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Inhaftierte im Hungerstreik
© Amnesty International
Am 27. Juni begann Ola al-Qaradawi einen Hungerstreik in Gewahrsam. Sie fordert die Beendigung ihrer willkürlichen Inhaftierung und der schlechten Haftbedingungen. Sie befindet sich seit ihrer Festnahme am 3. Juli 2017 in Einzelhaft. Auch ihr Ehemann Hossam Khalaf wurde willkürlich inhaftiert. Die Staatsanwaltschaft verweigert ihren Rechtsbeiständen den Zugang zu den Fallakten. Außerdem konnte sie keine Belege vorlegen, die ihre Inhaftierung aufgrund der erhobenen Anklagen rechtfertigen würden.
Appell an
Innenminister
Minister Mahmoud Tawfik
Ministry of Interior
Cairo, ÄGYPTEN
Sende eine Kopie an
Stellvertretender Beauftragter für Menschenrechte im Außenministerium
Ahmed Ihab Gamal Eldin
Ministry of Foreign Affairs
Corniche el-Nile, Cairo, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2576 7967
E-Mail: contact.us@mfa.gov.org
Twitter: @MfaEgypt
Botschaft der arabsichen Republik Ägypten
S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de
Amnesty fordert:
- Lassen Sie Ola al-Qaradawi und Hossam Khalaf bitte umgehend frei und lassen Sie alle Anklagen gegen sie fallen.
- Stellen Sie sicher, dass Ola al-Qaradawi und Hossam Khalaf die nötige Gesundheitsversorgung erhalten und sorgen Sie dafür, dass die beiden regelmäßig Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen haben.
- Beenden Sie bitte umgehend die verlängerte Einzelhaft von Ola al-Qaradawi.
Sachlage
Am 27. Juni begann Ola al-Qaradawi einen Hungerstreik in Gewahrsam. Damit protestiert sie gegen ihre willkürliche Inhaftierung und die schlechten Haftbedingungen, denen sie ausgesetzt ist. Am gleichen Tag überprüfte ein Richter ihre Untersuchungshaft und verlängerte diese um weitere 45 Tage, ohne ihren Rechtsbeiständen zu ermöglichen, dagegen vorzugehen.
Ola al-Qaradawi und ihr Ehemann Hossam Khalaf befinden sich seit dem 30. Juni 2017 aufgrund der konstruierten Anklage in Haft, dass sie zur Muslimbruderschaft gehörten und diese finanziell unterstützten, um die nationale Sicherheit zu gefährden. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch während des letzten Jahres keine Beweise vorgelegt, die diese Anklage rechtfertigen würden. Währenddessen hatten die Inhaftierten keine Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit des Haftbeschlusses wirksam anzufechten. Außerdem wurde ihren Rechtsbeiständen der Zugang zu den Fallakten verweigert, sodass diese ihre Verteidigung nicht vorbereiten konnten. Die Gefängnisbehörden verweigern beiden Besuche von Angehörigen und Rechtsbeiständen. Ola al-Qaradawi befindet sich seit Beginn ihrer Inhaftierung in Einzelhaft. Am 7. Mai veröffentlichte Amnesty International einen Bericht über die Einzelhaft in ägyptischen Gefängnissen. Dieser kommt zu dem Schluss, dass die Einzelhaft und die Haftbedingungen von Ola al-Qaradawi mit Folter gleichzusetzen sind (Weitere Informationen finden Sie auf Englisch unter: https://www.amnesty.de/sites/default/files/2018-05/Amnesty-Bericht-Aegy…)
Seit ihrer Inhaftierung ist Ola al-Qaradawi in einer kleinen Einzelzelle im Frauengefängnis Al Qanater in Qalyubia untergebracht, die etwa 160 cm auf 180 cm misst und weder ein Bett noch eine Toilette hat. Außerdem sind Belüftung und Beleuchtung ungenügend. Ihr wird jeden Morgen ein einziger Toilettengang von nur fünf Minuten gestattet.
Hintergrundinformation
Ola Al-Qaradawi ist die Tochter von Youssef Al-Qaradawi, einem in Katar ansässigen ägyptischen Staatsbürger, der von den ägyptischen Behörden seit Juni 2017 als Terrorist angesehen wird. Hossam Khalaf ist Ingenieur und Mitglied der registrierten islamistischen Partei Al-Wasat. Die Behörden hatten ihn bereits von 2014 bis 2016 wegen des Vorwurfs, der Muslimbruderschaft anzugehören, für zwei Jahre inhaftiert. Die Staatsanwaltschaft ordnete am 22. März 2016 seine Freilassung an. Es kam zu keiner Anklage. Am 3. Juli ordnete die Anklagebehörde des Staatssicherheitsdienstes die Inhaftierung der beiden aufgrund des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der Muslimbruderschaft an. Die Gefängnisleitung ordnete umgehend Einzelhaft an. Der Kontakt zu Familienangehörigen und Rechtsbeiständen wurde den beiden verwehrt.
Die Familienangehörigen und Rechtsbeistände von Ola al-Qaradawi und Hossam Khalaf sind davon überzeugt, dass deren schlechter Gesundheitszustand durch die ungenügende Nahrungs- und Gesundheitsversorgung verursacht wird. Internationale Standards für die Behandlung von Gefangenen untersagen Einzelhaft - die Inhaftierung ohne wirklichen menschlichen Kontakt für mehr als 22 Stunden am Tag - über mehr als 15 aufeinanderfolgende Tage hinaus.
Am 30. Juni hatten Sicherheitskräfte das Sommerhaus von Ola al-Qaradawi an der Nordküste Alexandrias durchsucht, als sie dort mit ihrem Mann, der Mitglied der Al Wasat-Partei ist, im Urlaub war. Die Polizei brachte sie zunächst auf die Polizeiwache in Burj Al-Arab und überstellte sie von dort an die Anklagebehörde des Staatssicherheitsdienstes in Kairo. Die Staatsanwaltschaft befragte sie zwei Tage lang und ordnete eine 15-tägige Haft aufgrund der Vorwürfe an, dass sie zur Muslimbruderschaft gehören und diese finanziell unterstützen würden. Seitdem wurde die Haftanordnung immer wieder von der Staatsanwaltschaft erneuert. Sicherheitskräfte durchsuchten zudem ihre Wohnung in Kairo und konfiszierten Bargeld sowie den Schmuck von Ola al-Qaradawi und dienstliche Unterlagen von Hossam Khalaf.
Am 17. August wurden die Konten von Ola al-Qaradawi und Hossam Khalaf sowie von 14 weiteren Personen eingefroren. Veranlasst wurde dies durch ein staatliches Gremium zur Überwachung der Finanzen derjenigen, die im Verdacht stehen, zur Muslimbruderschaft zu gehören. Dieses Gremium gab an, sie seien Mitglieder der Muslimbruderschaft. Am 30. August erklärte das Strafgericht von Kairo Ola al-Qaradawi und Hossam Khalaf in Übereinstimmung mit dem Gesetz über terroristische Personen (Terrorist Entities Law) Nr. 8 von 2015 zu Terroristen. Diese Entscheidung beruht ausschließlich auf Informationen, die vom Geheimdienst des Innenministeriums zusammengetragen worden waren. Sie wurde ohne Prozess gefällt. Die ägyptischen Behörden wenden das Gesetz über terroristische Personen willkürlich und ohne verfahrensrechtliche Garantien an.