Israel/OPT: Militärdienstverweigerer freilassen!

Ein junger Mann vor einer Mauer, dort zu sehen, ein Graffiti mit einem alten Mann und einem Soldaten

Der israelische Kriegsdienstverweigerer Yuval Peleg (17. Juli 2025)

Der 18-jährige Yuval Peleg verbüßt derzeit eine 30-tägige Haftstrafe im Militärgefängnis Neve Tzedek in Zentralisrael, weil er sich geweigert hat, den Militärdienst anzutreten. Er begründet dies mit der Beteiligung des israelischen Militärs an dem Völkermord im Gazastreifen und der rechtswidrigen Besatzung des Besetzten Palästinensischen Gebiets. Die israelischen Behörden müssen Yuval Peleg und andere Kriegsdienstverweigerer*innen aus Gewissensgründen unverzüglich und bedingungslos freilassen.

Appell an

IDF Chief of General Staff
Lieutenant General Eyal Zamir
Yitzhak Rabin Military Base
HaKirya, 27 Kaplan Street
Tel Aviv 6473424
ISRAEL

Sende eine Kopie an

Botschaft des Staates Israel
S.E. Herrn Ron Prosor
Auguste-Viktoria-Straße 74-76
14193 Berlin
Fax: 030– 8904-5555
E-Mail: botschaft@israel.de
Tel: 030 – 8904 5500

Sachlage

Die 30-tägige Haftstrafe im Militärgefängnis Neve Tzedek in Zentralisrael ist bereits der dritte Gefängnisaufenthalt von Yuval Pele. Er war zuvor bereits 21 Tage und anschließend 30 Tage inhaftiert, nachdem er am 21. Juli 2025 im Rekrutierungszentrum in Ramat Gan den Wehrdienst verweigert hatte. 

In seiner Erklärung zur Verweigerung schrieb Yuval Peleg: "Angesichts der Verbrechen, die die israelische Armee gegen das palästinensische Volk im Gazastreifen und im Westjordanland begeht, (...) ist die Wehrpflicht unvereinbar mit den Grundprinzipien des Lebens und der Gleichheit aller Menschen, und bedeutet vielmehr, sich einem System anzuschließen, dessen Wesen Unterdrückung, Besatzung und Zerstörung ist." 

Yuval Peleg hätte gar nicht erst inhaftiert werden dürfen, und es besteht ein hohes Risiko, dass er nach seiner voraussichtlichen Freilassung am 27. Oktober 2025 erneut inhaftiert wird. Die Sorge, dass er dann möglicherweise erneut festgenommen wird, gründet sich auf ein Muster wiederholter Inhaftierungen von Kriegsdienstverweigerer*innen aus Gewissensgründen über mehrere unterschiedlich lange Zeiträume. So verbrachte der 19-jährige Itamar Greenberg wegen seiner Weigerung, sich zur Armee zu melden, insgesamt 240 Tage, verteilt auf mehrere Verurteilungen, im Gefängnis.

Yuval Peleg hatte seine Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen vor Vertreter*innen der israelischen Armee sowie in einer Erklärung im Rahmen des Verweigerungsverfahrens des Netzwerks für Kriegsdienstverweigerer*innen aus Gewissensgründen, Mesarvot, vor seinem Einberufungstermin deutlich gemacht. Das Militär stufte seine Verweigerung jedoch als Ungehorsam ein. Amnesty International betrachtet Yuval Peleg und andere Militärdienstverweigerer*innen als gewaltlose politische Gefangene, die sich lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf Militärdienstverweigerung in Haft befinden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Yuval Peleg ist seit dem 10. August 2025 inhaftiert, weil er den israelischen Militärdienst mit der Begründung verweigert hat, er sei aus moralischen Gründen gegen das israelische Vorgehen in Gaza. Er schloss sich damit anderen Militärdienstverweigerer*innen wie Itamar Greenberg, Yuval Moav, Oryan Mueller, Ella Greenberg, Yona Roseman, Ayana Gerstman, Tal Mitnick und Sofia Orr an, die seit dem 7. Oktober 2023 ebenfalls wegen Wehrdienstverweigerung ins Gefängnis mussten. Die Militärdienstverweigerer*innen werden von der Organisation Mesarvot unterstützt, einem wachsenden Netzwerk, das denjenigen zur Seite steht, die sich der Wehrpflicht widersetzen, insbesondere, weil sie nicht mit der israelischen Politik und dem Vorgehen gegen Palästinenser*innen einverstanden sind. Nach Angaben von Mesarvot haben seit Oktober 2023 mehr als 100 Israelis den Militärdienst aus Gewissensgründen verweigert, aber nur 15 haben ihren Fall öffentlich gemacht. Weitere Verweigerer*innen aus Gewissensgründen sind Ben Arad, Iddo Elam, Soul Behar Tsalik und Neta Lannes Arbel. Die meisten Verweigerer*innen aus Gewissensgründen sprechen nicht öffentlich darüber, da sie gesellschaftliche Repressalien und andere mögliche Konsequenzen fürchten.

Amnesty International betrachtet jede Person, die aus Gewissensgründen oder aus tiefer Überzeugung den Dienst in den Streitkräften oder jede andere direkte oder indirekte Beteiligung an Kriegen oder bewaffneten Konflikten verweigert, als Militärdienstverweigerer*in aus Gewissensgründen. Dazu kann die Weigerung gehören, an einem Krieg teilzunehmen, weil man mit dessen Zielen oder der Art und Weise, wie er geführt wird, nicht einverstanden ist, selbst wenn man nicht grundsätzlich gegen die Teilnahme an Kriegen ist. Amnesty International betrachtet Militärdienstverweigerer*innen als gewaltlose politische Gefangene, wenn sie nur deshalb festgehalten oder inhaftiert werden, weil ihnen das Recht verweigert wurde, ihre Wehrdienstverweigerung registrieren zu lassen oder zivilen Ersatzdienst zu leisten. Sie wären auch dann gewaltlose politische Gefangene, wenn sie inhaftiert wären, weil sie die Streitkräfte ohne Genehmigung aus Gewissensgründen verlassen haben, sofern sie angemessene Schritte unternommen haben, um sich von den militärischen Verpflichtungen zu befreien. Amnesty International stützt die Einschätzung, ob es sich bei einer Person um eine*n gewaltlose*n politische*n Gefangene*n handelt, auf die Informationen, die der Organisation über die Umstände vorliegen, die zu deren Inhaftierung geführt haben. Mit der Benennung einer Person als eine*n gewaltlose*n politische*n Gefangene*n bekräftigt Amnesty International, dass diese Person sofort und bedingungslos freigelassen werden muss. 

Israelische Staatsbürger*innen sind gesetzlich verpflichtet, sich mit 18 Jahren zum Militär zu melden und 24 bis 32 Monate lang zu dienen. Die meisten Palästinenser*innen mit israelischer Staatsbürgerschaft, die fast 21 % der israelischen Bevölkerung ausmachen, sind jedoch von der Wehrpflicht befreit. Der Gewissensausschuss der israelischen Armee kann zwar eine Befreiung vom Militärdienst beschließen, doch wird diese in der Regel nur denjenigen Verweigerer*innen aus Gewissensgründen gewährt, die den Dienst aus religiösen Gründen verweigern, wie z.B. ultra-orthodoxe Juden und Jüdinnen. Am 25. Juni 2024 entschied der Oberste Gerichtshof Israels jedoch, dass ultraorthodoxe jüdische Seminarist*innen zum Militär eingezogen werden müssen, womit die jahrzehntelange Ausnahme ein Ende fand.

Obwohl das israelische Recht eine Befreiung aus Gründen einer pazifistischen Überzeugung vorsieht, lehnt der Gewissensausschuss der israelischen Armee die Anträge von Pazifist*innen häufig ab. Die Behörden untersagen den Verweigerer*innen immer wieder die Möglichkeit, einen Zivildienst zu leisten. Militärdienstverweigerer*innen können in Israel wiederholt wegen desselben "Vergehens" verurteilt und inhaftiert werden. Im Jahr 2003 erklärte die UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen, dass diese Praxis die Rechte von Militärdienstverweigerer*innen gemäß den internationalen Menschenrechtsstandards missachtet. Denn sie untersagt eine mehrfache Strafverfolgung für dieselbe Straftat.

1995 erklärte die UN-Menschenrechtskommission in ihrer Resolution 1998/77, dass das Recht auf Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen durch Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte – das Recht auf Religions-, Gewissens- und Glaubensfreiheit – geschützt ist. In der Resolution, die vom Menschenrechtsrat wiederholt bekräftigt wurde, zuletzt 2019, betonte die Kommission, dass die Staaten "davon absehen müssen, Militärdienstverweigerern aus Gewissensgründen einer Inhaftierung und wiederholten Bestrafung zu unterwerfen". Sie erinnerte daran, dass "niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des jeweiligen Landes rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, erneut verfolgt oder bestraft werden [darf]."