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Ägypten: inhaftierter Politikersohn gesundheitlich gefährdet
Anas al-Beltagy ist seit 2013 in Ägypten inhaftiert.
© Privat
Anas al-Beltagy wird seit fast elf Jahren lediglich aufgrund einer familiären Verbindung willkürlich in Haft gehalten. Seit seiner Festnahme im Dezember 2013 war er zahlreichen schweren Menschenrechtsverletzungen wie Verschwindenlassen, Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt. Nachdem Anas al-Beltagy im Juni 2024 an einem Hungerstreik im Gefängnis teilgenommen hatte, wurde er von den Behörden des Gefängnisses der Stadt Al-Ashir min Ramadān drei Monate lang in Einzelhaft in einer "Strafzelle" untergebracht, was zu einer schwerwiegenden Verschlechterung seiner körperlichen und psychischen Verfassung führte. Darüber hinaus verweigern ihm die Behörden nach wie vor den Besuch von Familienangehörigen und Rechtsbeiständen. Anas al-Beltagy muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.
Setzt euch für Anas al-Beltagy ein.
Hier kannst du deinen Brief ausdrucken, um ihn per Post oder Fax an die Behörden zu senden, oder ihn direkt über dein eigenes E-Mail-Programm verschicken.
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Achtung: Bitte prüfe bei der Deutschen Post ob die Briefzustellung in das Zielland ungehindert möglich ist.
Appell an
Präsident
Abdelfattah al-Sisi
President
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Kairo
ÄGYPTEN
Sende eine Kopie an
Botschaft der Arabischen Republik Ägypten
Frau Youmna Abdelfattah Mohamed Osman, Gesandte (Geschäftsträgerin a.i.)
Stauffenbergstraße 6–7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de oder secretaroat@egyptian-embassy.de
Amnesty fordert:
- Ich fordere Sie auf, dafür zu sorgen, dass Anas al-Beltagy umgehend und bedingungslos freigelassen wird und alle Anklagen gegen ihn fallen gelassen werden, da diese allein wegen seiner familiären Verbindungen und der Wahrnehmung seiner Menschenrechte erhoben wurden.
- Außerdem bitte ich Sie, dafür zu sorgen, dass er bis zu seiner Freilassung unter Bedingungen festhalten wird, die den internationalen Standards für die Behandlung von Gefangenen entsprechen, und regelmäßigen Zugang zu seiner Familie, Rechtsbeiständen sowie einer angemessenen medizinischen Versorgung erhält.
Sachlage
Anas al-Beltagy, der Sohn von Mohamed al-Beltagy, einem bekannten Mitglied der Muslimbruderschaft und ehemaligen Abgeordneten, ist wegen dieser familiären Verbindung seit fast elf Jahren willkürlich inhaftiert. Obwohl die Gerichte ihn in vier Fällen von allen Vorwürfen freigesprochen haben und ein Gericht in einem fünften Verfahren seine vorläufige Freilassung anordnete, wird er weiterhin in Haft gehalten, während in einem separaten sechsten Fall wegen ähnlicher fadenscheiniger Terrorismusvorwürfe gegen ihn ermittelt wird. Die letzte Anhörung von Anas al-Beltagy fand am 8. Oktober 2024 online statt. Ein Richter verlängerte seine Haft um 45 Tage, ohne ihm Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Seit seiner Festnahme im Dezember 2013 wird Anas al-Beltagy gefoltert und anderweitig misshandelt, unter anderem in Form von Schlägen, verlängerter Einzelhaft und der gezielten Verweigerung medizinischer Versorgung. Auch ist er zeitweilig dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen.
Da Anas al-Beltagy, der im Gefängnis der Stadt Al-Ashir min Ramadān 7 festgehalten wird, seit 2017 weder Gefängnisbesuche erhalten noch mit der Außenwelt kommunizieren darf, haben seine Familienangehörigen und Rechtsbeistände nur wenige Informationen über ihn. Sie wissen nur, was ihnen mittels der Online-Anhörungen zur Haftverlängerung oder durch Angehörige anderer Gefangener zugetragen wird. Wie seine Familie erfuhr, leidet er schon länger unter schweren psychischen Problemen. Im Juni 2024 begann er einen einmonatigen Hungerstreik. Er protestierte damit gegen seine willkürliche Inhaftierung und die unmenschlichen Haftbedingungen und forderte die Erlaubnis, Familienbesuche zu erhalten, sowie Lesematerial und klimatisch angemessene Kleidung. Die Gefängnisbehörden reagierten darauf, indem sie ihn drei Monate lang in Einzelhaft unter isolierten Bedingungen in einer "Strafzelle" unterbrachten. In dieser Zeit hat sich sein psychischer Gesundheitszustand gravierend verschlechtert. Im September 2024 wurde er von der "Strafzelle" wieder in seine reguläre Zelle verlegt. Anas al-Beltagy leidet auch unter anderen gesundheitlichen Problemen wie Mundgeschwüren, die ihm das Sprechen und Trinken erschweren. Nach Informationen von Angehörigen anderer Gefangener, die Besuche empfangen dürfen, erhält Anas al-Beltagy keinerlei medizinische Versorgung.
Hintergrundinformation
Anas al-Beltagy wurde am 24. Dezember 2013 als 20-Jähriger erstmals von Sicherheitskräften festgenommen. Damals war er mit seiner Mutter im Tora-Gefängnis, um seinen dort inhaftierten Vater Mohamed al-Beltagy zu besuchen. Nach Amnesty International vorliegenden Informationen wurden er und seine Mutter von Sicherheitskräften eingekreist und geschlagen und anschließend zur Staatsanwaltschaft von Maadi gebracht, wo sie wegen des Vorwurfs des tätlichen Angriffs auf Gefängniswärter*innen befragt wurden. Nach etwa zwanzig Stunden Haft ordnete die Staatsanwaltschaft ihre vorläufige Freilassung an.
Am 31. Dezember 2013 wurde Anas al-Beltagy im Haus eines Freundes im Viertel Nasr City von Kairo festgenommen. Er wurde auf die Polizeiwache Nasr City 1 gebracht. Dort weigerten sich die Polizist*innen, seine Festnahme zu protokollieren, und ließen ihn für fast einen Monat verschwinden. In dieser Zeit war er Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt. Aus informierten Quellen hat Amnesty erfahren, dass er von Sicherheitskräften in einem kleinen Eisenkäfig festgehalten wurde, der als "für Menschen ungeeignet" beschrieben wurde. Nach seiner Verlegung in das Gefängnis Abu Zaabal in Alexandria Anfang 2014 wurde er von der Gefängnisverwaltung in verlängerter Einzelhaft gehalten und gezwungen, auf dem nackten Betonboden zu schlafen. Anschließend wurde er in das Tora-Gefängnis südlich von Kairo gebracht. Auch hier war er Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt, darunter der verlängerten Einzelhaft unter isolierten Bedingungen. Im November 2022 wurde er ins Badr-Gefängnis verlegt.
Anas al-Beltagy wird seit seiner Festnahme unter grausamen und unmenschlichen Bedingungen festgehalten, die gegen das absolute Folterverbot verstoßen. In Badr 1 wurde er von November 2022 bis Juni 2023 in einer eiskalten Zelle bei rund um die Uhr eingeschaltetem Neonlicht in Einzelhaft gehalten, ohne dass er sich draußen bewegen oder Kontakt mit anderen Gefangenen haben durfte. Seit dem 8. Juni 2023 befindet er sich im Gefängnis von Al-Ashir min Ramadān in Isolationshaft.
Im Juni 2024 steckten die Behörden Anas al-Beltagy für drei Monate in Einzelhaft in eine "Strafzelle", um ihn für seinen Protest gegen die grausamen und unmenschlichen Haftbedingungen zu bestrafen. Bei diesen Straf- oder Disziplinarzellen in ägyptischen Gefängnissen handelt es sich um sehr kleine Räume mit schlechter Belüftung. Diese Zellen verfügen häufig über keinerlei persönliche Ausstattung für die Gefangenen und auch nicht über natürliches Licht oder eine angemessene Heizung. Die Gefangenen in diesen Zellen müssen harte Bedingungen ertragen. Dazu gehören beispielsweise Einschränkungen bei der Nahrungsmittel- und Wasserversorgung oder auch bei Schlaf und Bewegung. Die Gefangenen haben keinerlei Interaktion mit anderen und werden von den täglichen Abläufen im Gefängnis komplett isoliert. Im September 2024 wurde Anas al-Beltagy von der "Strafzelle" wieder in die Einzelhaft verlegt. Das bedeutet, dass er sich wieder in einer regulären Zelle befindet, aber über längere Zeiträume von anderen Gefangenen isoliert ist und weder mit anderen kommunizieren noch an sozialen Aktivitäten teilnehmen kann. Gefängnisangestellte erlauben seiner Familie weiterhin nicht, ihm Lebensmittel, angemessene Kleidung oder Medikamente zu bringen, und dies, obwohl gut dokumentiert ist, dass die Gefängnisbehörden die Häftlinge in ihrem Gewahrsam nicht mit ausreichender Nahrung, Trinkwasser, Hygieneartikeln, angemessener Kleidung und Bettwäsche versorgen. Anas al-Beltagy wird auch nicht erlaubt, Sport zu treiben oder sich m Freien aufzuhalten.
Bei seinen Anhörungen zur Verlängerung der Untersuchungshaft, die seit 2022 über Videoschaltung abgehalten werden und bei denen er gelegentlich mit Hand- und Fußfesseln zu sehen ist, beklagte er sich über eine Verschlechterung seiner körperlichen und psychischen Verfassung. Bei den Online-Anhörungen sind die Verteidiger*innen zusammen mit den Richter*innen im Gerichtssaal anwesend, während die Angeklagten von einem Raum im Gefängnis aus zugeschaltet werden. Solche Anhörungen untergraben die Standards für ein faires Verfahren und finden unter nötigenden Bedingungen in Anwesenheit von Gefängniswärter*innen statt. Zudem werden die Gefangenen daran gehindert, vertraulich mit ihren Rechtsbeiständen zu kommunizieren. Darüber hinaus setzen sie Häftlinge der Gefahr von Repressalien seitens des Wachpersonals aus, wenn sie sich über Folter oder andere Misshandlungen beschweren, und erschweren es, dass Richter*innen Blutergüsse oder andere Verletzungen sehen. Rechtsbeistände klagen auch häufig über technische Probleme bei Online-Anhörungen, darunter schlechte Verbindungen und Schwierigkeiten, die Angeklagten angemessen zu hören. Die Rechtsbeistände von Anas al-Beltagy berichteten zudem, ihren Mandanten während einiger Anhörungen nicht über die Kamera gesehen und daher nicht gewusst zu haben, ob er im Raum anwesend war oder nicht. Sie erklärten, dass der Richter die von Anas al-Beltagy wiederholt vorgebrachten Misshandlungsvorwürfe abgewiesen und nicht ernst genommen habe, woraufhin Anas al-Beltagy einen anderen Richter für künftige Anhörungen über die Verlängerung seiner Untersuchungshaft beantragte.
Sicherheitskräfte haben die Familie von Mohamed al-Beltagy schon seit langem im Visier, sodass einige Angehörige sich gezwungen sahen, ins Ausland zu fliehen. Asma al-Beltagy, die Schwester von Anas al-Beltagy, wurde während der gewaltsamen Auflösung eines Sitzstreiks am Rabaa-al-Adawiya-Platz am 14. August 2013, bei dem 900 Menschen starben, von Sicherheitskräften getötet. Sie war damals 16 Jahre alt. Während bisher noch keine Sicherheitskräfte oder Militärangehörigen zur Verantwortung gezogen wurden, haben die Behörden Tausende tatsächlicher oder vermeintlicher Mitglieder und Anhänger*innen der Muslimbruderschaft festgenommen.