Seenotrettung ermöglichen und sichere Zugangswege aus Libyen nach Europa schaffen!

Vor dem Brandenburger Tor stehen zwei Männer und fünf Frauen. Zwei Frauen im Vordergrund halten jeweils ein Plakat. Auf dem linken steht: "Menschenrechte kennen keine Grenzen" und auf dem rechten steht: "Seenotrettung jetzt!"

Amnesty-Aktion: Sichere Zugangswege nach Europa

Fast zwei Wochen mussten 356 aus Seenot gerettete Männer, Frauen und Kinder auf dem Schiff "Ocean Viking" ausharren, bevor sie Ende August an Land gehen konnten. Jetzt endlich zeichnet sich ein Ende solcher Irrfahrten auf dem Mittelmeer ab.  

Deutschland, Frankreich, Italien und Malta haben sich am 23.9. darauf geeinigt, wie die aus Seenot geretteten Schutzsuchenden in Europa vorläufig aufgenommen und verteilt werden. Das ist ein wichtiges Signal der Solidarität mit Menschen, die Folter und Misshandlung in Libyen entkommen sind. Die Innenminister aller europäischen Mitgliedsstaaten werden am 8. Oktober darüber entscheiden, wie es damit weitergeht. Wir fordern, dass sich möglichst viele EU-Mitgliedstaaten an einer stabilen und unkomplizierten Lösung beteiligen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen im Mittelmeer auf der Flucht ertrinken. Aber wir dürfen auch nicht zulassen, dass sie  nach Libyen zurückgebracht werden. Dort werden Migrant_innen und Flüchtlinge willkürlich gefangen genommen und ihnen drohen Folter und schlimmste Misshandlungen. Deutschland muss deutlich machen, dass Libyen kein sicherer Ort für Flüchtlinge und Migrant_innen ist.

Die Europäische Union arbeitet seit Jahren eng mit Libyen zusammen, um zu verhindern, dass Migrant_innen und Flüchtlinge auf der zentralen Mittelmeerroute Europa erreichen. Deutschland hat gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedstaaten die libysche Küstenwache ausgerüstet und trainiert. Diese fängt die Menschen auf See ab und bringt sie nach Libyen zurück, wo sie Folter, Versklavung und Gewalt ausgesetzt sind. Damit machen sich die EU-Staaten wissentlich zu Komplizen eines für schwerste Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen Systems.

Die EU-Staaten nehmen ihre Pflicht, Menschen aus Seenot zu retten, nicht wahr. Umso wichtiger ist seit 2015 die Arbeit der Seenotrettungs-NGOs. Diese werden aber zunehmend kriminalisiert. Viele ihrer Boote wurden beschlagnahmt und die Crewmitglieder strafrechtlich verfolgt. Die wenigen Schiffe, die ihnen noch verblieben sind, fanden oft wochenlang keinen sicheren Zufluchtsort für die Geretteten, da die EU-Mitgliedstaaten – insbesondere Italien – ihre Häfen geschlossen hatten.

Gemeinsam mit anderen EU-Staaten muss sich Deutschland dafür einsetzen, dass auf dem Mittelmeer Menschen aus Seenot gerettet werden und an einem sicheren Ort in der EU an Land gehen dürfen. Viele deutsche Kommunen haben sich bereit erklärt, diese Menschen aufzunehmen.

Legale und sichere Zugangswege für Flüchtlinge aus Libyen würden ihnen die gefährliche Flucht übers Mittelmeer gänzlich ersparen.

Mach mit bei unserer E-Mail-Aktion an die Bundeskanzlerin Angela Merkel. Schreibe jetzt eine E-Mail, damit Flüchtlinge und Migrant_innen in Libyen aus unmenschlicher Haft entlassen und die aus Seenot Geretteten an einem sicheren Ort in der EU an Land gehen dürfen.

Hintergrundinformationen

Seit dem Ausbruch der Kämpfe in Libyen am 4. April 2019 hat sich die Situation für Flüchtlinge und Migrant_innen weiter verschlimmert. Die in Haftzentren unter katastrophalen Bedingungen festgehaltenen Menschen geraten zwischen die Fronten oder werden wegen der Kämpfe tagelang nicht mit Essen versorgt. Nach UNHCR-Schätzungen sind derzeit noch immer etwa 4.000 Migrant_innen und Flüchtlinge in den offiziellen libyschen Haftzentren untergebracht. Die Anzahl der inoffiziellen, von Milizen betriebenen Haftzentren und die Anzahl der dort festgehaltenen Menschen ist unbekannt. Allein 2018 brachte die libysche Küstenwache über 15.000 Menschen in libysche Haftzentren zurück. Seit November 2017 wurden gerade einmal 5.000 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus Libyen durch den UNHCR evakuiert, ein Großteil davon zunächst nur in den Niger. Hier hoffen sie darauf, dass ein anderer Staat sie aufnimmt. Deutschland hat von dort bislang nur 300 Flüchtlinge aufgenommen und die Aufnahme weiterer 300 Menschen zugesagt.