Gewaltloser politischer Gefangener
Diese Urgent Action ist beendet.
Professor Muhammad Ismail wurde am 12. April auf Anordnung eines Gerichts in Peschawar gegen Kaution freigelassen fast drei Monate, nachdem am 2. Februar eine Haftentlassung auf Kaution abgelehnt worden war. Es war zu wochenlangen gerichtlichen Verzögerungen bei seiner Anhörung gekommen. Währenddessen war er trotz eines Covid-19-Ausbruchs im Gefängnis weiterhin in Haft gehalten worden. Die Anklage wegen "Terrorismus-Finanzierung" wurde noch nicht fallengelassen, und ihm droht im Falle einer Verurteilung weiterhin eine lange Haftstrafe. Das Gerichtsverfahren gegen Professor Ismail findet vor einem Antiterrorgericht in Peschawar statt.

Prof. Muhammad Ismail, Pakistan
© privat
Professor Muhammad Ismail wurde am 4. November die Freilassung gegen Kaution verwehrt. Der gewaltlose politische Gefangene sitzt wegen "Hassrede" und "Cyber-Terrorismus" in Haft. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu sieben Jahre Haft. Professor Ismail ist ein deutlicher Kritiker der pakistanischen Streitkräfte und ihres Umgangs mit seiner Tochter, der Menschenrechtsverteidigerin Gulalai Ismail. Nun sieht er sich konstruierten Anklagen unter den drakonischen Antiterrorgesetzen des Landes gegenüber. Die Familie Ismail wird bereits seit Mai überwacht, bedroht und eingeschüchtert. Prof. Ismail befindet sich allein aufgrund der friedlichen Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung in Haft und muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.
Appell an
Außeminister
Shah Mahmood Qureshi
Foreign Office
Constitution Avenue, Islamabad
PAKISTAN
Fax: (00 92) 51 920 76 00
Sende eine Kopie an
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK PAKISTAN
S. E. Herrn Jauhar Saleem
Schaperstr. 29
10719 Berlin
Fax: 030-2124 4210
E-Mail: mail@pakemb.de
Amnesty fordert:
- Wir fordern Ihre Regierung höflich auf, alle Anklagen gegen den gewaltlosen politischen Gefangenen Professor Ismail umgehend und bedingungslos fallenzulassen und unverzüglich seine Freilassung anzuordnen.
- Bitte setzen Sie sich auch dafür ein, dass die extreme Überwachung von ihm und seiner Familie eingestellt wird.
Sachlage
Amnesty International ist in großer Sorge um das Leben und die Sicherheit von Professor Muhammad Ismail, einem 64-jährigen Lehrer und Menschenrechtsverteidiger. Der Vater der Frauenrechtlerin Gulalai Ismail und die ganze Familie werden extrem überwacht und schikaniert. Damit soll die Familie zum Schweigen gebracht werden und die ohnehin schon bedrohte Menschenrechtsgemeinschaft Pakistans in immer mehr Angst versetzt werden.
Prof. Ismails Entführung und die konstruierten Anklagen unter dem drakonischen Antiterrorgesetz und dem Digitalverbrechensgesetz Pakistans lassen befürchten, dass er zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt und dies angesichts seines fortgeschrittenen Alters seine Gesundheit zusätzlich belasten wird. Er darf nicht allein wegen einer politischen Meinungsäußerung und der Verteidigung seiner Tochter – die aus Pakistan flüchten musste – bestraft werden.
Hintergrundinformation
Gulalai Ismail, die Tochter von Professor Muhammad Ismail, ist eine bekannte Menschenrechtsverteidigerin, die sich durch ihren Einsatz für die Frauenrechte viel Anerkennung erworben hat. 2017 wurde ihr der Anna-Politkowskaja-Preis verliehen. Sie ist die Vorsitzende der pakistanischen Frauenrechtsorganisation Aware Girls. Gulalai Ismail ist zudem eine offene Unterstützerin von Pakistans Paschtune-Tahaffuz-Bewegung, einer friedlichen Organisation, die gegen außergerichtliche Hinrichtungen, das Verschwindenlassen und andere Menschenrechtsverletzungen eintritt, unter der Pakistans paschtunische Bevölkerung leidet.
Gulalai Ismail wurde nach einer Rede bei einer Protestveranstaltung am 22. Mai wegen "Aufwiegelung", "Terrorismus" und "Verleumdung" angeklagt, was sie zwang, am 23. Mai unterzutauchen. In der Folge wurde das Haus ihrer Familie viele Male durchsucht und Männer der Sicherheitsbehörden in Zivilkleidung beschlagnahmten ihre elektronischen Geräte.
Nachdem Gulalai Ismail in den USA politisches Asyl beantragt hatte, nahmen die Drohungen und Einschüchterungstaktiken zu. Am 12. Juli wurde eine erste Ermittlungsakte zu Professor Muhammad Ismail, seiner Frau und seiner Tochter vorgelegt. Darin werden sie beschuldigt, Geldmittel aus dem "Ausland" zu erhalten, "Terroristische Organisationen" zu unterstützen und unter dem Deckmantel der Sozialarbeit für diese tätig zu sein.
Als Prof. Ismail noch auf Kaution frei war, ehe er wegen dieses Falls festgenommen wurde, hatte er beim Hohen Gericht von Peschawar beantragt, diese Anklage fallenzulassen. Als am 24. Oktober die Anhörung zu diesem Antrag stattfinden sollte, wurde er vor dem Gerichtgebäude von unbekannten Männern verschleppt. Seine Familie erfuhr erst in der Nacht durch pakistanische zivilgesellschaftlich engagierte Personen, dass er sich im Gewahrsam der Abteilung für Cyber-Kriminalität der Bundesermittlungsbehörde befand. Erst am 25. Oktober wurde die Festnahme von Prof. Ismail offiziell bestätigt. An diesem Tag wurde er einem Sondergericht in Peschawar vorgeführt und wegen "Hassrede" und der Verbreitung von "Falschinformationen" über Regierungsinstitutionen auf seinen privaten Social-Media-Seiten unter dem drakonischen Digitalverbrechensgesetz angeklagt.
Prof. Ismail leidet an verschiedenen gesundheitlichen Problemen, die durch die Haft aller Wahrscheinlichkeit nach verschlimmert werden.
In den letzten Jahren werden die freie Meinungsäußerung und die Rechte auf Versammlung und Vereinigung in Pakistan immer wieder unter Beschuss genommen. Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen sehen sich online und offline Einschränkungen ausgesetzt. 2019 hat das Vorgehen gegen den zivilgesellschaftlichen Freiraum durch die drakonischen Gesetze, die eine Verletzung von Menschenrechten ermöglichen, noch zugenommen.