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Iran: Neue haltlose Vorwürfe gegen Toomaj Salehi

Der iranische Rapper Toomaj Salehi (undatiertes Foto)
© privat
+++ Good News: Wir freuen uns sehr über die Freilassung von Toomaj Salehi am Abend des 1. Dezember 2024. Er wurde nach 753 Tagen unrechter Haft aus dem Gefängnis Dastgerd in Isfahan entlassen. +++
Der bekannte iranische Rapper Toomaj Salehi ist willkürlich inhaftiert. Ein Revolutionsgericht hatte ihn wegen seiner Teilnahme an den Protesten 2022 und wegen seiner kritischen Beiträge in den Sozialen Medien zum Tode verurteilt. Das Todesurteil wurde im Juni 2024 aufgehoben. Doch Toomaj Salehi wird in einem separaten Verfahren mit neuen fadenscheinigen Anschuldigungen überzogen. Ihm drohen viele Jahre im Gefängnis.
Appell an
Gholamhossein Mohseni Ejei
c/o Embassy of Iran to the European Union
Avenue Franklin Roosevelt No. 15
1050 Bruxelles
BELGIEN
Sende eine Kopie an
Botschaft der Islamischen Republik Iran
S.E. Herrn Mahmoud Farazandeh
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030– 843 53 133
E-Mail: info@iranbotschaft.de
Amnesty fordert:
- Ich bitte Sie dafür zu sorgen, dass Toomaj Salehi unverzüglich und bedingungslos freigelassen wird, da er nur wegen der friedlichen Ausübung seiner Menschenrechte festgehalten wird. Lassen Sie bitte sämtliche Anklagen gegen Toomaj Salehi fallen, die lediglich auf der Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit beruhen.
- Stellen Sie bitte außerdem sicher, dass er vor weiterer Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und dass seine Foltervorwürfe untersucht werden. Die mutmaßlich Verantwortlichen müssen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.
- Zudem bitte ich Sie dringend, unabhängigen Beobachter*innen Zugang zu Verfahren zu gestatten, die mit den Protesten in Verbindung stehen und bei denen die Todesstrafe verhängt werden kann. Bitte verfügen Sie ein offizielles Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.
Sachlage
Der 33-jährige Rapper Toomaj Salehi ist weiterhin willkürlich im Zentralgefängnis von Isfahan inhaftiert. Grund für seine Verfolgung sind seine friedlichen Aktivitäten, darunter die Teilnahme an den Protesten unter dem Motto "Frau Leben Freiheit", seine kritischen Beiträge in den Sozialen Medien und seine Musik. Toomaj Salehi verurteilt öffentlich die Unterdrückung im Land oder die Hinrichtungen durch die iranischen Behörden. Er fordert die Einhaltung der Menschenrechte und Freiheit für die Menschen im Iran.
Am 22. Juni 2024 teilte der Rechtsbeistand von Toomaj Salehi auf X (ehemals Twitter) mit, dass der Schuldspruch und das Todesurteil gegen Toomaj Salehi wegen "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz) durch die Abteilung 39 des Obersten Gerichtshofs aufgehoben worden sei. Diese waren im April 2024 von der Abteilung 1 des Revolutionsgerichts in Isfahan nach einem Gerichtsverfahren verhängt worden, das bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Verfahren entsprach. Der Gerichtshof werde den Fall zur weiteren Bearbeitung an ein vorinstanzliches Gericht verweisen. Eine informierte Quelle teilte Amnesty International mit, dass der Fall am 7. Juli an die Abteilung 5 des Revolutionsgerichts von Isfahan verwiesen worden sei. Die Anklage sei nicht bekannt. Geheimdienstangehörige hätten Toomaj Salehi am 10. Juli erneut ohne Beisein eines Rechtsbeistands verhört. Dabei sei es um zwei neue Fälle gegangen, bei denen die friedlichen Aktivitäten von Toomaj Salehi im Visier stehen. So sei der Rapper zu einem neuen Lied befragt worden, das er im März 2024 während seiner Haft veröffentlicht hatte. Noch am selben Tag wurde er in zwei neuen Fällen angeklagt: Im ersten Verfahren vor einem Revolutionsgericht lautet die Anklage "Verbreitung von Propaganda gegen das System" und "Aufstachelung zum Krieg und zum Töten in der Absicht, die nationale Sicherheit zu gefährden". Im zweiten Verfahren vor einem Strafgericht wird er der "Beleidigung religiöser Heiligtümer" und der "Verbreitung von Lügen in der Absicht, die öffentliche Meinung zu verwirren" angeklagt. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine lange Haftstrafe.
Sicherheitskräfte hatten Toomaj Salehi am 30. Oktober 2022 in der Provinz Chaharmahal und Bakhtiari willkürlich festgenommen und sich einen Monat lang geweigert, seiner Familie seinen Aufenthaltsort mitzuteilen. Somit war er einen Monat lang Opfer des Verschwindenlassens. Er wurde in eine dem Geheimdienst der Revolutionsgarden unterstehende Hafteinrichtung innerhalb des Zentralgefängnisses von Isfahan verlegt, bevor er nach 252 Tagen in die öffentliche Abteilung des Gefängnisses verlegt wurde. Nachdem er am 18. November 2023 gegen Kaution freigelassen worden war, sagte er in einem auf seiner YouTube-Seite veröffentlichten Video, dass er während der Haft gefoltert wurde, unter anderem durch wiederholte Schläge, die zu Brüchen in seinen Händen und Beinen führten, und dass er zwei Tage lang bewusstlos war. Er gab an, im Gefängnis habe man ihm eine unbekannte Substanz in den Nacken gespritzt und ihn psychologisch gefoltert, unter anderem sei er acht bis neun Monate lang in Isolationshaft gehalten worden. Eine informierte Quelle berichtete Amnesty International außerdem, dass Sicherheitskräfte ihn mit Wasser übergossen und ihn mit Elektroschocks an den Füßen gefoltert hätten; sie hielten ihm eine Pistole an den Kopf und drohten, ihn zu töten und in ein von ihnen gegrabenes Loch zu werfen; sie traten auf seine Brust; brachen ihm das Bein durch das Zuschlagen einer Autotür und fügten ihm eine Augenverletzung zu, die sein Sehvermögen beeinträchtigt. Nur wenige Tage nachdem Toomaj Salehi über die erlebte Folter gesprochen hatte, wurde er am 30. November 2023 erneut festgenommen. Seitdem ist er in Haft.
Hintergrundinformation
Toomaj Salehi leidet nach wie vor an folterbedingten Verletzungen, darunter Schmerzen in seinem Bein und seinen Händen, die operiert werden müssen, aber die Behörden verweigern ihm den Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung. Seit seiner ersten Festnahme 2022 wird Toomaj Salehi mit haltlosen Vorwürfen überzogen. Außerdem wird er öffentlich verleumdet. So verletzte der Staatsanwalt von Isfahan, Mohammad Mousavian, das Recht von Toomaj Salehi auf die Unschuldsvermutung, indem er ihn nach seiner Festnahme am 30. Oktober 2022 in einem Interview öffentlich beschuldigte, eine "Schlüsselrolle bei der Anstiftung, Aufwiegelung und Ermutigung zu Unruhen" zu spielen. Unter Verletzung seines Rechts, sich nicht selbst belasten zu müssen, und der Unschuldsvermutung haben staatliche Medien mehrere Propagandavideos ausgestrahlt, in denen Toomaj Salehi der "Aufwiegelung und des Aufruhrs auf der Straße" beschuldigt wurde und in denen seine erzwungenen "Geständnisse" gesendet wurden. Diese waren in der Haft unter Folter und anderen Misshandlungen und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand von ihm erpresst worden.
Im Juli 2023 war Toomaj Salehi in einem unfairen Prozess, in dem ihm zwei Monate lang der Zugang zu einem Rechtsbeistand verwehrt wurde, in sechs der acht gegen ihn erhobenen Anklagepunkte für schuldig befunden und zu 18 Jahren und neun Monaten Gefängnis und 40 Peitschenhieben verurteilt. Im November 2023 hob der Oberste Gerichtshof dieses Urteil auf, zog fünf der acht Anklagepunkte zurück und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an die Abteilung 1 des Revolutionsgerichts in Isfahan zurück. Im Januar 2024 bezeichnete das Revolutionsgericht das Urteil des Obersten Gerichtshofs als lediglich "beratend" und ordnete eine neue Anklageschrift der Staatsanwaltschaft an, in der alle bisherigen Anklagepunkte beibehalten und zwei neue hinzugefügt wurden. Im April 2024 wurde Toomaj Salehi zum Tode verurteilt. Auch nach der Aufhebung des Todesurteils im Juni 2024 gehen die unfairen Prozesse gegen den kritischen Rapper weiter.
Hintergrundinformationen – Fortsetzung (auf Englisch)
On 2 July 2023, Toomaj Salehi was tried before Branch 1 of the Revolutionary Court in Esfahan. He was only permitted 30 minutes to meet with his lawyers prior to trial, thereby violating his right to adequate time and facilities to prepare a defence. On 10 July 2023, Toomaj Salehi’s lawyer said in a media interview that Branch 1 of the Revolutionary Court in Esfahan had issued its verdict, convicting him of six charges and sentencing him to a total of 18 years and nine months in prison. According to his lawyer, the court sentenced him to six years and three months in prison under the Note to Article 286 of the Islamic Penal Code, which is the charge of "corruption on earth" (efsad fel arz). Article 286 of the Islamic Penal Code states: "Whoever, in a widespread manner, commits crimes against individuals' physical integrity, crimes against national security, causes disruption in the economic structure of the country, commits arson and destruction, distributes poisonous or dangerous substances, or runs corruption and prostitution centres, in a manner that causes severe disruption in the public order of the country or causes extensive damage to the physical integrity of individuals or private and public property, or spreads corruption or prostitution in large scale is 'corrupt’ on earth and shall be sentenced to death." The Note to Article 286 states that if the court does not establish, from the totality of the evidence, the intention to cause widespread disruption and insecurity in public order, cause major damage, or spread corruption or prostitution on a large scale, and if the individual’s actions do not fall under other legal penalties, the individual will receive a prison sentence, rather than a death sentence. He was also sentenced to one year and three months in prison for "spreading lies with the intention of disturbing public opinion" for the same alleged acts of which he was convicted under the Note to Article 286. According to his lawyer, these charges stem from his posts on X in relation to the uprising and criticism of the authorities. Toomaj Salehi was also sentenced to one year and three months in prison for "spreading propaganda against the system"; one year and three months and 40 lashes for "disturbing public order"; six years and three months for "inciting people to war and killing with the intention to disrupt national security"; and two years and six months for "inciting people to commit acts of violence". He also received a two-year travel ban, a two-year ban on music-related activities, and mandatory attendance in life skills classes held by the judiciary’s crime-prevention department. A previous six-month suspended prison sentence dating back to 2021 was also invoked. In November 2023, Branch 39 of the Supreme Court overturned the Revolutionary Court ruling and referred the case back to the same lower court for retrial. On 21 January 2024, Toomaj Salehi’s lawyer reported on X that the Revolutionary Court called the Supreme Court’s ruling "advisory" and sent the case back to the prosecutor's office and ordered a new indictment with 10 charges to be issued, including the two he was previously acquitted of, as well as two new charges, namely "gathering and colluding to commit crimes against national security" and "complicity in armed rebellion against the state" (baghi). In April 2024, Branch 1 of Revolutionary Court in Esfahan sentenced Toomaj Salehi to death for "corruption on earth" (efsad fel arz).
On 18 November 2023, after the Supreme Court had overturned the Revolutionary Court verdict, Toomaj Salehi was released on bail. On 26 November 2023, he published a video on YouTube detailing the torture to which he was subjected and the formal complaints he had made to the authorities about his detention. After the authorities re-arrested him on 30 November 2023, the judiciary announced that he "was detained after making baseless and unsubstantiated claims online and was charged with 'spreading lies with the intention of disturbing the public mind’". In early January 2024, his lawyer publicly said that Toomaj Salehi was sentenced to one year in prison in relation to this case, which was before a Revolutionary Court; an appeal court upheld this conviction and prison sentence in mid-February 2024. All of Toomaj Salehi’s trials have been grossly unfair.