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Konstruierte Anklagen
Landkarte Malediven
© wikimedia.org/tubs
Der unabhängige maledivische Politiker Ahmed Mahloof muss sich aufgrund seiner Teilnahme an friedlichen Protesten wegen "Terrorismus" und "Behinderung der Polizeiarbeit" verantworten. Zudem werden ihm auf der Grundlage zweier Tweets über die Polizei "falsche Berichterstattung" vorgeworfen. Amnesty International hält die Anklagen für konstruiert und politisch motiviert. Bei einem Schuldspruch drohen dem Politiker knapp 20 Jahre Gefängnis.
Appell an
Justizminister
Mohamed Anil
6 Floor, Velaanaage, Ameeru Ahmed Magu
20096, Male
MALEDIVEN
Sende eine Kopie an
Gefängnisbeauftragter
Ahmed Shihan
Gaazee Building, 1st Floor
Male
MALEDIVEN
Fax: (00 960) 3 313 727
E-Mail: info@corrections.gov.mv
Botschaft der Republik Malediven
I.E. Frau Jameela Ali Khalid
Pariser Platz 4 a
10117 Berlin
E-Mail: info@maldivesembassy.de
Amnesty fordert:
- Lassen Sie Ahmed Mahloof bitte umgehend und bedingungslos frei, und lassen Sie sämtliche Anklagen gegen ihn fallen, die lediglich auf der Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit beruhen.
- Bitte sorgen Sie dafür, dass das Strafjustizsystem nicht dazu eingesetzt wird, um unrechtmäßig gegen Oppositionelle vorzugehen.
- Stellen Sie sicher, dass die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit respektiert werden und dass Menschen auf den Malediven ihre Ansichten ohne Angst vor Bestrafung, Repressalien oder Einschüchterung äußern können.
Sachlage
Ahmed Mahloof ist ein ehemaliger maledivischer Fußballstar, der nach seiner Sportlerkarriere in die Politik ging, wo er sich zunächst der Regierungspartei anschloss, nun aber aus der Partei ausgetreten und zu einem ihrer heftigsten Kritiker geworden ist. Er wurde am 22. Februar 2018 festgenommen, weil er bei einer friedlichen Protestveranstaltung in der Hauptstadt Malé Gasmasken an die Demonstrierenden verteilt hatte, damit diese sich vor dem Tränengas und Pfefferspray der Polizei schützen konnten. Er wurde daraufhin wegen "Behinderung der Polizeiarbeit" angeklagt – eine Straftat, auf die mindestens sechs Monate Haft stehen. Das internationale Netzwerk Parliamentarians for Global Action hat seine Inhaftierung als "ungerechtfertigt" und "politisch motiviert" verurteilt. Daraufhin wurde Ahmed Mahloof am 4. April vom Gefängnis in den Hausarrest verlegt.
Neben dem Vorwurf der "Behinderung der Polizeiarbeit" muss sich Ahmed Mahloof noch wegen Anklagen in drei weiteren Punkten verantworten. Die gerichtlichen Anhörungen beginnen am 13. Mai. Die erste dieser drei weiteren Anklagen bezieht sich auf seine Rolle in einem friedlichen Protest am 3. Februar auf der Maafushi-Insel, als er "eine Gruppe Menschen angeführt" haben soll, die in ein Gefängnis eindrang. Die Demonstrierenden hatten zunächst vor dem Gefängnis gegen willkürliche Festnahmen und das scharfe Vorgehen der Regierung gegen Oppositionsproteste demonstriert. Augenzeugenberichten zufolge hat Ahmed Mahloof an dem friedlichen Protest teilgenommen und war nicht Teil der Gruppe, die in das Gefängnis einzudringen versuchte. Hierfür wurde er ursprünglich ebenfalls wegen "Behinderung der Polizeiarbeit" angeklagt, was später jedoch in "Terrorismus" umgewandelt wurde – eine Straftat, die bei einem Schuldspruch mit mindestens 17 Jahren Haft geahndet wird.
Die Anklage der "falschen Berichterstattung" in zwei Punkten bezieht sich auf zwei separate Tweets, die Ahmed Mahloof gepostet hat. Pro Fall drohen ihm bei einem Schuldspruch sechs Monate Gefängnis. Im ersten Tweet, der am 3. Dezember 2017 gepostet wurde, wandte sich Ahmed Mahloof an das offizielle Twitter-Konto der maledivischen Polizei und bat um eine Reaktion auf die Nachricht, dass der ehemalige Vizepolizeipräsident degradiert worden sein soll, weil er sich weigerte, den ehemaligen Vizepräsidenten Ahmed Adeeb zu vergiften. Im zweiten Tweet vom 20. Januar 2018 gab Ahmed Mahloof an, dass in den vergangenen 18 Monaten elf Personen aufgrund von "grober Fahrlässigkeit" im Polizeigewahrsam gestorben seien.
Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung sind in den vergangenen Jahren immer stärker beschnitten worden. Dies hat sich seit der Verhängung des Ausnahmezustands im Februar 2018 noch intensiviert. Amnesty International betrachtet Ahmed Mahloof als gewaltlosen politischen Gefangenen, der umgehend und bedingungslos freigelassen werden muss.
Hintergrundinformation
Ahmed Mahloof wurde nach seiner Festnahme im Februar 2018 wegen aller vier Anklagen gerichtlich vorgeladen. Eigenen Angaben zufolge ist Ahmed Mahloof seit 2012 mehr als 25 Mal wegen seiner friedlichen politischen Aktivitäten in Gewahrsam genommen worden.
Seit dem Amtsantritt von Präsident Abdulla Yameen im Jahr 2013 nehmen auf den Malediven die Repressalien zu. Alle wichtigen Mitglieder der Opposition befinden sich entweder im Gefängnis oder mussten ins Exil gehen. Das bekannteste Opfer dieser Repressalien ist der ehemalige Präsident Mohamed Nasheed, der im März 2015 wegen "Terrorismus" zu 13 Jahren Haft verurteilt wurde. Die Vorwürfe stammten aus einem sehr fehlerhaften und politisch motivierten Gerichtsverfahren.
Am 1. Februar 2018 entschied der Oberste Gerichtshof der Malediven überraschend, dass Mohamed Nasheed und acht weitere Oppositionspolitiker_innen zu Unrecht und auf der Grundlage von fehlerhaften Verfahren, die nicht den internationalen Standards entsprachen, inhaftiert wurden. Doch anstatt das Gerichtsurteil umzusetzen, nahm die maledivische Regierung den Obersten Richter Abdulla Saeed sowie den Richter Ali Hameed und einige weitere Justizangehörige fest. Zudem nahm die Regierung den ehemaligen Präsidenten Maumoon Abdul Gayoom und seinen Schwiegersohn Mohamed Nadheem fest. Sie befinden sich alle nach wie vor im Gefängnis.
Die internationale Gemeinschaft hat der Unterdrückung der politischen Opposition auf den Malediven bisher nur wenig Beachtung geschenkt. Da die Tourismusströme trotz allem unaufhörlich fließen, lässt sich die Regierung nicht beirren und geht weiter gegen Andersdenkende vor, z. B. indem sie Oppositionsangehörige in Verfahren vor Gericht stellt, die nicht den internationalen Standards entsprechen und von denen man vermutet, dass sie politisch motiviert sind.
Im April 2017 äußerte die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen Besorgnis über die vorherige Festnahme von Ahmed Mahloof wegen seiner Teilnahme an friedlichen Protesten. Laut der UN-Arbeitsgruppe fand das Gerichtsverfahren in "nicht zu rechtfertigender Eile" statt. Zudem sei sein Recht auf einen Rechtsbeistand eingeschränkt gewesen, und die Regierung habe gegen sein Recht auf Freiheit von grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verstoßen. Hierbei handelt es sich um Verstöße gegen internationale Menschenrechtsnormen.