Freiheit für Nasrin Sotoudeh!

Eine Frau mit Brille einem Schal um den Kopf vor einem grauen und grünen Hintergrund. In schwarzer Schrift steht auf gelben Balken "Freiheit für Nasrin!". Auf einem gelben Kreis ist in schwarzer Schrift "60 Jahre Amnesty International" zu lesen und die Amnesty-Kerze.

Die Anwältin setzt sich für Menschenrechte ein und wird dafür gefangen gehalten.

Die iranische Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh wurde in zwei ungerechten Gerichtsverfahren zu insgesamt 38 Jahren Gefängnis – von denen sie 17 Jahre verbüßen muss – und 148 Peitschenhieben verurteilt.

Die gegen sie erhobenen Anklagen basieren lediglich auf ihrer friedlichen Menschenrechtsarbeit wie zum Beispiel ihrem Engagement für Frauenrechte und ihrer Kritik an der Todesstrafe. Als Anwältin im Iran setzt sich Nasrin Sotoudeh zum Beispiel für Frauen ein, die friedlich gegen die vom iranischen Staat vorgeschriebene Verschleierung protestieren. Die gegen sie erhobenen Vorwürfe stehen zum Teil in Verbindung mit diesem Engagement.

Im Juni 2018 wurde die Anwältin im Iran festgenommen und sitzt seitdem - mit kurzen Unterbrechungen - im Gefängnis. Sowohl Ende 2020 als auch Anfang dieses Jahres wurde sie aus medizinischen Gründen für wenige Tage aus der Haft entlassen. Nasrin Sotoudeh war mehrmals aus Protest gegen die Haftbedingungen in einen Hungerstreik getreten, wodurch sich ihr Gesundheitszustand dramatisch verschlechtert hatte. Zudem hatte sie sich nach Angaben ihres Ehemannes mit dem Corona-Virus infiziert - vermutlich im Gefängnis. Nasrin Sotoudeh erhielt 2020 den Alternativen Nobelpreis.

Fordere die umgehende und bedingungslose Freilassung von Nasrin Sotoudeh und beteilige dich an unserer Online-Aktion an die iranische Botschaft. Das Urteil gegen sie muss aufgehoben werden, da sie sich nur wegen ihrer friedlichen Menschenrechtsarbeit in Haft befindet!

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Hintergrundinformationen

Nasrin Sotoudeh war am 13. Juni 2018 in ihrer Wohnung in Teheran willkürlich festgenommen und ins Evin-Gefängnis gebracht worden, wo sie seitdem im Frauentrakt festgehalten wird. Ihr Prozess fand am 30. Dezember 2018 vor der Abteilung 28 des Teheraner Revolutionsgerichtes in ihrer Abwesenheit statt, da sie sich weigerte, an dem unfairen Gerichtsverfahren teilzunehmen. Der Zugang zu ihrem Rechtsbeistand war ihr verweigert worden. In der Anklageschrift werden sieben Anklagepunkte aufgeführt. Vier davon beziehen sich auf ihren Widerstand gegen das iranische Verschleierungsgesetz: "Anstiftung zu Verdorbenheit und Prostitution", "öffentliche Begehung einer sündigen Handlung durch Nicht-Tragen des Hidschab", "Störung der öffentlichen Ordnung" und "Beeinflussung der öffentlichen Meinung". Die drei weiteren Anklagen gegen sie lauten auf "Gründung einer Gruppe zur Gefährdung der nationalen Sicherheit", "Verbreitung von Propaganda gegen das System" und "Versammlung und Verschwörung gegen die nationale Sicherheit". Sie basieren ebenfalls auf friedlichen Aktivitäten, die von den Behörden als "kriminell" eingestuft werden, so zum Beispiel die Mitgliedschaft in Menschenrechtsgruppen wie dem Zentrum zur Verteidigung der Menschenrechte und der Gruppe Step by Step Abolition of the Death Penalty, die sich für die Abschaffung der Todesstrafe im Iran einsetzt.

Am 9. Februar 2019 erfuhr Nasrin Sotoudeh von der Vollstreckungsbehörde des Teheraner Evin-Gefängnisses, dass in diesem Gerichtsverfahren ein Urteil gegen sie ergangen war. Ihr wurde die Urteilsschrift vorgelegt, in der es hieß, dass sie in sieben Anklagepunkten schuldig gesprochen worden war. Das Urteil lautet auf insgesamt 33 Jahre Haft und 148 Peitschenhiebe. 

Im September 2016 war sie in einem separaten Fall bereits zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, womit ihre Gefängnisstrafe nun insgesamt 38 Jahre beträgt. Davon muss sie nach iranischem Recht mindestens 17 Jahre verbüßen.

Auch 2016 fand das Gerichtsverfahren in ihrer Abwesenheit vor der Abteilung 28 des Teheraner Revolutionsgerichtes statt. Der Grund für ihre Abwesenheit war, dass man ihr am Tag der Verhandlung mit der Begründung, sie sei nicht angemessen islamisch gekleidet, den Einlass in den Gerichtssaal verwehrte. Die Anklagen gegen sie lauteten damals auf "Verbreitung von Propaganda gegen das System" und "Versammlung und Verschwörung gegen die nationale Sicherheit".

Am Tag des Gerichtsverfahrens wurde sie jedoch plötzlich eines ganz anderen Anklagepunkts für schuldig befunden, nämlich "Beihilfe beim Verstecken von Spionen in der Absicht, die nationale Sicherheit zu gefährden". Als Grundlage führte der Richter etwa ihre Treffen mit ausländischen Diplomat_innen unter dem "Vorwand" der Menschenrechte an. Diese Vorgehensweise verstößt gegen das Verfahrensrecht. In diesem Fall läuft derzeit ein Rechtsmittelverfahren.

Im August 2020 war Nasrin Sotoudeh aus Protest gegen den Missbrauch des Strafjustizsystems durch die iranischen Behörden, darunter die Weigerung, politische Gefangene freizulassen, in den Hungerstreik getreten. Am 19. September 2020 wurde Nasrin Sotoudeh, deren Gesundheitszustand sich während ihres Hungerstreiks verschlechtert hatte, aus dem Gefängnis in ein Krankenhaus verlegt.

Die Gesundheit der inhaftierten Menschenrechtsanwältin ist in Gefahr, nachdem die iranischen Behörden sie aus dem Krankenhaus zurück ins Gefängnis gebracht haben - obwohl ein_e Ärzt_in die Notwendigkeit eines medizinischen Eingriffs an ihrem Herz betont hat.

Ende März 2020 teilte ihr ein_e Gefängnisbeamt_in mündlich mit, dass sie für die Strafe von 2016 begnadigt wurde. Sie hat jedoch kein formales Schreiben dazu erhalten. Falls diese Begnadigung Anwendung findet, muss Nasrin Sotoudeh zwölf Jahre Haft verbüßen. Die Menschenrechtlerin und ihre Familie sind immer wieder Vergeltungsmaßnahmen und Schikanen ausgesetzt, darunter die Festnahme ihrer Tochter Mehraveh Khandan am 17. August 2020 und die Sperrung ihrer Bankkonten.

Nach einem zweiwöchigen Hafturlaub im März 2021, ist Nasrin Sotoudeh jetzt wieder in Haft. Ihr Ehemann Reza Khandan beschreibt die Haftbedingungen im Gharchak-Gefängnis, in das sie im Oktober 2020 verlegt wurde, als katastrophal. Das Gefängnis sei überfüllt, das Dach sei undicht, das Wasser aus den Leitungen salzig, ein fauliger Geruch aus den Abwasserleitungen verbreite sich überall, die Zellen seien von Ungeziefer befallen, das Essen sei minderwertig.

Nasrin Sotoudeh ist eine gewaltlose politische Gefangene, die umgehend und bedingungslos freigelassen werden muss.