Leben retten ist kein Verbrechen

Rettungsboot im Wasser + "Retten verboten"-Aufschrift

Das Rettungsboot Lisa Fittko des Iuventa-Schiffes während einer Rettungsoperation am 7. Mai 2017

"Wenn es ein Verbrechen ist, Menschenleben zu retten, dann bin ich gerne schuldig. Schuldig, solidarisch zu sein," Kapitän Dariush, einer der Iuventa10, Träger_innen des Amnesty Menschenrechtspreises 2020.

Für Ärzt_innen und Krankenpfleger_innen ist es völlig selbstverständlich, sich in ihrer täglichen Arbeit für Menschenleben einzusetzen. Aber Lebensretter_innen an den Grenzen Europas werden verfolgt, verunglimpft oder in ihrer Arbeit behindert. Die Schiffscrew der Iuventa hat im Mittelmehr mehr als 14.000 Menschen aus Seenot gerettet. Jetzt drohen zehn ihrer Mitglieder bis zu 20 Jahre Haft und hohe Geldstrafen.

Menschen dürfen nicht bestraft werden, weil sie geflüchteten Menschen in Not geholfen haben. Jedes Leben muss gerettet werden, egal wo.

Wir haben die E-Mail-Aktion an die Bundesregierung am 15.12.2020 geschlossen. Vielen Dank für deine Beteiligung! 

Leider wurde das Verfahren gegen die Iuventa noch nicht eingestellt und ihnen droht weiterhin ein Prozess in Italien. Unterschreibe daher unsere Petition an die Italienische Staatsanwaltschaft und fordere hier die Einstellung des Verfahrens

Unsere Forderung, dass EU- Recht humanitäre Hilfe für geflüchtete Menschen ausdrücklich erlaubt, wurde nur zum Teil erfüllt. Im Rahmen des EU-Migrationspaktes hat die Europäische Kommission zwar eine Interpretationshilfe zur Auslegung der sogenannten Schleuser-Richtlinie erlassen. Diese ist allerdings völlig unverbindlich und könnte folgenlos bleiben. 

Wir bleiben dran!

Hintergrundinformationen

Menschenrechtsverteidiger werden weltweit bedroht, angegriffen und kriminalisiert. In Europa gilt dies aktuell ganz besonders für diejenigen, die sich für Menschen auf der Flucht einsetzen. Sie sind nicht nur Anfeindungen ausgesetzt, sondern auch Regierungen gehen in zunehmendem Maße gegen sie vor, weil sie Menschen in Not helfen.

Zu diesen Menschenrechtlern gehören zehn Besatzungsmitglieder des Schiffs "Iuventa", die im Mittelmeer geflüchtete Menschen vor dem Ertrinken gerettet haben. Die italienische Justiz ermittelt seit Monaten gegen sie – auf Grundlage haltloser Vorwürfe. Für Amnesty International sind die Iuventa10 Vorbilder für menschenrechtliches Engagement, das unterstützt und geschützt werden muss und nicht kriminalisiert. Daher erhielten sie den Amnesty Menschenrechtspreis 2020.

Amnesty International beobachtet nicht nur auf dem Mittelmeer, dass gegen Menschenrechtler in ihrem Einsatz für die Rechte von Menschen auf der Flucht strafrechtlich ermittelt wird. In den USA musste sich Scott Warren vor Gericht verantworten, weil er Menschen in der Wüste Arizonas mit Wasser und Brot versorgte. In Griechenland drohen Sarah Mardini und Seán Binder bis zu 25 Jahre Gefängnis, weil sie Menschen, die aus der Türkei geflohen waren, erste Hilfe geleistet haben. In Ungarn werden Organisationen von Regierungsmitgliedern öffentlich diffamiert und kriminalisiert, weil sie sich für die Rechte von geflüchteten Menschen einsetzen. Und die EU leistet dieser Kriminalisierung Vorschub: 2002 erließ sie eine Richtlinie, die vor allem genutzt werden sollte, um gegen Schlepper vorzugehen. Diese wird inzwischen von mehreren europäischen Regierungen dazu missbraucht, Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten juristisch zu drangsalieren und einzuschüchtern. 

Amnesty fordert die EU-Kommission dazu auf, diese Richtlinie zu korrigieren. "Die Richtlinie erlaubt derzeit Staaten und Behörden, Lebensretterinnen und Lebensretter zu kriminalisieren. Sie muss zukünftig humanitäre Hilfeleistung eindeutig anerkennen und schützen. Menschenrechtsverteidiger genießen laut einer entsprechenden UN-Erklärung und EU-Guidelines internationalen Schutz", sagt Beeko. "Wer Menschen aus Seenot rettet, wer Hungernden Essen gibt, wer Menschen vor dem Tod bewahrt, darf dafür nicht verfolgt werden."