informed of the location where he will serve his sentence and that he is allowed to maintain contact with them during the transfer and at the colony.


Yours sincerely,

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Appell an

Gostev Arkadii Aleksandrovich
Head of the Federal Penitentiary Service
ul. Zhitnaya 14
Moscow 119049
RUSSISCHE FÖDERATION

Sende eine Kopie an

Botschaft der Russischen Föderation 
S. E. Herrn Sergej J. Netschajew
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@russische-botschaft.de

Amnesty fordert:

  • Sorgen sie bitte dafür, dass Artyom Kamardin während seiner bevorstehenden Überstellung in die Strafkolonie und während seiner Haftzeit dort nicht schikaniert, gefoltert oder anderweitig misshandelt wird. Gewährleisten Sie außerdem, dass er bei der Überstellung die nötige medizinische Versorgung erhält und bei seiner Ankunft in ein ziviles Krankenhaus gebracht wird, um eine angemessene medizinische Untersuchung und Behandlung zu erhalten. 
  • Abschließend fordere ich Sie auf, dafür zu sorgen, dass seine Familie unverzüglich darüber informiert wird, wo er seine Strafe verbüßen wird, und dass er während seiner Überstellung und in der Strafkolonie Kontakt mit seiner Familie halten kann.

Sachlage

Es besteht große Sorge um die Gesundheit und das Wohlergehen des Lyrikers Artyom Kamardin, der wegen konstruierter Anklagen im Zusammenhang mit der öffentlichen Lesung eines seiner Gedichte zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde. Während seiner Untersuchungshaft in Moskau wurde Artyom Kamardin schikaniert und misshandelt. Nach Informationen, die seiner Familie zugegangen sind, drohten die Strafvollzugsbehörden damit, ihn während seiner bevorstehenden Überstellung in eine Strafkolonie und nach seiner dortigen Ankunft weiter zu foltern und zu misshandeln. 

Am 25. November wurde bekannt, dass Artyom Kamardin von einem Untersuchungsgefängnis in Moskau in ein anderes Untersuchungsgefängnis (SIZO-1) in Vladimir verlegt wurde. Seine Familie wurde weder über diese Verlegung noch über den Namen der Strafkolonie informiert, in die er zur Verbüßung seiner Haftstrafe überstellt werden soll. Dies verstößt gegen russisches Recht. Darüber hinaus wurde ihm vor der Verlegung nach Vladimir und bei seiner Ankunft dort keine Möglichkeit gegeben, Kontakt mit seiner Familie aufzunehmen. Auch sein Rechtsbeistand konnte ihn bisher nicht kontaktieren. Es ist zu befürchten, dass er während der Überstellung und in der Strafkolonie gefoltert oder anderweitig misshandelt wird. Auch die möglichen Folgen der unmenschlichen Überstellungsbedingungen auf Artyom Kamardins Gesundheit geben großen Anlass zur Sorge. Er leidet seit Monaten unter starken Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und Tinnitus, ohne dass er während seiner Untersuchungshaft eine angemessene medizinische Untersuchung oder Behandlung erhalten hätte. Artyom Kamardin muss dringend ärztlich untersucht und medizinisch versorgt werden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 22. September 2022 nahm der Lyriker und Aktivist Artyom Kamardin an einer öffentlichen Lyriklesung auf dem Moskauer Triumfalnaya-Platz teil. Diese sogenannten "Majakowski-Lesungen" wurden in der Nähe des Denkmals des Dichters Wladimir Majakowski abgehalten und knüpften an die Tradition sowjetischer Dissident*innen an. Die Lesungen im September 2022 fanden aus Protest gegen die am Vortag ausgerufene Mobilmachung statt, mit der Soldat*innen für die russische Armee im Angriffskrieg gegen die Ukraine rekrutiert werden sollten. 

Am 26. September 2022 verschafften sich bewaffnete Sicherheitskräfte Zutritt zu der Wohnung von Artyom Kamardin und seiner Lebensgefährtin Aleksandra Popova.  Der Rechtsbeistand von Artyom Kamardin durfte bei der Durchsuchung nicht anwesend sein. Nach Informationen von Aleksandra Popova wurde Artyom Kamardin von den Ordnungskräften gefoltert. Sie unterzogen ihn sexualisierter Gewalt, filmten dies und zwangen sie, sich die Aufnahmen anzusehen. Daraufhin wurde Artyom Kamardin gezwungen, sich hinzuknien und sich vor laufender Kamera für das Aufsagen eines kriegskritischen Gedichts zu "entschuldigen".

Aleksandra Popova wurde ebenfalls von den Polizist*innen gefoltert. Diese klebten ihr Aufkleber ins Gesicht, die sie mit Sekundenkleber befestigten, rissen ihr Haare aus und schlugen sie, was nach Angaben von Aleksandra Popova zu einer Gehirnerschütterung und einer Kopfverletzung führte. Außerdem wurde sie beschimpft und mit Gruppenvergewaltigung bedroht. 

Bei Artyom Kamardin stellte man laut seinem Rechtsbeistand eine Gehirnerschütterung sowie mehrere Prellungen und andere Verletzungen fest. Die Behörden weigerten sich, ihn ins Krankenhaus zu bringen.

Gegen Artyom Kamardin und zwei weitere Männer, Yegor Shtovba und Nilkolay Daineko, die ebenfalls bei den Majakowski-Lesungen anwesend waren, wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Sie wurden wegen "Aufstachelung zu Hass und Feindschaft" (Paragraf 282, Absatz 2 des russischen Strafgesetzbuchs) und wegen des "öffentlichen Aufrufs zu Handlungen, die sich gegen die Staatssicherheit richten" (Paragraf 280.4, Absatz 3 des Strafgesetzbuchs) angeklagt. Nikolay Daineko bekannte sich schuldig und wurde im Mai 2023 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Am 28. Dezember 2023 verurteilte das Bezirksgericht Tverskoy in Moskau Artyom Kamardin zu sieben Jahren Gefängnis. Yegor Shtovba wurde zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Artyom Kamardin litt bereits vor seiner Festnahme an Rückenproblemen. Diese haben sich in der Haft verschlimmert. Seit April 2024 leidet er unter schweren Rückenschmerzen. Darüber hinaus berichtete er über eine beträchtliche Verschlechterung seines Gesundheitszustands, die sich unter anderem durch Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und einen Tinnitus äußert. Auch seine psychische Verfassung ist beeinträchtigt, und er leidet unter Schlafstörungen und anderen Problemen. 

Mehrere Monate hat die Familie von Artyom Kamardin vergeblich versucht, ihm eine ärztliche Untersuchung zu verschaffen. Am 21. Oktober 2024 wurde er schließlich auf die Krankenstation eines anderen Untersuchungsgefängnisses gebracht. Da es an der nötigen Ausstattung fehlte, wurde jedoch keine angemessene medizinische Untersuchung durchgeführt. Die einzige Behandlung, die Artyom Kamardin erhielt, waren Schmerzmittel und Vitaminspritzen. Er wurde ins Untersuchungsgefängnis zurückgebracht, ohne dass sich sein Zustand gebessert hätte. Es ist zu befürchten, dass sich sein Gesundheitszustand während seiner Überstellung in eine Strafkolonie weiter verschlechtern wird. 

Aus dem Umfeld von Artyom Kamardin erfuhr Amnesty International, dass er während seiner Untersuchungshaft schikaniert und misshandelt wurde. Seine Familie erhielt außerdem Informationen, nach denen Artyom Kamardin weitere Folter und Misshandlungen während der Überstellung in eine Strafkolonie und nach seiner Ankunft dort angedroht wurden. 

In Russland sind Folter und andere Misshandlungen in Gewahrsam nach wie vor weit verbreitet. Die Verantwortlichen gehen meist straffrei aus.