Ehepaar seit 66 Tagen in Haft

Zeichnung von zwei winkenden Figuren. Eine Person hält ein Schild hoch.

Ola al-Qaradawy und ihr Ehemann Hossam Khalaf werden seit dem 3. Juli in Einzelhaft gehalten. Am 30. Juni hatten Sicherheitskräfte sie wegen des Vorwurfs festgenommen, der Muslimbruderschaft anzugehören. Beide werden unter schlechten Haftbedingungen festgehalten.

Appell an

Magdy Abdel Ghaffar

Ministry of Interior

Cairo

ÄGYPTEN

Sende eine Kopie an

Stellvertretende Beauftragte für Menschenrechte im Aussenministerium

Laila Bahaa Eldin

Ministry of Foreign Affairs

Corniche al-Nile

Cairo, ÄGYPTEN


Fax: (00 202) 2576 7967

E-Mail: contact.us@mfa.gov.org

Twitter: @MfaEgypt

Botschaft der arabischen Republik Ägypten

S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty

Stauffenbergstraße 6-7

10785 Berlin

Fax: 030-477 1049

E-Mail:
embassy@egyptian-embassy.de

Amnesty fordert:

  • Beenden Sie bitte umgehend die Einzelhaft von Ola al-Qaradawy und Hossam Khalaf und stellen Sie sicher, dass beide angemessene Haftbedingungen und die nötige Gesundheitsversorgung erhalten.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Ola al-Qaradawy und Hossam Khalaf Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen haben.
  • Stellen Sie bitte dringend sicher, dass Ola al-Qaradawy und Hossam Khalaf in Haft vor Folter oder anderweitiger Misshandlung geschützt sind und dass sie zu jeder Zeit entsprechend der UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen behandelt werden.

Sachlage

Hossam Khalaf, ein 59-jähriger ägyptischer Ingenieur und Mitglied der offiziell registrierten Al Wasat Islamic Political Party, wird im Hochsicherheitsgefängnis Tora 2 in Kairo festgehalten. Seine Frau Ola Al-Qaradawy, eine 55-jährige katarische Staatsbürgerin mit ägyptischen Wurzeln, ist im Frauengefängnis Al Qanater in Qalyubia inhaftiert. Am 3. Juli ordnete die Anklagebehörde des Staatssicherheitsdienstes ihre Inhaftierung aufgrund des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der Muslimbruderschaft an. Die Gefängnisleitung ordnete umgehend Einzelhaft an. Der Kontakt zu Familienangehörigen und Rechtsbeiständen wurde den beiden verwehrt.

Ola al-Qaradawy wurde in einer kleinen Einzelzelle untergebracht, die etwa 160 cm auf 180 cm misst und weder ein Bett noch eine Toilette hat. Außerdem sind Belüftung und Beleuchtung ungenügend. Ihr wird jeden Morgen ein einziger Toilettengang von nur fünf Minuten gestattet. Somit sieht sie sich gezwungen, ihre Nahrungsaufnahme einzuschränken, um nicht auf die Toilette gehen zu müssen. Nach Aussagen von Rechtsbeiständen, die Ola al-Qaradawy am 27. August im Büro der Anklagebehörde des Staatssicherheitsdienstes gesehen hatten, scheint sie sehr schwach zu sein. Im Gegensatz zu anderen Insassinnen darf sie ihre Zelle nicht verlassen.

Hossam Khalaf leidet seit seiner Inhaftierung unter Augenschmerzen. Die Gefängnisleitung hat seinen Antrag abgelehnt, sich auf eigene Kosten in einem Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses untersuchen lassen zu dürfen. Auch er wird rund um die Uhr in seiner Zelle festgehalten.

Die Rechtsbeistände und Familienangehörigen von Hossam Khalaf und Ola al-Qaradawy haben bereits sechs Anträge und Beschwerden an die Anklagebehörde des Staatssicherheitsdienstes gerichtet, in denen sie sowohl um die Beendigung der Einzelhaft als auch um die Erlaubnis gebeten haben, dass die beiden Besuch von Familienangehörigen und Rechtsbeiständen erhalten können. Obwohl die Gefängnisverordnung eigentlich vorsieht, dass während der Untersuchungshaft mindestens zwei Mal im Monat Besuch empfangen werden darf, wurden alle entsprechenden Gesuche von der Staatsanwaltschaft abgelehnt.

Laut der UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen (Mandela-Regeln) kann Einzelhaft Folter und anderen Misshandlungen gleichkommen und sollte auf keinen Fall über längere Zeiträume andauern.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Familienangehörigen und Rechtsbeistände von Ola al-Qaradawy und Hossam Khalaf glauben, dass die Einzelhaft und die Tatsache, dass sie weder Besuch noch eine angemessene medizinische Versorgung oder ausreichend Nahrung bekommen, sie anfälliger für Gesundheitsprobleme macht. Internationale Standards für die Behandlung von Gefangenen verbieten Einzelhaft über lange Zeiträume oder auf unbestimmte Zeit.

Am 30. Juni hatten Sicherheitskräfte das Sommerhaus von Ola al-Qaradawy an der Nordküste Alexandrias durchsucht, als sie dort mit ihrem Mann, der Mitglied der Al Wasat Islamic Political Party ist, im Urlaub war. Die Polizei brachte sie zunächst auf die Polizeiwache in Burj Al-Arab und überstellte sie von dort an die Anklagebehörde des Staatssicherheitsdienstes in Kairo. Die Staatsanwaltschaft befragte sie zwei Tage lang und ordnete eine 15-tägige Haft aufgrund der Vorwürfe an, dass sie zur Muslimbruderschaft gehören und diese finanziell unterstützen würden. Seitdem wurde die Haftanordnung immer wieder von der Staatsanwaltschaft erneuert. Sicherheitskräfte durchsuchten zudem ihre Wohnung in Kairo und konfiszierten Bargeld, sowie den Schmuck von Ola al-Qaradawy und dienstliche Unterlagen von Hossam Khalaf.

Am 17. August wurden die Konten von Ola al-Qaradawy und Hossam Khalaf sowie von 14 weiteren Personen eingefroren. Veranlasst wurde dies durch ein staatliches Gremium zur Überwachung der Finanzen derjenigen, die im Verdacht stehen, zur Muslimbruderschaft zu gehören. Dieses Gremium gab an, sie seien Mitglieder der Muslimbruderschaft. Am 30. August erklärte das Strafgericht von Kairo Ola al-Qaradawy und Hossam Khalaf in Übereinstimmung mit dem Gesetz über terroristische Personen (Terrorist Entities Law) Nr. 8 von 2015 zu Terroristen.

Ola Al-Qaradawy ist die Tochter von Youssef Al-Qaradawy, einem in Katar ansässigen ägyptischen Staatsbürger, der von den ägyptischen Behörden seit Juni 2017 als Terrorist angesehen wird. Hossam Khalaf ist Ingenieur und Mitglied der registrierten Partei Al Wasat Islamic political Party. Die Behörden hatten ihn bereits von 2014 bis 2016 wegen des Vorwurfs, der Muslimbruderschaft anzugehören, für zwei Jahre inhaftiert. Die Staatsanwaltschaft ordnete am 22. März 2016 seine Freilassung an. Es kam zu keiner Anklage.