Aktivisten bleiben "verschwunden"

Mitglieder der Organsation COFADEH enthüllen in Honduras ein Mahnmal. Auch sie werden regelmäßig bedroht.

Mitglieder der Organsation COFADEH enthüllen in Honduras ein Mahnmal. Auch sie werden regelmäßig bedroht.

+++ Diese UA wurde verlängert +++ Am 18. Juli entführten Unbekannte in Polizeikleidung fünf Angehörige der afro-honduranischen Gemeinschaft der Garífuna aus ihren Häusern. Amnesty International fordert die Behörden dazu auf, den Verbleib der Aktivist_innen aufzuklären und eine unabhängige, wirksame und unparteiische Untersuchung einzuleiten. Die Verantwortlichen müssen vor Gericht gestellt werden.

Appell an

Sr. Julián Pacheco Tinoco

Secretario de Seguridad de Honduras

El Ocotal, Comayaguela, M.D.C.

antiguo Local de Academia de Policía (ANAPO)

HONDURAS

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Honduras
I.E. Frau Christa Castro Varela
Cuxhavenerstraße 14
10555 Berlin

Fax: 030-397 59 712
E-Mail: embajadahonduras.de@gmail.com

Amnesty fordert:

  • Bitte ergreifen Sie umgehend alle notwendigen Maßnahmen, um Alberth Snider Centeno Tomas, Suami Aparicio Mejía García, Gerardo Mizael Rochez Cálix, Milton Joel Martínez Álvarez und Junior Rafael Juárez Mejía zu finden und eine unabhängige, wirksame und unparteiische Untersuchung ihres Verschwindenlassens sicherzustellen. Stellen Sie die Verantwortlichen für das Verschwinden der Aktivisten vor Gericht.

Sachlage

Bei den Verschwundenen handelt es sich um Alberth Snider Centeno Tomas, den Vorstand der in der Organización Fraternal Negra Hondureña (Organisation der Schwarzen Brüderlichkeit in Honduras, OFRANEH) organisierten Garífuna-Gemeinde Triunfo de la Cruz, drei weitere Mitglieder der OFRANEH – Suami Aparicio Mejía García, Gerardo Mizael Rochez Cáliz und Milton Joel Martínez Álvarez ­– sowie eine fünfte Person, Junior Rafael Juárez Mejía. Der Sicherheitsminister ordnete eine Suchaktion an, aber die fünf Personen sind weiterhin "verschwunden". Ihre Entführer sollen Westen der Untersuchungspolizei DPI getragen haben.

Trotz einer von der Nationalpolizei durchgeführten Suchaktion und einer von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten Untersuchung ist ihr Verbleib nach wie vor unbekannt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Garífuna-Gemeinden von Triunfo de la Cruz sind Teil der Organización Fraternal Negra Hondureña (Organisation der Schwarzen Brüderlichkeit in Honduras, OFRANEH), die sich für den Schutz der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Garífuna-Gemeinschaften einsetzt. Am 8. Oktober 2015 entschied der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte zugunsten der Garífuna-Gemeinde von Triunfo de la Cruz und sprach den honduranischen Staat schuldig, das Recht der Gemeinschaft auf kollektives Eigentum zu verletzen. Zuvor, am 28. April 2006, hatte die Interamerikanische Menschenrechtskommission der Gemeinde Triunfo de la Cruz Schutzmaßnahmen durch die Regierung von Honduras zugesprochen. Diese solle alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um das Recht der Gemeinde auf den Besitz von angestammtem Land zu schützen.

Seit dem Beginn einer strengen Ausgangssperre in Honduras im März 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie hat Amnesty International mehrere Berichte über massive Angriffe gegen Menschenrechtsverteidiger_innen erhalten, darunter auch gegen Mitglieder der OFRANEH. Nach Angaben der Organisation verhinderten Polizeibeamt_innen am 20. April eine Protestaktion in Oak Ridge auf der Insel Roatan, indem sie einem Boot aus Gründen der öffentlichen Gesundheit verboten, im örtlichen Hafen anzulegen. Am 6. Mai bedrohten Polizeiangehörige eine Gruppe junger Garífuna-Aktivist_innen, die die Gemeinde Travesía im Departement Cortés bewachten, und feuerten Tränengasgeschosse auf sie ab. Außerdem prangerte OFRANEH die Ermordung ihres Mitglieds Edwin Fernández am 20. Mai in der Gemeinde Río Tinto im Departement Atlántida an.

Auch die Indigenenorganisation Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas de Honduras (COPINH) berichtet von neuen Angriffen auf ihre Mitglieder. Dazu zählt auch die Inhaftierung von José Trochez durch die Armee, als er humanitäre Arbeit leistete. COPINH berichtete zudem, dass am 15. Juni COPINH-Mitglieder Informationen erhielten, in denen sie vor einem bevorstehenden Angriff auf die Mitglieder und ihre Einrichtungen gewarnt wurden. Am 21. Juni tauchte eine Gruppe von etwa 60 Personen bei ihrer Einrichtung Utopia in La Esperanza im Departement Intibucá auf und drohte, das Gebäude zu übernehmen. Einen Tag später erhielten sie einen digitalen Flyer, in dem eine unbekannte Gruppierung drohte, Utopia niederzubrennen, nachdem COPINH diese Räumlichkeiten als Quarantäneort für inhaftierte Menschen, die mit COVID-19 infiziert sind, zur Verfügung stellen wollte.

Seit etwa vier Jahren verweist Amnesty International bei vielen Gelegenheiten auf die Bedrohung, Einschüchterung, Drangsalierung und Ermordung von Aktivist_innnen in Honduras. Das Land ist weltweit eines der gefährlichsten für Menschenrechtsverteidiger_innen. Einer der bekanntesten Fälle ist der von Berta Cáceres, Leiterin und Mitbegründerin von COPINH, die am 2. März 2016 in ihrem Haus in dem Ort La Esperanza erschossen wurde. Diese Situation hat sich nicht verändert. Allein zwischen Juni und Juli 2020 wurden Scarleth Cambell (Scarleth Cáceres), ein Mitglied der Trans*Frauengruppe der Asociación LGTB Arcoíris, Marvin Damián Castro, Verteidiger des Gebiets der Gemeinde Pespire, Choluteca und Koordinator der Umweltorganisation Movimiento Ambientalista Social del Sur por la Vida (MASSVIDA), sowie Yonis David Castillo Lázaro aus der Gemeinde Guapinol getötet. Zuvor, am 2. April 2020, war Iris Argentina Álvarez bei der gewaltsamen Räumung einer Gemeinde getötet worden. Die Landrechtsverteidigerin war in der Vereinigung von Bäuer_innen Cerro Escondido im Süden von Honduras aktiv.

Die Interamerikanische Konvention gegen das Verschwindenlassen von Personen definiert das Verschwindenlassen als "Freiheitsentzug jeglicher Art von einer oder mehreren Personen, der auf das Agieren staatlicher Einheiten oder auf Personen oder Gruppen von Personen zurückgeht, welche mit Autorisierung, Hilfe oder Einverständnis des Staates handeln, wobei der weitere Verlauf davon gekennzeichnet ist, dass dieser Freiheitsentzug von Seiten des Staates verneint oder das Schicksals oder der Verbleib der verschwundenen Person verdunkelt und damit der Rechtsschutz verweigert wird". Honduras unterzeichnete die Konvention 2005. Honduras hat 2008 auch die UN-Konvention gegen das Verschwindenlassen unterzeichnet, in der das Verschwindenlassen ähnlich definiert wird.